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Auf der Suche nach dem Elixier des Glücks

Einst gab es einen persischen Sufi der sich als jemanden betrachtete, dessen Mystik auch einen praktischen Zweck erfüllen wollte. Seine Mitmenschen gedachte er zu wahrer Erkenntnis Gottes zu führen, jenseits allen theoretischen Vermutens und landläufiger Glaubensbekenntnisse. Selbsterkenntnis war für ihn die wichtigste Voraussetzung zur Erkenntnis des Göttlichen.

In dem gigantischen Schriftwerk das er der Nachwelt hinterließ, wies er darum immer wieder hin auf die berühmte Aussage des islamischen Propheten Mohammed (as):

Wer sich selbst erkennt, erkennt Gott.

Dieser Mann war Abu Hamid Mohammed Ibn Mohammed Al-Ghazali. Er kam im Jahre 1058 im alten Chorasan zur Welt, dem »Land der aufgehenden Sonne«, in der Stadt Tus, die sich heute im nordöstlichen Iran befindet.

Der frühe Tod seines Vaters sollte seinen außergewöhnlichen Lebensweg zeichnen, denn er starb als er noch ein Junge war. Über seine Mutter ist kaum etwas bekannt. Sie dürfte ihren Ehemann jedoch überlebt haben und hatte ihren Sohn wohl so gut wie möglich großgezogen. Es war jedoch kaum Geld da für eine angemessene Erziehung.

Al-Ghazali sollte schließlich den Rahmen des Vertrauten verlassen. Man gab ihn in die Obhut eines Sufi, dessen Einfluss seine spätere Laufbahn jedoch ganz maßgeblich beeinflussen sollte.

Wegen seiner herausragenden Gelehrsamkeit und Begabung, empfahl man später den noch jungen Al-Ghazali dem berühmten Seldschukensultan Nizam Al-Mulk. Begeistert von dem Wissen dieses Mannes, berief ihn im Jahre 1091 an die Nizamiyya-Medresse in Bagdad, wo er zum Professor der Theologie ernannt, unterrichten sollte. Die großartigen Erfolge die er dort als Lehrer erzielte, machten ihn in der gesamten islamischen Welt berühmt. Da nämlich nannte man ihn einst »Hujjat Al-Islam«, den »Beweis des Islam« – eine nicht gerade beiläufige Betitelung für einen muslimischen Gelehrten.

Seine Bewunderer also waren entsprechend zahlreich, die sein Werk als die wichtigste Sammlung der Islamwissenschaften ansehen sollten. Bis heute zählt Al-Ghazali in der islamischen Welt, neben Averroes (Ibn Ruschd) und Avicenna (Ibn Sina), zu den wichtigsten Verfassern religiöser und mystischer Schriften. Er war aber immer auch ein Skeptiker, was seinem Werk jedoch gut tat. Seine Philosophie und Theologie beruhten auf gesundem Menschenverstand und ließen damit in ihrer authentischen Wahrheit erkennen, was das Wesen des Glaubens eigentlich ausmacht – besonders bei einem, der sich als Sufi bezeichnet, sich einen Mystiker des Islam nennt.

Al-Ghazali – ewigeweisheit.de

Al-Ghazali – Zeichnung: Khalil Gibran

Jenseits von Logik und Vernunft

Auf seiner Suche nach Wahrheit fand Al-Ghazali zu der Erkenntnis, dass unter seinen Zeitgenossen drei Hauptgruppen von Geisteswissenschaftlern zusammenkamen, die sich durch Studien den spirituellen, mentalen und seelischen Einflüssen der Geisteswelt zu nähern versuchten.

Da waren zunächst die Scholastiker. Sie suchten durch logisches Schlussfolgern, vermittels der Schriften des griechischen Philosophen Aristoteles, nach Erkenntnissen, nach Wahrheiten die mit ihrer Vernunft vereinbar schienen. Beim Suchen nach Antworten auf theologische oder philosophische Fragen, versuchte man ungenau definierte Sachverhalte mittels Beweisführung und Argumentation zu klären.

Die andere Gruppe bildeten die Philosophen, die, mittels Logik und Veranschaulichung, Wege zur Erkenntnis des Geistigen finden wollten, wo das, was man als Weisheit bezeichnet, jedoch nicht eigentlich besessen wird. Was jedoch das Besondere des Philosophierens ist, erkennt man etwa im Vergleich eines wahrhaft Liebenden, der jemanden liebt, doch keine Erwiderung dafür erwartet, und eben darin den Kern allen Liebens erkennt. Da geht es also darum Weisheit zu erwägen, doch nicht sein Eigen zu nennen – weniger also eine Liebe der, als eine Liebe zur Weisheit.

Anders als diese beiden ersten Gruppen aber galten Al-Ghazali die Sufis. Ein Sufi findet zur Weisheit durch seine Intuition. Weder will so einer durch Schlussfolgerungen zur Erkenntnis kommen, noch wünscht er sich besondere Geistes- beziehungsweise Gemütszustände zu erlangen. Er trachtet danach die Wahrheit als eigentliche, echte Manifestationen zu erleben, als eine »empfundene Weisheit«, was jenseits allen Mutmaßens und Liebelns geschieht.

Al-Ghazali aber wollte nun die Schulen der Theologen und die Gemeinschaften der Philosophen alle aufgesucht und die Systematik ihrer Lehren studiert haben, auch wenn mit all dem so gewonnenen Wissen, dennoch unzählige Fragen unbeantwortet blieben. Denn sowohl Scholastiker wie auch Philosophen konnten weder durch Vernunft noch durch Logik die großen Fragen der Menschheit beantworten, noch Al-Ghazalis damit verbundene Zweifel zerstreuen. Sein forschender Geist aber sollte ihn in noch tiefere Zweifel drängen. Diese Lebenseinstellung aber hielt ihn jedoch stets auf dem Grund der Tatsachen. Erst damit nämlich sollte er wahres Wissen erlangen können. Das aber sollte dazu führen, dass ihm seine Stellung als Gelehrter an der Medresse in Bagdad nicht mehr angemessen erschien.

Hernach fühlte ich den Drang nun die heilige Pilgerschaft zu vollziehen, im Wunsch dass sich die Gnade über mich ergieße, wenn ich Mekka, Medina und das Grab des Propheten besuche. Nachdem ich den Schrein des Gottesfreundes (Abraham) besucht hatte, begab ich mich nach Hedschas.

– Aus Al-Munqidh min Ad-Dalal (»Der Erreter aus dem Irrtum«) von Al-Ghazali

Darauf besuchte Al-Ghazali Damaskus in Syrien, wo er in Abgeschiedenheit elf Jahre lang meditierte und sich dem Studium der Heiligen Schriften widmete.

Ich dachte nur an Selbstvervollkommnung und Disziplin und an die Läuterung des Herzens durch Beten, indem ich verschiedene Formen der Andacht hielt, die mir die Sufis gelehrt hatten. Einsam lebte ich in der Moschee von Damaskus und pflegte meine Tage auf der Minarett zu verbringen, während ich die Tür hinter mir zuzog.

– Aus Al-Munqidh min Ad-Dalal (»Der Erreter aus dem Irrtum«) von Al-Ghazali

Doch nach so langer Zeit der Abwesenheit vermissten ihn seine Kinder und seine Frau. Sie baten ihn doch zurückzukehren, worauf er schließlich einging. Im Juni des Jahres 1097 kam er zunächst nach Bagdad, um von dort aus seine Reise fortzusetzen in seine khorasanische Heimat Tus.

 

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