Christliche Feste heidnischen Ursprungs

Noch bis ins 5. Jhd. huldigten die Römer der Muttergöttin Kybele und deren Sohn Attis. Viele Aspekte dieses und anderer heidnischer Kulte, insbesondere des Mithraskults, scheint die Christenheit später in ihre religiösen Zeremonien integriert zu haben.

Den alten Kult von Kybele und Attis, gab es überall im Römischen Reich. Zuerst wurde die Magna Mater (Große Mutter) in Kleinasien, später auch in Griechenland und Rom verehrt. Es ging in diesem Kult um einen Dualismus, das Zusammenwirken der Geschlechter, mit dem Ziel Neues in die Welt zu gebären. Nach alter Vorstellung wurde die Welt aus dem finsteren, wüsten Chaos des Universums geboren, als sich der männliche Himmel und die weibliche Erde vereinten. Man glaubte diese Geburt jedes Jahr erneut im Frühlingserwachen zu erkennen, wo quasi aus der Dunkelheit des Winters, Pflanzen und Tierwelt, ins neue Licht treten, zu neuem Leben erwachen. Viele Symbole dieses Frühlingserwachens, finden sich im kleinasiatischen Mythos von Kybele und Attis, wie auch im Kult um den iranischen Sonnengott Mithras. Bis in die Spätantike waren diese Mysterienkulte im ganzen römischen Reich verbreitet.

Der Mythos von Attis und Kybele

Nach dem von Pausanias überlieferten Mythos schlief Zeus einmal auf dem Agdos (Berg in Kleinasien) ein. Wild träumend ergoß sich sein Samen auf die Erde. Sofort wuchs an dieser Stelle, aus einem Felsen, ein zwitterhaftes Wesen hervor: Agdistis. Es war eine wahre Schreckgestalt, vor der sich die anderen Götter fürchteten. Aus Angst verbündeten sie sich gegen Agdistis. In einem listigen Akt kastrierten sie ihn. So entmannt, verwandelte sich Agdistis zur Großen Muttergöttin Kybele. Die abgetrennten Genitalien aber verwandelten sich in den Jungen Attis – gleichzeitig Sohn und Gemahl der Kybele. Sich gegenseitig immer noch anziehend, zogen sie als glücklich verliebtes Geschwisterpaar durch Kleinasien. Doch da begegneten sie der schönen Prinzessin von Pessinus, in die sich Attis sofort verliebte. Doch die vor Eifersucht rasende Kybele schlug Attis, die Prinzessin und den gesamten Hofstaat von Pessinus mit Wahnsinn. Vollkommen irre, rannte Attis hinaus in den Wald und entmannte sich unter einer Pinie. An dieser Verletzung verblutete er. Nun sah Kybele das Ergebnis ihres Zornes. Sie bedauerte was sie mit ihrem Sohngemahl angerichtet hatte. Reumütig bat sie Zeus, ihren geliebten Attis wieder zum Leben zu erwecken. Zwar gewährte der Göttervater und gab dem Attis sogar ewiges Leben, doch er sollte von nun an für immer schlafen. Alles was sich an ihm bewegte war der kleine Finger seiner Hand.

Kybele trug den schlafenden Attis zu einer Höhle, nahe der Stadt Pessinus, wo sie später, ihm zu Ehren, ein Tempel errichteten. Von da an feierte man dort jedes Jahr ein großes Fest, wo der ewig Schlafende beweint wurde. An diesem Ort soll sich auch ein schwarzer Meteorit befunden haben.

Die Figur des schlafenden Attis in der Höhle, ist natürlich ein Symbol für die Seele, die unbewusst in der Höhle des menschlichen Körpers schlummert.

Blutorgie

Um Frühlingsanfang feierte man im römischen Kleinasien die Einweihungsmysterien der Göttin Kybele. In Aufsehen erregenden Umzügen, tanzten weiß bemalte Kybele-Priester, mit nach Rosen duftenden Haaren, durch die Stadt. Die Straßen waren gesäumt von der jubelnden Menge. In gewisser Hinsicht ähneln solche Ereignisse dem griechischen Mysterienkult von Eleusis. Vom Volk sammelte die Priesterschaft Almosen zur Vergebung für das Blutvergießen des Attis.

Die Kybele-Riten waren ein Blutkult: man sah, wie sich die tanzenden Priester Becher reichten und daraus einen dicken, roten Saft tranken: wohl das Blut eines geopferten Lammes. Erinnert das nicht an den viel jüngeren Kult der christlichen Eucharistie?

Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.

– Matthäus 26:28

Auch die Thematik der Wiederauferstehung, klingt an im alten Kult um Kybele und Attis. Der alte Körper stirbt, befreit sich dabei von den Sünden, wieso Blut zu seiner Vergebung vergossen wird. Die wahre Bedeutung dieser symbolischen Handlungen, blieb der tosenden Menge jedoch unbekannt. Sie fühlten sich einfach nur hingerissen, von der Magie dieses orgiastischen Treibens.

Die Mysterien der Muttergöttin Kybele waren im Orient nur eins, einer Vielzahl ähnlicher religiöser Riten. Im alten römischen Reich verbreiteten und vermischten sich verschiedene Mysterien-Ideale.

ewigeweisheit.de

Die Göttin Kybele

Eine kulturelle Zeitenwende

In den alten Gesellschaften Griechenlands und Roms galt, sich als Individuum der Gemeinschaft unterzuordnen. Die Bürger, als Teil des Staats, bildeten das Fundament für Gemeinwohl und Sicherheit. Man erhoffte sich damit aber nicht alleine weltliche Sicherheit, sondern glaubte, dass sie auch in der kommenden Welt, sozusagen »nach der Auferstehung« fortbestehe.

So schenkten die Bürger einer Stadt ihre Hingabe dem öffentlichen Zusammenleben. Schon als Kinder lernten sie die Uneigennützigkeit als höchstes Ideal kennen. Selbst wenn sie benachteiligt aufwuchsen, oder es die göttliche Vorsehung nicht so gut mit ihnen meinte, widmeten sie sich trotzdem dem öffentlichen Dienst an ihrer Mitbürgern. Das Interesse des Gemeinwohls, zog man den eigenen Wünschen vor. Eine recht ungewöhnliche Sicht auf das Leben, verglichen mit unserer heutigen Welt.

Doch als sich die alt-orientalischen Religionen in Europa verbreiteten, veränderte sich diese Haltung. Wir verstehen heute unter »orientalisch« vornehmlich islamische Länder. Doch der Islam ist ja eine recht junge Religion, die sich erst im 7. Jhd. n. Chr. verbreitete, im Gebiet des alten römischen Reichs und weit darüber hinaus. Was damals aber geschah war vielmehr die Ausbreitung einer bisher nicht dagewesenen Vorstellung darüber, was die Seele des Menschen eigentlich ist. Man sah in der Seele des Einzelnen ein direktes Bindeglied zu Gott. Durch dieses, dem Westen wohl noch vollkommen neuen, religiösen Ideal, sah man, dass Erlösung für das Individuum möglich war – auch unabhängig vom Gemeinwohl. Der Überbau einer staatlichen Gemeinschaft war für die Erlangung ewigen Heils also garnicht notwendig. Dem Staat durch das eigene Dasein zum Wohlstand zu verhelfen, wurde damit natürlich immer uninteressanter. Es ließ sich somit nicht mehr vermeiden, dass sich »Gläubige«, immer mehr aus dem Dienst an der Gemeinschaft zurückzogen, denn sie waren nun auf ihre eigene emotionale und spirituelle Erfüllung aus.

In dieser Zeit begannen die Menschen verachtend auf das gegenwärtige Leben herab zu schauen. Die gegenwärtige Inkarnation war mehr eine Vorstufe in ein besseres, ewiges Leben. Höchstes Ideal des Menschseins war nun nicht mehr das Gemeinwohl, sondern das himmlische Fortbestehen der eigenen Seele. Irdische Helden vergaß man, einstige Patrioten, die für ihr Land starben, galten nicht mehr viel. Alles was mit dem irdischen Dasein und dem Leben in den Städten zu tun hatte, verachtete man zunehmend. Das Reich der Gottheit siedelte man nicht mehr auf Erden an, sondern sah das Paradies im Himmel. So verlagerte sich die Bedeutung eines gegenwärtigen, irdischen Lebens, hin zu einem zukünftigen himmlischen Leben in Gott.

Abwendung vom Weltlichen

Mit dieser Entwicklung setzte eine Auflösung des alten politischen System ein. Die Beziehungen zwischen Staat und Familie lockerten sich, die Bande zwischen Gemeinwesen und Individuum lösten sich immer mehr. Nur wohin sollte das führen? War mit dem Zerfall dieser uralten Gesellschaftsstruktur, nicht ein Rückfall in die Barbarei gegeben? Nur wenn die Menschen einer Gesellschaft bereit dazu sind zusammenzuarbeiten und sich den Interessen des Gemeinwohls unterzuordnen, kann ein sicheres Zusammenleben überhaupt funktionieren. Mehr und mehr aber identifizierte man das Irdische, die materielle Welt, mit dem Prinzip des Bösen. Man begann nun also nach dem eigenen seelischen Wohlergehen zu streben, wandte der irdischen Welt folglich den Rücken.

Tausend Jahre lang, bis ins Mittelalter, lebten immer mehr Menschen in dieser, fast schon wahnhaften Abkehr von allem Weltlichen. Erst mit der Renaissance (europäische, Kulturepoche des 15. und 16. Jhd.) wurden in Europa, neue gesellschaftliche Fundamente geschaffen, die auf aristotelischer Philosophie und römischem Recht basierten. So versuchte die westliche Weltgesellschaft zurückzukehren zu ihrem alten gesellschaftlichen Erbe. Nur waren die Grundlagen dieser alten Weltanschauung, nicht wie einst weiblich geprägt. Jetzt nahm den Platz der antiken Muttergöttin der Erde, ein väterlicher Himmelsgott ein.

Verehrung des Gottes Mithras

Der Himmelsgott der nach der Zeitenwende an Bedeutung gewann, war der himmlische Sonnengott Mithras. Auf dem Gebiet des alten römischen Reichs, finden sich unzählige Denkmäler, die auf diesen alten Mysterienkult hinweisen. Den ursprünglich iranischen Gott Mithras, verehrte man als personifizierte Sonne. Viele Elemente die sich in den alten Mutterkulten finden, wie auch solche aus der viel jüngeren Christenheit, ähneln dem Mithraskult in Ritus und Bildnis. Die Priester der noch jungen Christenheit sahen in den Mithras-Bildnissen und -Kultstätten vielleicht eine Gefahr, zumindest aber eine gefährliche Konkurrenz. Für sie waren sie schlicht ein Werk des Teufels, die die Seelen der Christen-Gläubigen gefährde und vom wahren Glauben abbringe. Was konnte man gegen Mithras, den Nebenbuhler Christi, unternehmen?

Zweifellos war der Mithras-Kult für die junge Christenheit ein schwieriger Rivale. Manche Historiker der Vergangenheit, so etwa der Franzose Ernest Renans (1823-1892) vertraten die Meinung, dass die westliche Welt bis heute vielleicht den Mithraismus als Staatsreligion angenommen hätte, wäre nicht das Christentum aufgrund zufälliger Ereignisse in seiner Ausbreitung gehemmt worden. Beide »Kulte«, Mithraismus und Christentum, ähnelten sich in vieler Hinsicht. Wie die Christen, strebten die Anhänger des Mithras nach moralischer Reinheit und hofften auf Unsterblichkeit. Wahrscheinlich übernahm die christliche Kirche, auch das Datum des Weihnachtsfest, aus dem alten römischen Mithras-Kult. Aus den Evangelien erfahren wir nichts über den Geburtstag Jesu und so feierten die ersten christlichen Sekten, bis ins 4. Jhd., die Geburt ihres Heilands an verschiedenen Tagen.

Der 25. Dezember, der erste Tag nach der Wintersonnenwende, wurde ab einem bestimmten Datum als Geburtstag Jesu festgelegt. Ab diesem Tag nahm die Kraft der Sonne wieder zu, die Tage wurden wieder länger, das Tageslicht wurde in dieser Phase des Jahreslaufs geboren.

Ursprung des Weihnachtsdatums

In Syrien und Ägypten war Weihnachten ein ekstatisches Fest. Nachdem sich die Priester für einige Zeit in die Stille eines Schreins zurückgezogen hatten, kamen sie an Mitternacht zum 25. Dezember laut rufend heraus auf die Straßen:

Die Jungfrau hat den Heiland geboren! Das Licht nimmt zu!

Dabei trugen sie den Gläubigen das Bildnis eines Kindes entgegen, als Sinnbild des neugeborenen Sonnengottes. Das Bild, der am 25. Dezember gebärenden himmlischen Jungfrau, stammt ohne Zweifel aus dem Orient. Seine römischen Verehrer nannten den Mithras »die unbesiegte Sonne« – unbesiegt, da er mit seiner jährlichen Geburt am 25. Dezember, die Finsternis des Winters überwand.

Zu etwa selber Zeit etablierte sich, bei den ägyptischen Christen (Koptische Kirche), der 6. Januar als Christi Geburtstag. Dieses Datum galt bald für alle Ostkirchen (z. B. Griechisch-Orthodox, Russisch-Orthodox). Bis heute markiert es den Weihnachtstag. Diese Datumsfestlegung haben die Westkirchen jedoch nie übernommen. Für sie blieb der wahre Geburtstag des Herrn der 25. Dezember. Dieses Datum akzeptierten später auch die orthodoxen Ostkirchen. Heute feiert auch die griechisch-orthodoxe Kirche am 25. Dezember das Weihnachtsfest. Diese Vereinbarung wurde im Jahr 375 n. Chr. in Antiochien (antike Stadt, heute türk. Antakya) festgelegt. Ausnahme bildet das griechisch-orthodoxe Kloster St. Kathrin im Sinai (Ägypten), dass Weihnachten auch heute noch am 6. Januar feiert.

Wieso aber kam es zu dieser Datumsänderung? Nun, die damaligen Christen nahmen noch teil an den Feierlichkeiten der »Heiden«, die am 25. Dezember die Wiedergeburt der »Sonne der Gerechtigkeit« feierten. Man entzündete zu diesem Anlass Lichter, was wir ja auch heute noch in unseren Breiten vollziehen: brennende Kerzen werden an den Zweigen des Weihnachtsbaumes entzündet.

So legten die Kleriker der Westkirche später fest, dass also die Geburt Christi am 25. Dezember, Heilige Drei Könige dann am 6. Januar stattfinden sollten. Daher kommt der Brauch, dass die Weihnachtslichter (Kerzen, Öllampen) bis zum 6. Januar brennen. Hat die junge Christenheit die heidnischen Festlichkeiten aber vielleicht einfach in ihren Glauben übernommen? Wenn dem so ist, besteht kaum Zweifel, dass auch das Osterfest, an dem die Erlösung und der Tod Christi gefeiert wird, sowie seine Auferstehung, ebenso aus einer anderen asiatischen Religion assimiliert wurde. Wenn wir uns verschiedene mediterrane Osterriten ansehen, ist die Ähnlichkeit zu den Riten des Adonis recht auffällig. Sie waren insbesondere wichtig für die damalige, griechisch sprechende Bevölkerung Süditaliens (Sizilien) und Griechenlands. Der Name Adonis ist außerdem ein Lehnwort aus der semitischen Sprache, dass dem hebräischen Adonai – dem Namen, der in der Bibel zur Bezeichnung des Herrn JHVH (Jahve) verwendet wird. Auch Adonis war, wie andere Götter (unter ihnen der ägyptische Osiris oder der kleinasiatische Attis), ein Gott der Wiederauferstehung und der Vegetation. So scheint es sehr wahrscheinlich, dass die junge Christenheit den alten Glauben tatsächlich in ihren eigenen assimilierte. Schließlich galt die Legende vom sterbenden und wieder auferstehenden Gott als heilig. Und das war etwas, dass eben in jener Region entstand, wo sich später das Christentum verbreitete. Was Adonai in Palästina, Osiris in Ägypten, Attis im alten Kleinasien oder Adonis im alten Griechenland war, sollte Anfang des ersten Jahrtausends der Christus ersetzen. Schließlich verbot man im Jahr 391 die alten Kulte (unter Kaiser Theodosius I.), deren Ausübung von da an mit dem Tode bestraft wurde. Nun war das Christentum römische Staatsreligion.

Ostern und andere christliche Feste

Bevor man den alten Kult verbot, wurden im alten römischen Reich, offiziell Attis und die Große Muttergöttin Kybele verehrt. Attis’ Tod und Wiederauferstehung wurden zwischen dem 24. und 25. März gefeiert – also in etwa um die Frühlings-Tagundnachtgleiche. Kein anderes Datum wäre für die Auferstehung eines Fruchtbarkeitsgottes passender gewesen, denn es markiert den Frühlingsanfang, wo die Natur quasi wiederaufersteht.

Bevor man in der Westkirche das Osterdatum anhand des ersten Vollmonds nach der Frühlings-Tagundnachtgleiche berechnete, wurde Christi Wiedergeburt einfach am 25. März gefeiert. Man übernahm dieses Datum aus den Festlichkeiten zu Ehren des Attis (bzw. Adonis). Die Passion Christi wurde also mit einem viel älteren Kult »harmonisiert«. Das Datum, an dem man heute das christliche Osterfest feiert, ist also bereits sehr alt.

Interessant in diesem Zusammenhang, ist die Ansicht eines alten französischen Kirchenhistorikers: für Louis Duchesne (1843-1922) war der Todestag des »Sohn Gottes«, selben Datums wie der Tag an dem »Gott der Vater« die Welt erschuf! Im alten Rom vereinigten sich dieser »Sohn« und »Vater« in der Gottesgestalt des Attis. Seine Auferstehung feierten die Römer eben an diesem Tag – dem 25. März.

Auch andere Daten heidnischer Feste, ersetzte die Kirche durch christliche Feste:

  • Der Geburtstag des Heiligen St. Georg, der 23. April, trat an die Stelle des heidnischen Hirtenfestes Parilia, an dem man opferte, sich und den Hausstand zur Erneuerung reinigte.
  • Das Fest der Sommersonnenwende am 24. Juni, wurde zum Geburtstag des Propheten Johannes dem Täufer.
  • Einst feierte man die Nemoralia zu Ehren der römischen Jagdgöttin Diana (griech. Artemis) am 15. August. Die Kirche ersetzte das Fest durch Mariä Himmelfahrt.
  • Am 1. November feierte man im alten Irland das keltische Totenfest Samhain, bis es durch das katholische Allerheiligen (Haloween) ersetzt wurde.

Selbst wenn das Wesen der Kirchenfeste einzigartig bleibt, und der christliche Klerus natürlich darauf besteht, ist es sicherlich mehr als ein bemerkenswerter Zufall, dass die Daten der heidnischen Fruchtbarkeits-, Geburts- und Totenfeste, mit denen der christlichen Feste übereinstimmen. Es ist sogar sehr unwahrscheinlich, dass sich diese Übereinstimmung zufällig ergab. Es gibt neben den Zeitpunkten auch sonstige verblüffende Parallelen zwischen Heidentum und Christentum. Besonders der Kontext in dem der solare Gott Mithra von den Römern verehrt wurde, scheint einfach ins Christentum übernommen worden zu sein:

  • Bevor Mithras starb, hielt er mit zwölf Jüngern ein letztes Abendmahl. Dabei wurden Brot oder Fleisch, Wasser oder Wein gereicht.
  • Mithras wurde begraben und erstand auf von den Toten.
  • Mithras war als Sonnengott, der Sonntag geweiht, eben jener Tag an dem bis heute die Christen ihren offiziellen Gottesdienst ausüben.
  • Wichtigstes Symbol des Mithraismus war das Kreuz.
  • Der höchste Mithras-Priester trug als Amtszeichen eine phrygische Mütze – die »Mitra«, der Vorläufer der Bischofsmütze. Seinen Körper kleidete ein rotes Gewand, er trug einen besonderen Ring und den Hirtenstab.

Es dürfte nicht verwundern, wenn es in den ersten Jahrhunderten der jungen Christenheit, wohl darum zu erheblichen Konflikten gekommen war, zwischen Christen und sogenannten Heiden. Für die Anhänger der Mysterien um Attis und Kybele war ganz klar, dass die Kirchenfeste reine Imitationen ihres eigenen Kults waren. Für sie war die Auferstehung Christi eine fadenscheinige Imitation der Auferstehung des Attis. Seitens des christlichen Klerus aber, war, wie könnte es anders sein, Attis nur eine diabolische Nachahmung Christi. Die Heiden wussten natürlich, dass Attis keine Kopie Christi sein konnte, da ihr Kult ja viel älter war als das damals noch blutjunge Christentum. Doch der Klerus wies diese Beschuldigung von sich. Satan versuchte durch Attis die natürliche Ordnung des Reiches Gottes, zu seinen Gunsten umzukehren. Man sah in Christus ein hohes Wesen, dass den Scharfsinn Satans überwand und den wahren Weg zum Heil führte. Es war für die Kirche aber in Wirklichkeit ein Kompromiss. Die jungen Christen waren gezwungen die Feste ihres Heilands, zu selber Zeit wie ihre heidnischen Rivalen zu feiern. Wie sonst hätten sie es geschafft, das Wesen des alten Attis zu überwinden? Hätte man die christlichen Feste an anderen Tagen des Jahres gefeiert, denen noch dazu der solar-kosmische Aspekt fehlte (vier jährliche Sonnenstationen), hätten Mithraismus oder Attiskult, das junge Christentum womöglich verdrängt. Darum sollte der alte Heiland durch den Christus ausgetauscht werden, was auch geschah, und, wie es scheint, sich nach dem Gesetz einer höheren Ordnung auch tatsächlich ereignete. Wenn christliche Urmissionare außerdem mit ihrem neuen Glauben die Welt erobern wollten, mussten sie die unbiegsamen Bedingungen ihres Gründers Jesus Christus etwas lockern. Eine Öffnung gegenüber dem sogenannten Heidentum, erfolgte also durch die Übernahme der Festdaten, der viel älteren Kulte von Attis oder Mithras.

Der schmale Weg, der zum Leben führt

– Matthäus 7:14

Es scheint also, als hätten die damaligen Anhänger des jungen Christentums, diesen Weg von dem Jesus im Matthäus-Evangelium spricht, für sich etwas breiter gemacht, indem sie die heidnischen Feste in ihren christlichen Glauben einfach übernahmen.

Neue Religionen ersetzen alte Kulte

Doch diese Entwicklung gab es nicht allein im Westen. Auch in Fernost ereignete sich, wenn auch einige Jahrhunderte früher und vor einem anderen Hintergrund, eine Anpassung alter Riten an die Gegebenheiten eines neuen Zeitalters. In mancher Hinsicht ähnelt die Geschichte des Buddhismus der des Christentums. Beide »Religionen« basieren scheinbar auf der ethischen Reform eines viel älteren Glaubens. Vorläufer des tibetischen Buddhismus war der Bön. Im Hinduismus Indiens galt Buddha als neunte Inkarnation Vishnus. Im Westen bezeichnete sich schließlich Jesus Christus als »König der Juden«.

Die Gründer dieser neuen spirituellen Traditionen, Buddha bzw. Christus, betonten in ihren Lehren gleichermaßen Mitgefühl, Gewaltlosigkeit und Nächstenliebe. Sie sollten die Menschheit, jeder auf seine Weise, aus ihrer schwachen, irrenden Wesensnatur herausführen und den Einzelnen zu moralischer Tugend erziehen. Beiden ging es um das ewige Heil des Einzelnen, die Läuterung der individuellen Seele und die Befreiung aus körperlichen Begierden. Nur war, und ist, der Weg zu diesem hohen Ziel, für die meisten Menschen einfach zu eng und die Gefahr von diesem Weg abzukommen leider groß. Nur wenigen gelingt es ihn zu beschreiten – wie es scheint nur jenen, die in der Abgeschiedenheit der Klöster leben. Mönchtum, Askese und Eremitentum, sind ein typisch buddhistisches und christliches Phänomen.

Damit diese Glaubensrichtungen, einheitlich von einer ganzen Nation akzeptiert werden, müsste im Buddhismus und im Christentum, eine dahingehende Änderung vollzogen werden, als dass sie gewissermaßen mit den Vorurteilen, dem Zorn und dem Aberglauben des verantwortungslosen Pöbels, in Übereinstimmung gebracht würden. Bis heute übernehmen diese Aufgabe weniger »feinstofflich empfindenden« Individuen. In Buddhismus sind das die Lamas, im Christentum die Bischöfe. Sie sind Mittler zwischen den hohen Weisen, die als Eremiten in der Abgeschiedenheit leben, und der »Herde der Gläubigen«. Im Laufe der Zeit jedoch, absorbierten diese beiden Religionen immer mehr pagane Elemente. Sie wurden im Sinne der neuen Religion institutionalisiert, um den älteren, heidnischen Glauben auch wirklich auszumerzen.

Wir sollten nicht vergessen, dass in Buddhismus und Christentum, Armut und Zölibat immer angepriesen wurden. Doch damit sind sie keine Religionen für alle Menschen, sondern eigentlich nur für jene, die sich in ihrer individuellen Seelenexistenz, direkt angesprochen fühlen. Der größte Teil der Menschheit folgt dieser Weisheit (oder Torheit?) aber nicht. Selten maß man der Errettung der eigenen Seele all zu viel Bedeutung zu, da man sie nicht als eigenständiges Wesen sah, dass den Körper als Erfahrungsvehikel benötigt. Außerdem führte eine solche Errettung der Seele, wie sie in Christentum und Buddhismus angepriesen werden, ja eigentlich zur Auslöschung der menschlichen Spezies.

Christentum, wie auch Buddhismus, streben die »bescheidene Entsagung« an, die die Seele aus den Qualen irdischen Lebens für immer befreien soll. Doch diese Auffassung können nur jene teilen, die sich nicht mehr mit ihrem Körper identifizieren wollen, sondern die Befreiung aus der materiellen Welt anstreben.

 

 

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