Joseph Campbell (1904-1987) war ein amerikanischer Wissenschaftler und Autor auf den Gebieten der Mythologie und der vergleichenden Völkerkunde. Bücher wie »Der Heros in tausend Gestalten« (1949) oder das nach seinem Tod veröffentlichte »Kraft der Mythen« (1988), fanden eine große Leserschaft und wurden in mehrere Sprachen übersetzt.
Bereits als Junge faszinierten Campbell die Ähnlichkeiten zwischen christlichen und indigenen Glaubensvorstellungen. Daraus schloss er schon sehr früh, dass sie nicht zufällig, sondern auf einem viel älteren, gemeinsamen Ursprung basieren müssen, der alle Kulturen weltweit miteinander verbindet.
Campbells Werk ließe sich als psychotherapeutisch orientierte Mythenforschung bezeichnen, wo den Leser Helden-Charaktere begleiten – auf einer Reise zu sich selbst. Sie nehmen ihn mit auf ihrem Weg, lassen ihn teilhaben an ihren Heldenfahrten. Gewiss erinnert das an die Queste der mittelalterlichen Troubadour-Dichtung. Auch da begegnen Helden, in bestimmter Abfolge, archetypische Charaktere. Man denke etwa an Parzival aus der Gralsgeschichte des Wolfram von Eschenbach. Joseph Campbell nannte das, die »Heldenreise« (engl. Hero's Journey). Es ist ein besonderer Zyklus mit verschiedenen Stationen, die der Held auf seiner Reise passieren muss. Was er dabei erfährt, hilft ihm sich über seine bisherige Persönlichkeit hinaus zu entwickeln. Das wurde von vielen Therapeuten zu initiatorischen Übungen weiterentwickelt. Sie sollten ihren Klienten helfen, ihrem wahren Wesenskern näher zu kommen – etwas, das ja insbesondere im Coaching, die zentrale Zielsetzung ist.
Das Werk des Psychologen C. G. Jungs, übte auf Joseph Campbell großen Einfluss aus. In Jungs Werk fand er die elementaren Gemeinsamkeiten von Mythos und menschlicher Psyche. So steht die Campbell'sche Auffassung über die Mythe, in engem Zusammenhang mit den Methoden der Traumdeutung von C. G. Jung. Für beide ist die Interpretation von Träumen und Mythen durch Symbole, von ganz wesentlicher Bedeutung.
In seinem Buch »Der Heros in tausend Gestalten«, beleuchtet Campbell den Mythos der Heldenfahrt, als allgemeinen Leitfaden für alle Menschen. Die Stationen der Heldenreise finden wir in den Mythen der Antike, wie sie ebenso in Traumvisionen von Klienten eines Psychologen auftauchen. Campbells große Leistung war, das schier unendliche Material durchzuarbeiten, aus verschiedenen Mythen der Völker. Die darin immer wieder auftretenden Charaktere und Situationen, erkannte er als besondere Muster, die er in seinen Büchern herausarbeitete.
Was Campbell aus den unzähligen Heldenmythen der Völker extrahierte, ließe sich in einer Formel zusammenfassen, die den drei Stufen der Mysterien-Einweihung entspricht:
- Die zeremonielle Beendigung eines alten Lebensabschnittes,
- Initiation in ein neues Leben und
- Rückkehr des Eingeweihten ins alltägliche Leben.
Unser weltliches Dasein, so Campbell, sei ein langsamer Initiationsprozess. Doch fehlt den meisten modernen Menschen oft die Hilfe von jemandem, der diesen Initiationsweg bereits gegangen ist. So besteht die Gefahr, in den Ritualen des Übergangs, von einer zur nächsten Station der Heldenreise, in unbewältigten Fixierungen steckenzubleiben.
Im ersten Teil seines Buches beschreibt Joseph Campbell die typischen Stationen der Heldenreise: Die Berufung und der Aufbruch, eine besondere Schwelle muss überschritten werden, die aber Wesen aus der Schattenwelt bewachen. Auf seiner Reise gerät der Held in eine Gegend fremder, aber seltsam vertrauter Kräfte. Manche davon sind bedrohlich, andere hilfreich. Gefangen im »Bauch des Wales« und auf dem »Weg der Prüfungen«, wird seine alte Person vernichtet. Im weiteren Verlauf dieser mythischen Reise aber, erhält er schließlich den Lohn für seinen siegreichen Wandel. Es kommt zur Ausweitung seines Bewusstseins. Die Stationen der »Heiligen Hochzeit«, der »Versöhnung mit dem Vater« oder der »Apotheose«, bringen ihn dann zur Erleuchtung, Verwandlung und endlich in die Freiheit. Die Mächte die ihn einst hinderten, helfen ihm nun bei der Rückkehr in die alte Welt.
Der zweite Teil befasst sich mit den Zyklen der Welterschaffung, wie auch ihrer Zerstörung. Dem Helden werden darin die Symbole der Gleichsetzung von Unbewusstem und Überbewusstem offenbart. Was in der Bibel als »der Fall« bezeichnet wird, entspricht für Campbell dem Sturz des Überbewussten ins Unbewusste, wobei sich die manifeste Welt auflöst.
Campbell schließt sein Buch, indem er noch einmal zusammenfasst, die Funktionen von Mythos, Kultus und Meditation. Ziel einer modernen Heldenfahrt müsse sein, so Campbell, »das verlorene Atlantis der unzerspaltenen Seele wieder ans Licht zu bringen.«
Inhalt
- Prolog: Der Monomythos
-
Das Abenteuer des Heros
- Aufbruch
- Initiation
- Rückkehr
- Die Schlüssel
-
Der kosmologische Zyklus
- Emanation
- Die Geburt von der Jungfrau
- Die Verwandlung des Heros
- Die Auflösung
-
Epilog: Der Mythos und die Gesellschaft
Informationen zum Buch
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