Faravahar

Also sprach Zarathustra: Denke, rede und handle gut...

Autor und Mentor Selim Levent Oezkan - ewigeweisheit.de

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Autor und Mentor

Lehre mich vor allem eines: dankbar zu sein für deine Güte, aber auch danken zu können für die geringsten Taten der Menschen gegen mich.

- Zarathustra

Zarathustra - ewigeweisheit.de

Eine der außergewöhnlichsten Religionen auf unserem Planeten ist der Zoroastrismus. Nicht nur ihre makellose Ethik macht sie so besonders: Auch ihre vielen Parallelen zum Christentum, lassen staunen.

Drei zoroastrische Priesterkönige kamen nach Bethlehem, um ihre geweihten Gaben, Josef, der Heiligen Mutter und dem neugeborenen Christuskind zu überreichen. Im zweiten Kapitel seines Evangeliums, spricht der Evangelist Matthäus von ihnen als den Magoi apo Anatolon – den Magiern aus dem Morgenland. Sie sollen ausgesprochen kluge Männer gewesen sein, Könige großer Weisheit.

Diese drei Weisen besaßen genaue Kenntnisse über die Himmelsbewegungen und erkannten das von Zarathustra prophezeite Zeichen am Nachthimmel: den Stern von Bethlehem – einen astralen Vorboten, der auf das Kommen des großen Weltlehrers hinweist.

Im Anfang war das Wort

Ihren Gott sahen diese orientalischen Priesterkönige im Allweisen Herrn Ahura Mazda – den einen und guten Gott. Sein Prophet war Zarathustra, der im ersten Jahrtausend vor Christus im alten Iran lebte und als Philosoph und Priester lehrte.

Zarathustras Gott Ahura Mazda, wurde jedoch nicht gezeugt, sondern existierte immer. Denn er ist ohne Anfang und ohne Ende. Er gab sich zu erkennen, als das vortreffliche, reine und zündende Wort, das im Anfang stand. Im Sprechen des Heiligen Wortes Ahuna Vairya, entstand die Welt. Und so existierte das Wort vor allem Anderen, das dereinst sein sollte.

Das war das Wort Ahuna Vairya, O Zarathustra, das ich dir verkündete, vor der Erschaffung des Himmels, vor dem Wasser, vor der Erde, vor dem Rind, vor der Pflanze, vor dem Feuer, dem Sohn Ahura Mazdas, vor dem wahrheitsgläubigen Menschen, vor den Devas wie den üblen Menschen, vor der gesamten stofflichen Welt, vor allem Guten von Mazda Geschaffem, die die Saat der Rechtschaffenheit sind.

- Yasna 19:3

Davon scheint ja ebenso das Evangelium Johanni zu künden: mit den griechischen Worten en arkhei en ho logos, »Im Anfang war das Wort«.

Auch im noch viel älteren, indischen Rigveda, lesen wir vom vach, dem alles durchdringenden Wort des Uranfangs.

Ewig heilige Flamme

Und so wie dieses Urwort Ahura Mazdas das Licht des Universums entzündete, so existiert bis heute das Licht jenes heiligen, leuchtenden Feuers fort: Atasch. Es gehört ebenso zu Ahura Mazda, wie das Licht zur Sonne gehört. Im Atasch sehen die Gläubigen, dass sie lebendig und untereinander verbunden sind.

Für dieses Licht des Atasch, brennen auf den zoroastrischen Feueraltaren, wie etwa im Tempel von Yazd, die Heiligen Flammen der Zarathustra-Priester, dem allweisen Ahura Mazda geopfert werden. Es sind die Flammen des Heiligen Feuers, dass nie erlöschen und durch nichts verunreinigt werden darf.

Der Gott Zarathustras

Es gibt einen Gott - den allmächtigen Ahura Mazda.
Er schuf diese Erde.
Er schuf diesen Himmel.
Er schuf den sterblichen Menschen.
Er schuf dem Menschen die Glückseligkeit.

- Aus dem Gandschname des König Darius, Keilschrift-Gravierung im Alvand-Gebirge

Ahura Mazda erschuf die wahre Reinheit Ascha, durch die er die kosmische Ordnung aufrecht erhält. Sowohl die moralische, wie auch die materielle Beschaffenheit der Welt, entstand durch das Ascha Ahura Mazdas. So ist er der Erschaffende, der Herrschende (Ahura), der Allwissende (Mazdao) und der, der durch Ascha, alles im Universum ordnete. Durch sein Handeln entstand die Welt und sein darin wirkendes, ewig-universales Weltgesetz.

Mit diesen Eigenschaften entspricht er auch dem vedischen Gott Varuna – dem Allumfassenden, den man in früh-vedischer Zeit als höchsten Gott verehrte.

Im Avesta, der Heiligen Schrift der Zoroastrier, werden die spirituellen Vorstellungen des Ahura Mazda, ganz klar dargestellt: sein Auge ist die Sonne, der Himmel sein göttliches Kleid, die Fluten seine Gemahlinnen.

Ahriman – der arge Geist

Dem lichtvollen, die reine Wahrheit verkörpernden Ahura Mazda, widersetzt sich der lügende Verderber Ahriman. Er ist jener, den die judeo-christliche Tradition als Satan bezeichnet. So ist er Verkörperung der bösen Mächte der Finsternis.

Nachdem Ahura Mazda, die Welt als Reich des Lichts vollendet hatte, griff Ahriman in die Schöpfung ein und verdarb sie.

Auch gegenwärtig wirkt er dem erschaffenen, eigentlichen Lichtreich Ahura Mazdas, durch seine finsteren Machenschafren entgegen. Um jeden Preis will er diese Welt zerstören. Im Kampf dieser beiden Licht- und Finsterniskräfte, ist die gesamte Geschichte der Welt begründet.

Doch dieser Kampf zwischen Gutem und Bösem, ist ja etwas, dem wir ja in eigentlich allen Religionen und Mythen begegnen.

So ist Ahriman auch identisch mit jenem »Alten Drachen« der Indo-Arier, der sich wiederum in alt-vedischen Schriften, als Schlangendämon Vritra personifiziert. Als dieser nämlich kämpft er gegen den Götterkönig Indra.

Jener Kampf zwischen dem lichtvollen Feuergott und dem Schlangendämon Afrasiab, begegnet uns als solcher auch in der Religion der Indo-Iraner.

Ebenso im griechischen Mythos finden sich diese entgegengesetzten Wirkprinzipien in hohen, göttlichen Wesen verkörpert. Da nämlich tötet der Lichtgott Apollon, die aus dem dunklen Schlamm geborene Schlange Python.

Nicht zuletzt finden wir eine ähnliche Symbolik auch im Kampf des christlichen Heiligen St. Georg gegen den Drachen.

Die Frucht des ewigen Lebens

Im Garten Eden, wie ihn das 1. Buch Mose (biblische Genesis) beschreibt, wuchs einst eine Wunderpflanze: der Lebensbaum, dessen Früchte ewiges Leben verleihen. Die Vorstellung von einem solch geheimnisvollen Gewächs, stammt aus dem alten Reich von Akkad und entwickelte sich dort lange bevor die Fünf Bücher Mose entstanden, vermutlich vor 5000 Jahren.

Damit ist das Bild vom Baum des Lebens bereits uralt und zeitlich kaum noch zu bestimmen. Vermutlich entstand die Idee von einem Leben spendenden Gewächs nämlich bereits in einer Zeit, als sich die Menschen ausschließlich von den Früchten der Bäume ernährten. Damit war der paradiesische Lebensbaum also eine Pflanze gewesen, auf dem für die Menschen lebenswichtige Nahrung wuchs.

Diese alte Vorstellung wurde von den Assyrern dann in ihr Glaubenssystem aufgenommen, die es dann an die Babylonier weitergaben, bis es schließlich von dort zu den alten Persern kam – den Urahnen Zarathustras.

Das Heilige Opfer

Wie die biblische Genesis aber weiter erzählt, wuchs in Eden ein Baum mit verbotenen Früchten: der Baum der Erkenntnis von Gutem und Bösem. Die Schlange verführte Eva und versprach, dass ihr die »Augen aufgingen«, sobald sie von diesen Früchten esse. Was für ein Baum war das? Wuchsen auf ihm vielleicht Früchte, deren Samen psychedelische, bewusstsein-erweiternde Substanzen enthielten?

Im zoroastrischen Feuerritual, nehmen die Priester den heiligen Haoma-Trank ein. Diesen magischen Trank bereiten sie wohl aus den Samen der Ephedra (Meerträubel), sowie Zweigen und Blättern des Granatapfelbaumes. Naheliegend ist, dass wer die Essenz dieser Samen einnimmt, in einen rauschartigen Zustand eingeht, enthalten Ephedra-Samen doch das psychoaktive Alkaloid Ephidrin.

Mit dem Saft dieser Ephedra-Samen, könnte darum auch das gemeint sein, was im Zoroastrismus mit dem Namen »Gaokerena« bezeichnet wird: dem Saft einer magischen Pflanze, der das Elixier des ewigen Lebens enthält.

Einer alt-persischen Legende nach, brachte der heilige Vogel Simurgh die Samen der Haoma-Pflanze auf die Erde. Er flog von seinem Nest auf dem Gipfel des Berges Alburz, hinauf ins himmlische Paradies, wo er in Mitten des Meeres Vourukascha, von den Zweigen eines riesigen strahlend-weißen Baumes brach.

Gewiss besteht im Haoma-Ritual eine Ähnlichkeit zum vedischen Ritus und dem dabei eingenommenen Soma.

Was später in der heiligen Eucharistie mit der Einnahme des gesegneten Weines und Brotes erfolgte, weist gewisse Parallelen zum Haoma-Ritual auf. Denn in ähnlicher Form werden beim zoroastrischen Feueropfer den Priestern Haoma und kleine, gesegnete Kuchen den Gläubigen zur Einnahme gereicht.

Vom Kommen der Endzeit

Eine der charakteristischen Züge persischer Religion ist die Vorstellung vom Nahen der Endzeit. Seit dem Ableben des Propheten Zarathustra, fürchtet man sich vor einer kommenden, großen Weltkrise, in die sich die gesamte Menschheit begibt – etwas das besonders heute bedrohlich aufzudämmern scheint. Nicht aber dachte man, dass mit dem »Ende der Welt« alles schlimmer würde, sondern wusste vielmehr um die Erneuerung der selben.

Mit diesen großen Ereignissen, werden die Erretter der Menschheit erscheinen, Nachfahren des großen Zarathustra. Mit ihnen werden die Toten auferstehen. Ein von einer Jungfer geborener Erlöser werde erscheinen: der Saoschyant – Sohn der Eredat-fedhri, der »Siegreichen Helferin«:

Wir verehren den wachenden Geist (Faravahar) des rechtschaffenen Erlösers (Astvatereta). Er wird ein siegreicher Erretter (Saoschyant) sein und sein Name wird Fleisch gewordene Rechtschaffenheit (Astvatereta) sein. Ihn soll man nennen den Gütigen, den Heiland, denn er wird das Gute bringen, wird alle Fleisch gewordene Welt erretten. Ihn soll man nennen die Fleisch gewordene Rechtschaffenheit (Astvatereta), denn als solcher, begnadet mit mit Lebenskraft, wird er als Unverweslicher dem Teufel (Druj) widerstehen, mit seiner zweibeinigen Nachkommenschaft, um zu widerstehen den Bösen Taten der Gläubigen.

- Aus dem Hymnus an den Schutzengel, Yascht 13:128-129

Faravahar - ewigeweisheit.de

Faravahar: das wohl am meisten verwendete Symbol zur Kennzeichnung der zoroastrischen Kultur

Mit dem Auftreten des Saoschyant werden die Lebenden unsterblich, ihre Leiber verklärt, so dass sie als schattenlose Körper wandeln.

Solch Vorstellungen sind gewiss Vorausahnungen von etwas, das dereinst ja auch im Neuen Testament auftauchte. Denn auf ähnliche Weise prophezeiten Johannes der Täufer und Jesus von Nazareth, vom Kommen eines himmlischen Königreichs. Der Heilige Paulus von Tarsus glaubte gar, dass er noch zu seinen Lebzeiten diesen Neubeginn des Guten erlebe. Die Toten, in Gott ruhenden, würden zu neuem Leben erweckt, ihre fleischlichen Körper verklärt und unsterblich.

Doch nicht allein im Christentum existiert solch eine Vorstellung. Eigentlich in allen Traditionen auf der Erde, hegte man den Glauben an eine kommende Welt, eine Zeit der Seligen, eine lichtvolle Zukunft für die Menschheit.

Ob nun die alten Griechen, Ägypter, Hindus, die alten Kelten oder Germanen: der Glaube der Menschen der Antike bezeugt dieses große Ereignis. Dann werden die Guten für ihre Wohltaten belohnt, die Bösen aber für ihr übles Handeln bestraft. Wahrheit wird über Unwahrheit siegen und alles Übel in der Welt zerstört.

Daher sollte jeder Mensch nach dem Guten streben, damit die Menschheit sich selbst perfektioniere und sich am Ende die Welt erneure – in vollkommener Wahrheit und im Licht reiner Güte. So werde ein Reich vollkommener Souveränität nahen, ein gelobte Land der Reinheit und des Friedens.

Daher wies der Prophet Zarathustra die Gläubigen an, stets gut zu denken, gut zu sprechen und gut zu handeln.

Der wachende Allgeist Faravahar

Für diese drei Grundprinzipien der Güte, steht im Zoroastrismus der Faravahar, ein Schutzgeist oder Schutzengel, der den Menschen während seines Lebens begleitet.

Das Symbol für den Faravahar, der auch manchmal »Frawaschi« genannt wird, ist einer, der ein geflügeltes Fahrzeug lenkt. Zahlreiche Reliefs in der altpersischen Stadt Persepolis, zeigen diese Figur.

Es wird bewusst als Mensch dargestellt, was gewiss als Verweis auf das menschliche Denken, den humanen Geist hinweisen soll. Der Bart dieser Person verweist auf die Reife und Weisheit, die ein jeder Mensch in seinem Leben erstreben sollte. Das er die rechte Hand erhebt, verweist er auf rechtes Streben in allen Handlungen, in allem Sprechen und Denken.

Wer sein Denken, sein Sprechen und Handeln geläutert hat, den beflügelt die Kraft seines Faravahar. Wohl daher die Schwingen des Bildes.

Im Erfüllen der genannten drei Prinzipien des Guten, kann sich ein Mensch seinem Schutzgeist nähern, wird sich seines persönlichen Schutzengels bewusst.

Und was bedeutet gut zu denken, gut zu sprechen und gut zu handeln? Nur wessen Geist von Unwissenheit getrübt und mit Unwahrheit belastet ist, dessen Sprache ist durchdrungen von Lüge und entsprechend schlecht sind seine Handlungen.

Der Faravahar aber ist wissend und sein Geist gleicht dem Licht Ahura Mazdas. Wer daher sein Denken läutert, wird auch in Wahrheit sprechen und sein Handeln in Harmonie bringen mit dem Guten.

Vom wahren Wesen der Schutzengel bei den Zoroastriern, den Christen und im Islam...

Autor und Mentor Selim Levent Oezkan - ewigeweisheit.de

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Autor und Mentor

Gleich von der Geburt an begleitet einen jeden ein Schutzgeist, der unbemerkt sein Leben leitet.

- Menandros

Schutzengel - ewigeweisheit.de

Aus den Lehren der esoterischen Wissenschaften wissen wir, dass es hohe Wesenheiten gibt, die als Beschützer walten über Personen, Gruppen von Individuen, über Königreiche und Staaten. Schon immer glaubten Menschen an Schutzengel. Mancher Kabbalist behauptet, man könne im Wissen der Geburtsminute sogar seine persönlichen Schutzengel berechnen.

Die Kirchenväter aber sagen, dass einem Christen sein Schutzengel von Gott erwählt wird, den er mit der Taufe empfängt. Seit dem 5. Jhd. entwickelte sich im Christentum eine regelrechte Schutzengel-Theologie. Gelehrte in Ost und West sagten, dass sich ein Schutzengel andauernd im Gebet befindet - im Namen einer Person und zu ihrem Schutze. Im Islam heißt es, dass einem Neugeborenen die Schutzengel eigenständig zum Geleit durchs Leben zufliegen, und zwar gleich vier - je einer zu jeder Seite (links, rechts, zuvor und hinter ihm).

Insbesondere aber die Religion des Zarathustra besitzt einen ausgeprägten Schutzengelkult. In ihrer Heiligen Schrift - dem zoroastrischen Avesta - widmet sich ein ganzes Kapitel der Bedeutung der Schutzengel eines Menschen.

Die Fravaschis der Zoroastrier

Was erst vor etwa 1600 Jahren im Christentum als Engellehre verfeinert wurde und noch etwas später als solche im Islam entstand, das kannten die Zoroastrier Persiens schon seit sehr alter Zeit. Sie sprachen vom Fravaschi, Faravahar oder Firavarti. Man stellte sich Schutzengel vor als geflügelte, vogelartige Wesen, meist auch abgebildet als geflügelte Scheiben. Auf dem inneren eines Kreisrunds, bildete man meist eine Person ab (siehe Abb. unten).

Jeder Gegenstand den ein Name bezeichnet – gewöhnlich oder außergewöhnlich – steht im Glauben der Zoroastrier unter der Gnade eines Fravaschi. In seiner Form als Firavarti, ist insbesondere die Wortwurzel »var« von Bedeutung: das Auserwählen. So könnte man das Wort Firavarti, beziehungweise Fravaschi, erklären als »einen der für die spirituelle Erhebung auserwählt wurde.« Somit ist der Fravaschi ein höheres Wesen, das zum Schutze eines Menschen erwählt wurde.

Selbst aber der lichtvolle und weise Schöpfergott Ahura Mazda, Vater aller Existenzen – auch er besitzt einen Fravaschi. Seiner natürlich ist der höchster von allen, von ultimativer Größe, Schönheit, Stärke und Weisheit. Doch auch dem Himmel, den Gewässern, Pflanzen und Tieren der Erde ist ein Fravaschi-Schutzengel ergeben.

So also gehorcht allem Seienden – vom höchsten lichterfüllten Gott, bis zur niedrigsten Kreatur auf Erden, ein Fravaschi. In ihm manifestieren sich die göttlich-universalen Kräfte, durch die die Ordnung der gesamten Schöpfung aufrecht erhalten wird. Allein der Gott der Finsternis Ahriman, wie auch seine Dämonen: sie besitzen überhaupt keinen Schutzengel.

Zoroastrischer Fravaschi - ewigeweisheit.de

Felsrelief in Persepolis, mit der Abbildung eines Fravaschis - Schutzengel der Zoroastrier.

Der Fravaschi des Menschen

Ahura Mazda aber gestellt jedem Menschen einen heiligen Schutzengel bei. Ein ganzes Leben lang begleitet eine Person so ein himmlisch-geistiger Hüter des Guten. Im avestischen Yasna heißt es dazu:

Wir verehren nun die Lebenskraft und die Wesenheit und das Wahrnehmungsvermögen und die Seele und die Fravaschi (Schutzengel) der ersten Verkünder und der ersten Hörer der heiligen Lehren, asha-gläubiger Männer und asha-gläubiger Frauen, die zu Gunsten des Asha (wahrhaftige Rechtschaffenheit) den Sieg davon getragen haben.

- Yasna 26:4

Alles Hab und Gut und unsere Leiber und den Knochenbau und die Lebenskräfte und die Körper und die Körperkräfte und das Wahrnehmungsvermögen und die Seele und die Fravaschis (Schutzengel) widmen und weihen wir.

- Yasna 55:1

Als besondere Form höherer Intelligenzen, spielen die Fravaschis eine zentrale Rolle im Glauben der Zoroastrier. Aus der Menschenwelt strömen ihnen höchste Verehrung und spirituelle Opfergaben zu. Man kann in ihnen auch die reinste Wesensform sehen, die schon als Vorgänger der Menschheit die Himmelsgefilde unseres Planeten bewohnten.

Die Fravaschis sind zudem Wesenheiten, die die vom Stern Sirius stammenden Seelen auf die Erde führen, wo sie in Körpern geboren, bis ans Ende ihrer Tage leben. Jener Vorgang der Beseelung erfolgt jedoch gemäß eines höheren, kosmischen Plans. Denn die Seelen der Menschen inkarnieren in der materiellen Welt, um das Böse zu bekämpfen. Verstirbt ein Mensch, so kehrt am Ende des vierten Tages die Seele (Urvan) zurück zu ihrem Fravaschi. Er sammelt die Erfahrungen die die Seele in ihrem irdischen Kampf machte. Die Summe dieser Erfahrungen helfen der kommenden Generation von Seelen, die auf Erden diese Verantwortung übernehmen sollen. Damit könnte man sagen, dass im Glauben der Zoroastrier der Fravaschi als hohes Ideal dient, nach dem die Seele des Menschen streben sollte. Ihn nachzuahmen in seinem guten Handeln, wäre vielleicht ein wahrhaft erhabenes Ziel. Denn wenn sie nach dem Tod dorthin zurückkehrt, könnte sie sich mit dem Fravaschi vereinen.

Ein Hymnus an die Schutzengel

Über diese himmlischen Geistwesen lesen wir ausführlich in den Yascht - den avestischen Opferhymnen. Ein ganzes Kapitel des Yascht ist den Fravaschis gewidmet. Man nennt es den »Hymnus an die Schutzengel«. Darin lesen wir über ein besonders kraftvolles Schutzgebet für jene, die sich in großen Schwierigkeiten befinden:

Ahura Mazda sprach zu Spitama Zaratushtra: Wenn in dieser materiellen Welt, O Spitama Zaratushtra, du dich auf heillosen Wegen bewegst, voller Gefahren und Ängste, O Zaratushtra und wenn du dich um dein Leben fürchtest, dann rezitiere diese Worte, dann rufe diese, jeden bösen Geist zerschlagenden Worte: "Ich lobe, ich beschwöre, ich sinne darüber nach und wir opfern den guten, starken, segensvollen Fravaschis der Gläubigen (Schutzengeln). Wir verehren die Fravaschis der Herren der Häuser, jene Herren der Gemeinden, jene Herren der Städte, jene Herren der Reiche, jene der Zarathustrotemas (den Hohepriestern eines Reiches); den Fravaschis der Seienden, den Fravaschis der Gewesenen, den Fravaschis der Kommenden; Allen Fravaschis aller Nationen und den freundlichsten Fravaschis der freundlichen Nationen;

- Yasht 13:20f

Schutzengel im Christentum

Engel sind die himmlisch bestimmten Mittler zwischen Gott und den Menschen. All ihre Handlungen sind vollkommen und ohne Fehl. Das überhaupt macht sie zu Engeln. Die Verehrung dieser himmlischen Wesen begann schon mit dem Entstehen der christlichen Klostertradition. Anstoß zur Verehrung der Schutzengel gab unter anderem der Mystiker Bernhard von Clairvaux (1090-1153). Laut dem Philosophen Thomas von Aquin (1225-1274) gehören die Schutzengel der dritten englischen Hierarchie an: dem Chor der sogenannten »Angeloi«. Über jeden Menschen, gleich ob Christ oder nicht, waltet ein solcher Schutzengel. 

Das Schutzengel im christlichen Glauben eine zentrale Rolle spielen, dass sollen einige Hinweise in der Bibel beweisen. Eine Aufgabe des persönlichen Schutzengels ist, so glauben Christen, die Gebete eines Gläubigen dem Gott zu übermitteln. Auch weisen sie als Führer den Menschen den Weg ins himmlische Königreich. Denn von diesem Weg, so der Glaube, kann aber der Mensch leicht abkommen - denn er ist schmal und auf dem Weg lauern Gefahren. So lange sich der Mensch aber auf edlem Pfade hin zur Heiligkeit bewegt, ist ihm zum Schutz ein Engel zugewiesen.

Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.

- Psalm 91:11f

Nach dem Tod eines Menschen, bringt sein Schutzengel die Seele des Verstorbenen vor Gott. Diese Vorstellung erinnert gewiss auch an Abbildungen aus den Alt-Ägyptischen Pyramidentexte. Darin nämlich wird die menschlich verkörperte Seele, vom geflügelten Falkengott Horus dem höchsten Gott Osiris vorgeführt, nachdem die guten und schlechten Taten ihres Trägers abgewogen wurden.

Ein Schutzengel war es, der den Heiligen St. Petrus aus dem Gefängnis befreite:

Und da ihn Herodes wollte vorstellen, in derselben Nacht schlief Petrus zwischen zwei Kriegsknechten, gebunden mit zwei Ketten, und die Hüter vor der Tür hüteten das Gefängnis. Und siehe, der Engel des Herrn kam daher, und ein Licht schien in dem Gemach; und er schlug Petrus an die Seite und weckte ihn und sprach: Stehe sogleich auf! Und die Ketten fielen ihm von seinen Händen. Und der Engel sprach zu ihm: Gürte dich und tu deine Schuhe an! Und er tat also. Und er sprach zu ihm: Wirf deinen Mantel um dich und folge mir nach! Und er ging hinaus und folgte ihm und wußte nicht, daß ihm wahrhaftig solches geschähe durch den Engel; sondern es deuchte ihn, er sähe ein Gesicht. Sie gingen aber durch die erste und andere Hut und kamen zu der eisernen Tür, welche zur Stadt führt; die tat sich ihnen von selber auf. Und sie traten hinaus und gingen hin eine Gasse lang; und alsobald schied der Engel von ihm. Und da Petrus zu sich selber kam, sprach er: Nun weiß ich wahrhaftig, daß der Herr seinen Engel gesandt hat und mich errettet aus der Hand des Herodes und von allen Warten des jüdischen Volkes.

- Apostelgeschichte 12:6-11

Dieser Geschichte zu Folge kam es, dass Sankt Peters Schutzengel, in der Kunst zur am meisten dargestellen Engelsgestalt wurde – so auch in Raphaels Fresco im römischen Vatikan.

Die Vorstellung eines persönlichen Schutzengels, der jeden Lebendigen behütend durch sein Leben begleitet, war im katholischen Christentum immer von Bedeutung. Als wichtigster Hinweis darauf, gelten die Worte Jesu in Matthäus 18:10:

Seht zu, dass ihr nicht eines dieser Kleinen verachtet! Denn ich sage euch, dass ihre Engel in den Himmeln allezeit das Angesicht meines Vaters schauen, der in den Himmeln ist.

Ein heiliges Fest zu Ehren der Schutzengel pflegten auch die Mönche des Franziskaner-Ordens, seit 1500. Im Jahre 1607 dann, führte Papst Paul V. das Fest zum Gedenken an die Schutzengel ein. Diesen katholischen Festtag begeht man seither am 2. Oktober.

Russische Ikone eines Schutzengels, von V. Meshkov (1904) - ewigeweisheit.de

Russische Ikone eines Schutzengels des Malers V. Meshkov (1904).

Schutzengel im griechisch-orthodoxen Glauben

In den Ostkirchen lehrt man, dass der Schutzengel eines jeden Menschen sich vor dem Angesicht Gottes befindet. Nicht nur ist da ein Schutzengel ein guter Freund des Menschen, sein Beschützer und Bewahrer. Gott selbst scheint in jedem Engel wieder, so dass jeder Schutzengel das Urbild eines jeden Menschen bildet. Damit sind unsere Schutzengel unsere spirituellen Freunde.

Doch nicht allein Menschen, sondern auch die Elemente, Orte, ganze Gesellschaften und Völker sind den hütenden Geistwesenheiten der englischen Himmelsränge von Gott anvertraut. Den Elementen über die sie wachen, strömt die geistige Essenz ihrer heiligen Genialität zu. So soll es möglich sein, mit ihnen Verbindung aufzunehmen, um ihr heiliges Wirken zu empfangen.

Hierfür gibt es im griechisch-orthodoxen Glauben ein Gebet:

O Engel Christi, heiliger Hüter und Beschützer meiner Seele und meines Leibes: vergib mir alle Sünden die ich heute beging. Befreie mich von der List des Gegners (Teufel), so dass ich Gott nicht durch sündhaftes Handeln verärgere. Bete für mich frevlerischen und unwürdigen Diener, dass Du mich würdig darstelltest, der Güte und Gnade der allheiligen Trinität und der Mutter meines Herrn Jesus Christus, wie auch allen Heiligen. Amen.

Die heiligen Schutzengel im Islam

Es gibt in der islamischen Tradition die Vorstellung von den zwei Kiraman Katibin – den ehrwürdigen, englischen Schreibern. Wir werden zwar noch sehen, dass sie gemeinsam mit zwei anderen Engeln über die Bestimmung eines Menschen walten, doch ist ihre Rolle gewiss mit denen der Schutzengel zu vergleichen.

Ihre Namen sind Raqib und Atid. Sie verzeichnen in einer verborgenen Liste alle Taten einer Person, ihre Gedanken und Gefühle. Diese Liste wird dann nach dem Ableben eines Menschen, so die islamische Geheimlehre, dem allmächtigen Allah vorgelegt. Am Tag des Jüngsten Gerichts konfrontieren diese Engel jede Person mit der Liste ihrer Taten. Anhand dessen wird dann entschieden, ob einer nach Dschannah, ins Paradies, oder nach Dschahannam, in die Hölle gesendet wird.

Abbildung eines Engels im persischen Königsbuch Schahname - ewigeweisheit.de

Abbildung eines Engels im persischen Königsbuch Schahname aus dem 16. Jhd.

Auch der Koran verweist auf diese beiden Engel:

Wir haben den Menschen ja erschaffen und wissen, was ihm seine Seele alles einflüstert, und wir sind ihm doch näher als seine Halsschlagader, wo die beiden Empfänger (Raqib und Atid) aufzeichnen, zur Rechten und zur Linken sitzend. Kein Wort äußert er, ohne dass bei ihm ein Beobachter bereit wäre.

- Sure 50:16-18

Über euch sind wahrlich Hüter eingesetzt, edle, die aufschreiben und die wissen was ihr tut.

- Sure 82:10-12

So also ist die Aufgabe der Kiraman Katibin, Raqib und Atid, täglich jede Handlung, jeden Gedanken und jedes Gefühl einer Person aufzuzeichnen. Der eine sitzt auf der rechten, der andere auf der linken Schulter. Der rechte Engel zeichnet die guten Taten auf, der linke Engel die schlechten. Am Ende jeden islamischen Gebets aber, grüßt der Gläubige beide Engel, indem er seinen Kopf zu erst nach rechts und dann nach links wendet, wobei er jeweils die Worte spricht:

Salaam aleykum wa rahmetullah.
Friede sei mit Dir und Gottes Segen.

Es heißt nun, dass die schlechten Taten mit einer Zeitverzögerung von sechs Stunden in jene verborgene Listen der beiden Engel eingetragen werden. Wenn ein Muslim darum innerhalb dieser Zeit etwa eine begangene Sünde erkennt und auch bereut, dann landet diese Tat nicht auf seinem Sündenkonto. Außerdem soll es auch möglich sein, jenes Sündenkonto durch gute Taten auszugleichen. Wer aber entscheidet darüber, was gute und was schlechte Taten sind, als nur alleine der allmächtige Allah? Dennoch glaubt man im Islam, dass gute Taten neunfach mehr gewertet werden, als schlechte Taten.

Die beiden Al-Muaqqibat

Neben den Kiraman Katibin, den englischen Schreibern – nach denen sich, wie wir gesehen haben, durch des Menschen Handeln sein Schicksal rechnet – gibt es noch zwei weitere Engel. Sie sind ausschließlich zum Schutze eines Individuums erkoren. Ihr arabischer Name »Al-Muaggibat« heißt wörtlich: »jene, die aufeinander folgen«. Einer nämlich bewegt sich vor einem Menschen her, der andere schützt seinen Rücken.

Er hat Beschützer vor und hinter sich; sie behüten ihn auf Allahs Geheiß […]

- Sure 13:11

Und Er (Allah) ist es, der alle Macht über seine Diener hat, und Er sendet über euch Wächter, bis endlich, wenn der Tod an einen von euch herantritt, Unsere Boten seine Seele dahinnehmen; und sie vernachläßigen nichts.

- Sure 6:61

Jene beiden Engel schützen einen Menschen vor Schaden und den Einflüsterungen des Sheitans und seiner üblen Jinnen. Es heißt gemäß islamischer Tradition, dass jedem Wesen das lebt, schläft, gestorben oder auferstanden, ein Schutzengel zugewiesen ist. Der islamische Prophet Mohammed (as) sagte, jedem Menschen seien von Allah sogar zehn Schutzengel zugewiesen.

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