Mysterium Cosmographicum - ewigeweisheit.de

Die Platonischen Körper: Geometrische Strukturen des Kosmos

Johannes Kepler (1571-1630) zählt zu den bekanntesten Sternenforschern der Neuzeit. Seinen Erkenntnissen verdanken unzählige Astronomen ihr Wissen. Interessant, dass Kepler ursprünglich Theologe werden wollte. Darum vielleicht widmete er sein Leben, wie wir gleich schauen wollen, einem besonderen Thema.

Das Werk des preußischen Domherren und Astronomen Nikolaus Kopernikus (1473-1543) inspirierte Kepler, da der seine theologischen Überzeugungen erklärt hatte, durch die Erkenntnis einer geheimen Verbindung zwischen den Himmelskörpern und der Welt des Geistig-Göttlichen. Kopernikus nämlich glaubte im Universum ein Abbild Gottes zu erkennen, in Form der christlichen Dreieinigkeit

  • worin die Sonne dem Vater entsprach,
  • die Sphäre der Sterne dem Sohn und
  • der himmlische Zwischenraum dem Heiligen Geist.

Auch Kepler versuchte später, im ersten Manuskript seines zentralen Werks – dem »Mysterium Cosmographicum« (deutsch: Weltgeheimnis), erschienen im Jahre 1596 – den Heliozentrismus mit Zitaten aus der Bibel zu versöhnen. Er war eben überzeugt davon, dass hinter den Umlaufbahnen der Planeten um die Sonne, eben auch ein göttliches Gesetz herrscht, dass dabei aber auch eine Entsprechung im Mikrokosmos hat. Lange stellte er sich darum die Frage, warum die Abstände zwischen den Planetenbahnen so sind wie sie eben sind, und nicht anders.

Sicherlich inspirierte Kepler bei seiner Forschung auch, was uns als die »Sphärenharmonie« des Pythagoras von Samos (570-510 v. Chr.) bekannt ist. Für den griechischen Philosophen bewegen sich die Planeten jeweils kreisförmig entlang besonderer, kugelförmiger Himmelsschichten, die er als »Sphären« bezeichnete. Dabei, so Pythagoras, senden die Planeten wegen ihrer zyklischen Kreisbewegungen, sehr tiefe, zwar vielleicht nicht hörbare Töne aus; gemeinsam aber bilden sie so im Sonnensystem einen harmonischen Zusammenklang, die er die »Kosmische Sphärenmusik« nannte.

Kepler nun versuchte dieses, von den Pythagoreern verwendete System zu vollenden, indem er die Abstände der Planeten von der Sonne, in Form sechs verschieden großer Kugeln darstellte. Das Besondere an diesen Sphären nun war, dass sie innerhalb und außerhalb je einen von fünf besonderen geometrischen Formen zu umschließen vermochten. Und das waren die fünf Platonischen Körper.

Formen größtmöglicher Symmetrie

Die Besonderheit der Platonischen Körper liegt darin, dass sie sich aus Vielecken zusammenfügen, deren Seiten alle gleich lang sind. Sie haben damit durchaus Ähnlichkeit mit Strukturen mineralischer Kristalle und bilden darum auch die Grundstrukturen wie etwa beim Diamanten, Pyrit, Steinsalz, Spinell oder beim Cobaltit.

Die Platonischen Körper setzen sich zusammen

  • aus gleichseitigen Dreiecken,
  • aus dem Quadrat und
  • aus dem gleichseitigen Fünfeck.

Ihre besonderen Namen bezeichnen, wie wir gleich sehen werden, die Anzahl ihrer begrenzenden Flächen:

  • Tetraeder – der Vierflächner, dessen Oberfläche vier Dreiecke bilden.
  • Hexaeder – der Sechsflächner, mit einer Oberfläche aus sechs Quadraten, das ist also der Würfel.
  • Oktaeder – der Achtflächner, dessen Oberfläche aus acht Dreiecken besteht.
  • Dodekaeder – der Zwölfflächner, wo sich zwölf Fünfecke (Pentagone) zu einer geometrisch gleichmäßigen Oberfläche zusammensetzen).
  • Ikosaeder – der Zwanzigflächner, dessen Oberfläche zwanzig Dreiecke bilden.

Die eben genannten Vielecke berühren sich in dieser geometrischen Körpern immer an ihren Spitzen.

Weitere solcher geometrischen Körper existieren nicht. Es sind allein diese fünf, was ihrem Wesen natürlich einen besonderen Charakter verleiht.

Hermetische Geometrie

In seinem Buch »Timaios« beschreibt der griechische Philosoph Platon (428-348 v. Chr.) diese Körper, daher ihr Name. Jedem dieser fünf Körper nun ordnete er, anscheinend ihrer Form entsprechend, eines der alchemistischen Elemente zu:

  • dem Erd-Element das Hexaeder (Würfel),
  • dem Element Feuer das Tetraeder,
  • dem Geistäther (auch: »Quintessenz«) das Dodekaeder,
  • dem Element Wasser das Ikosaeder und
  • dem Luft-Element das Oktaeder.

Johannes Kepler sollte eine Erweiterung dieser mikrokosmischen Perspektive auf die fünf Platonischen Körper gelingen, indem er einen Weg fand sie auch auf den Makrokosmos zu beziehen. Wie oben kurz angedeutet, bestand Keplers Überlegung darin, zu jedem der genannten fünf Körper zwei genau definierte Kugeln zu bestimmen: Eine sogenannte »Umkugel«, in die ein Platonischer Körper ganz genau hineinpasst, wobei seine Ecken die Kugel berühren. Und eine als »Inkugel« bezeichnete Form, die sich exakt in den Platonischen Körper hineinfügen lässt, so dass sie die Zentren seiner Flächen berührt.

Nun fand Kepler zu der Erkenntnis, das die fünf genannten Platonischen Körper in einer ganz bestimmten Reihenfolge, sich so ineinander schachteln lassen, dass immer die Umkugel eines Körpers genau so groß ist wie die Inkugel des nächst größeren Körpers. Dabei kam er schließlich auf die geniale Idee, die dabei messbaren Verhältnisse der Kugelradien, mit denen der Radien der Planetenbahnen des damals bekannten Sonnensystems zu vergleichen (die Planeten Uranus, Neptun und Pluto wurden erst in den drei Jahrhunderten nach seiner Zeit entdeckt). Hierbei fand er zu einer erstaunlichen Erkenntnis: Die Verhältnisse der Platonischen Körper zueinander entsprachen als Abstandshalter verblüffend den Verhältnissen der Planetenumlaufbahnen um die Sonne! So kam Kepler auf nachstehende Reihenfolge:

  • Die Merkur-Bahn um die Sonne umgibt ein Oktaeder,
  • die Planetenbahn der Venus ein Ikosaeder,
  • die Erd-Bahn ein Dodekaeder,
  • die Mars-Bahn ein Tetraeder,
  • die Jupiter-Bahn umgibt ein Würfel,
  • der sich seinerseits genau in die Planetenbahn des Saturn einfügen lässt.

Im Mysterium Cosmographicum geht er darauf detailliert ein, worin er eine bekannte Illustration veröffentlichte (siehe Titelbild), die diese Verhältnisse veranschaulichen soll.

Auch wenn Kepler nach weiteren Untersuchungen der Planetenbahnen herausfand, das sich die Planeten in leicht elliptischen und nicht genau kreisförmigen Bahnen um die Sonne bewegen, hielt er dennoch bis an sein Lebensende an der Grundidee eines Weltenbauplanes fest, der auf den geometrischen Proportionen der Platonischen Körper gründet. Er war eben davon überzeugt, dass sich ihm in seiner Forschung, Gottes geometrischer Plan für das Universum offenbart hatte.

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