Indianische Kunst - ewigeweisheit.de

Weisheit der amerikanischen Ureinwohner

In den Erzählungen der Indianer Nordamerikas liegt tiefe Weisheit. Ihr Wissen über das menschliche Leben auf dieser Erde, ist klar, einleuchtend und für jeden zu verstehen. Sie verwenden eine Sprache, die der Zuhörer nicht nur intellektuell begreift: ihre Redeweise wird gleichermaßen auf der Ebene des Herzens erfasst.

Für die Ureinwohner Nordamerikas ist die Erde ein lebendiges Wesen. Tiere, Pflanzen und Berge existierten dort, bevor der Mensch auf die Erde kam. Es scheint also, wir seien Gäste auf diesem Planeten – die aber immer mehr vergessen, wie kostbar die Natur für uns ist und das Leben, das jedes Jahr aufs Neue aus Mutter Erde hervorkommt. Die Natur gibt uns Atemluft, gibt uns Trinkwasser, Nahrung und Heilpflanzen.

Im Kern Ihrer Aussagen, ähneln die Weisheiten der Indianer, durchaus westlichen esoterischen Lehren. Hierzu habe ich für Sie Interviews übersetzt, die 2010 mit vier angesehenen Menschen der Mescalero Apachen, Crow und Hidatsa, Shoshone und der Salish, von Charles Eastman geführt wurden.

Zwar beziehen sich die Aussagen dieser indianischen Oberhäupter und Medizinmänner, in erster Linie auf das Leben der Indianer und die Probleme, denen ihre jüngeren Mitglieder ausgesetzt sind – doch eigentlich, treffen ihre Aussagen auch auf unser Leben zu. Schließlich leben wir doch alle gemeinsam auf diesem einen Planeten Erde.

Inés Talamantez: Lehrerin des Stammes der Mescalero Apachen

Über das Gebet

Der Geist ist wichtigster Teil des menschlichen Lebens. Niemand kann den Geist eines Menschen töten. Der Geist ist im Innern. Alles was zu tun ist, ist sich mit dem Geist zu verbinden – ihn zu ersinnen. Man muss sich garnicht in eine Kirche begeben um zu beten. Man kann überall beten, egal wo man sich gerade befindet. Der Schöpfer wird die Gebete erhören. Ja – es ist wirklich so einfach.

Wenn man sich alleingelassen, traurig und ängstlich fühlt, kann man einfach die Augen schließen und beten. Es müssen nicht einmal Worte sein, mit denen das Gebet durchgeführt wird, sondern es genügt nur in Gedanken zu sehen, was man braucht. Dann kann man sprechen:

Ich brauche Hilfe, oh Schöpfer. Bitte hilf mir, damit was ich tun muss. Zeige mit bitte den rechten Weg. Führe mich.

Man wird diese Führung bekommen. Wenn man wirklich ernsthaft betet, so wird man recht geleitet werden.

Die Mitglieder des Sonnenklans beten, damit am Morgen die Sonne aufgeht. Sie sehen sich in dieser Verantwortung. Sie beten, dass die Sonne aufgeht. Es ist die Kraft ihrer Gebete, ihrer gesprochenen Worte, die die Sonne hinter dem Horizont hervorbringt. Das hat nicht zu tun mit Magie. Es ist schlicht eine Form der Kommunikation des Selbst mit der Sonne. Man muss nicht unbedingt jemand sein, der speziell mit der Sonne arbeitet. Es gibt andere, die mit dem Wind, dem Meer oder einem besonderen Vogel arbeiten. Manchmal sind sie Adler, die frei fliegen wollen. Vielleicht ist es das, was jemand sein möchte. Wenn man frei sein möchte, kann ein Falke oder ein Adler als Vorbild dienen. So soll man also beten und sagen:

Wie bekomme ich diese Stärke, um frei zu sein, wie dieser Adler?

Der Vogel bewirkt gute Dinge, da er ja ein Teil der Natur ist. Und so ist es auch für einen selbst: man ist ja ebenfalls ein Teil der Natur. Wir alle sind Teil dieser Natur! Denn durch den Schöpfer kamen wir an verschiedene Orte in dieser Welt. Es macht keinen Unterschied woher man kommt, denn die gesamte Erde ist ein heiliger Ort.

Die innere Stimme

In der heutigen Welt, tun sich junge Indianer schwer mit der Frage, ob sie dem dem Weg ihrer Ahnen folgen sollen, oder dem, was man ihnen in der Schule beibringt.

Das kann für einen jungen Menschen sehr verwirrend sein. Es ist auch schwierig, dass die Regierungen in Zusammenarbeit mit den Kirchen versuchten, die Indianer von ihrem wahren Erbe abzubringen. Immer wieder, bis heute, sind junge Missionare aufgetaucht, die versuchten den Indianern ihren Glauben auszureden und sie damit von ihren Wurzeln zu entfernen. Man soll dem Durchschnitt angepasst werden, dem, was dem Mainstream entspricht.

Eigentlich aber sagt uns eine innere Stimme:

Du musst wissen, dass Du eigentlich ein wirklicher Indianer bist. Wieso gehst Du also diesen Weg und weichst ab?

Doch da wir auch Amerikaner sind, sind wir ebenso gezwungen auch diesen Weg zu gehen. Das ist eine schwierige Herausforderung – nicht nur für junge Menschen. Auch Indianern mittleren Alters, wie auch Stammesältesten, fällt es darum schwer ihre Tradition weiterzuführen. Es gibt aber eine Menge Leute die geschafft haben, in zwei Welten zu leben und beide Wege gleichzeitig zu gehen, mit dem Ziel die Tradition fortzuführen. Es sind jene, die es geschafft haben, das Wissen über die Sprache und die Kultur, und die Orte an denen sie aufgewachsen sind, zu bewahren und an ihre Nachkommen weiterzugeben. Denn die Tradition hat uns immer wissen lassen, dass das ursprüngliche, wie auch das heutige Amerika ein heiliges Land ist. Seit Jahrhunderten leben Indianer in diesem Land und sie kümmern sich darum.

Gebildete Indianer, Menschen die Richter geworden sind, Ärzte oder Lehrer: sie stellen sich die Frage:

Wie hat sich diese Entwicklung ausgewirkt auf mein Denken, auf meinen Körper und auf meine Spiritualität?

Das sind sehr wichtige Fragen.

Janine Pease: Lehrerin des Stammes der Crow und Hidatsa

Werte indianischer Kultur

Als junger Indianer weiß man, dass es eine Identität gibt, die darauf wartet angenommen zu werden. In der Tradition gab es viele verschiedene Wege und Formen, wie Krieger trainiert wurden, damit sie das darin Erlernte in ihrem Leben verwirklichten. Unter ihnen waren großartige Athleten, mit gesunden Körpern, die wussten wo man gesundes Essen findet und wie man es zubereitet, um sich gesund zu ernähren. Sie waren sehr stark und sehr gut trainiert. Auch kannten sie die wichtigen Orte ihres Landes in dem sie sich aufhielten. Sie wussten, welche Wege sie in ihrem Land gehen mussten, um von einem Ort an den anderen zu gelangen. Aus den Zeichen und Symbolen in der Natur, wussten sie zu lesen und konnten über viele Kilometer hinweg miteinander kommunizieren. Sie waren tief verbunden mit dem Schöpfer durch die Schwitzhüttenzeremonien und die Sonnentänze. Und all das, dieses spirituelle Leben, existiert auch heute noch. Der Weg des Kriegers ist für die jungen Leute in den Indianer-Reservaten immer noch verfügbar.

Es liegt nur an einem selbst, das Wissen, die Talente und Stärken eines Kriegers zu verstehen. Dieses Wissen lässt sich finden. Die Frage ist nur: kann man als so jemand, der diese Dinge gelernt hat, tatsächlich ganz alleine in der Natur überleben? Und sich von den Dingen ernähren, die man sammelt und jagt, ohne in den Supermarkt gehen zu müssen, ohne in die Apotheke gehen zu müssen? In den indianischen Reservaten ist das noch möglich. Das macht die Indianer aus: sie verfügen über das Wissen ihrer Ahnen und Vorfahren. Der Schöpfer gab ihnen Mutter Erde.

Es geht nicht nur darum auf einem Hügel zu stehen und zu beten, sondern man weiß als Indianer, dass Mutter Erde uns ein Leben ermöglicht und uns zeigt, wie man in dieser Welt lebt. Hierzu findet man Menschen in der Gemeinschaft, die einem zeigen können, wo sich essbare und medizinische Pflanzen finden lassen. So kann man sich selbst und der eigenen Familie helfen. Das Selbe gilt für die Musik und den Tanz, denn es gibt viele Arten zu tanzen.

In diesem Wissen wurzeln die Werte der indianischen Kultur, wovon eine große Kraft ausgeht. Die große Fülle an Liedern und Tänzen, die Möglichkeit, sich in der Gemeinschaft spirituell auszudrücken, steht jedem Krieger zur Verfügung. All diese Dinge und Werte der indianischen Art zu leben, macht aus einem Menschen eben genau den Indianer, der er ist.

James Trosper: Medizinmann des Stammes der Shoshone

Über die alten Wege

In Geschichten und Erzählungen werden besondere Werte vermittelt. Sie lehren uns ehrlich zu sein, lehren uns die Wahrheit zu sagen und zu versuchen, immer unsere Leidenschaften zu kontrollieren. Über diese Dinge sprechen alte Geschichten und Legenden. Manchmal ist es so, dass demjenigen, dem schlimme Dinge widerfuhren, falsche Entscheidungen in seinem Leben getroffen hatte oder er falsche Dinge tat, die zu seiner gegenwärtigen Lage führten. Aus den Legenden aber lernen die Indianer, wie man eben nicht sein, wie man eben nicht handeln soll, damit man man nicht in Schwierigkeiten gerät.

Der Wolf zum Beispiel, spielt in vielen dieser Geschichten eine wichtige Rolle. Er verkörpert in den Geschichten die guten Qualitäten eines Menschen. Das trifft auch zu auf den Ochsen. Man erzählt diese Legenden auch in den Zeremonien der Indianer. Durch sie lernen die Menschen.

Der Büffel als heiliges Tier

Wegen seiner Heiligkeit und der Bedeutung die er für das Volk hat, ist der Büffel Teil der rituellen Zeremonie. Als der Schöpfer unserem Volk diese Zeremonie übergab und sie uns lehrte, war der Büffel ein Mittler. Dies erfolgte wegen der Wichtigkeit, die diese Zeremonie in unserer Kultur hat. Der Büffel spielt eine ganz besondere Rolle in unserer Kultur. Jeder Teil des Büffels wurde verwendet und darum taucht der Büffel in vielen Zeremonien auf.

Die Trommeln die man verwendet, werden hergestellt aus Büffelhaut. Auch andere Gegenstände.

Insbesondere im Sonnentanz spielt der Büffel eine wichtige Rolle. Laut Legende, kam mit dem Büffel die gelbe Zeremonialfarbe. Sie wird dem Zeremonienmeister als seine Bemalung aufgetragen, da sie die Kräfte des Büffel repräsentiert. Auch die Gebete und Zeremonien die durchgeführt werden, erinnern an den Büffel. Darum ist der Büffel so wichtig.

John Arlee: Spiritueller Lehrer des Stammes der Salish

Das Wesen des Schöpfers in den Zeremonien

Die Salish feiern den Jahreszeiten entsprechend, bestimmte Zeremonien. Sie folgen dem Weg der Sonne, beobachten wie sie sich bewegt von Nordosten, bis nach Südwesten. Das heißt, zur Sommersonnenwende geht die Sonne im Nordosten auf, zur Wintersonnenwende südwestlich unter. So bewegt sich die Sonne im Jahresverlauf gen Süden. Im Winter bewegt sich die Sonne dann zu ihrem südlichsten Punkt: Das Zeichen des Mittwinters. In dieser Zeit werden die Winterzeremonien begangen.

Unter den Indianern und den Urstämmen, gibt es immer Menschen die beten für das gute Leben der Menschen, für alles was die Menschen zum Leben brauchen: Sie beten für die Ernte, für die Jagd und für die Gesundheit. Jeder tanzt, singt und betet. Und das ist etwas, was die Häuptlinge der Indianer in den Winterzeremonien tun: sie beten für das Gedeihen und gute Gelingen im neuen Jahr. Dabei tragen sie die Bürde ihres Stammes verantwortlich, aber auch ihre eigenen Lasten.

Zwei Tage widmen sie sich ihren Zeremonien. Es gibt verschiedene Indianerstämme, die für jede Jahreszeit einen Ritus abhalten. So hat jeder Stamm seine besondere Aufgabe, zu einer bestimmten Jahreszeit zu beten und dabei andere Indianerstämme in ihre Gebeten mit einzubeziehen, insbesondere die jungen Menschen unter ihnen. Für sie ist es wichtig zu verstehen, dass es Gebete gibt, die die Menschen untereinander verbinden. Dadurch wird das Stammesbewusstsein dieses kulturellen Erbes gestärkt und in der Durchführung dessen, halten sie ihre Verbindung mit dem Schöpfer aufrecht – in Dankbarkeit für alles das sie haben.

Die Ahnen der Indianer lehrten vom Wachstum der Dinge in der Natur. Im Frühling wachsen die ersten Beeren. Wenn man als Sammler eine Beere von einem Busch pflückt, spricht man mit ihr, wie eben zu einem menschlichen Wesen. Man sagt:

Danke das ich hier bin, das ich lebendig bin. Ich wünsche das meine Familie und die Menschen mit denen ich zusammen lebe, ein gutes Leben haben und sich weiterentwickeln. Auf das die bösen Geister fern bleiben. Ich hoffe auch das ich nächstes Jahr noch am Leben bin und dich wiedersehen werde.

Das ist was die Alten den Jungen überliefert haben: alles wurde vom Schöpfer zur Verfügung gestellt. So geht es also darum, all diese Pflanzen und Bäume, die einen umgeben, als solche Lebewesen auch anzuerkennen. Schließlich waren all diese Pflanzen und Lebewesen bereits hier, lange bevor der Mensch auf diesen Planeten kam.

Der Schöpfer schuf die Welt mit den Tieren, als Helfer für die Völker, für die Leute, für den Menschen. Darum schickte man schon immer Kinder auf die Berggipfel, damit sie sich dort mit ihren Totems, den Tiergeistern verbänden. Es können auch Felsen sein oder Seen oder Wälder oder Bäume, wo man dem eigenen Totem, seinem Krafttier begegnet und mit ihm in Verbindung tritt.

Krafttiere sind Beschützer, mit denen ein junger Mensch heranwächst. Und wenn man auf rechte Weise von diesem Krafttier erfährt und von seinem Wesen lernt, dann ist das gut für alle Menschen in der Gruppe, dem Stamm und dem Volk.

Leider aber gehen diese Dinge heute immer mehr verloren, so wie auch die kulturellen Traditionen, Glaube und Spiritualität, immer mehr verloren gehen. Es ist darum wichtig, dass sich junge Menschen erinnern an die Zeit ihrer Ahnen und Vorfahren, dass sie zurückschauen auf die Ursprünge ihrer Herkunft. So können sie sehen, wie die Menschen der indianischen Kultur lebten in alter Zeit. Mit solchem Wissen und Erfahrungen, können sie großartige Anführer und Krieger werden.

Eigentlich hat ja jeder Mensch ein gutes Herz. So würde eine Erinnerung, an die Wurzeln der eigenen Kultur, jedem Menschen helfen, ein gutes Vorbild für die Gemeinschaft zu werden.

Männergruppe der Salish vor ihren Tipis – ewigeweisheit.de

Männergruppe der Salish vor ihren Tipis (1903).

Über das Erbe

Die Indianer haben eine sehr alte Kultur. So wie die Vorfahren der Krieger ihr langes Haar in Zöpfen trugen, so wurde diese Tradition des Haaretragens, von ihren Nachkommen beibehalten.

Um von Generation zu Generation die Gebräuche und guten Eigenschaften eines Menschen weiterzugeben, braucht es Vorbilder. Vorbilder sind Männer und Frauen die aufrichtig sind. Aufrichtig im Sinne des Stolzes, den man seiner Kultur eben schuldet. Denn eigentlich suchen alle jungen Menschen nach einem Vorbild. Und so wie sich das Vorbild durch die Welt bewegt, so folgen die jungen Leute den Spuren dieses Vorbildes, den Spuren die dieses Vorbild hinterlässt.

Das Vorbild das aufrichtig ist, aufrichtig spricht, einen Weg geht der ihm entspricht und ein gutes Herz hat, dem werden die Kinder und Jugendlichen folgen und von diesem Vorbild lernen. Dann werden sie sich ebenso aufrichtig und stark durch die Welt bewegen, denn sie blicken zu jemanden auf. Sie lernen im Beschreiten des Weges, auf dem sie ihrem Vorbild folgen. Darum sollte man selbst immer ein gutes Beispiel sein.

 

Dieser Artikel entstand mit freundlicher Genehmigung der World Wisdom, Inc., Bloomington, Indiana (USA). Übersetzung der Interviews aus Living in Two Worlds: The American Indian Experience von Charles Eastman (Ohiyesa), Schnitt: Michael Oren Fitzgerald.

www.worldwisdom.com

 

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