Leben wir gerade in sehr turbulenten Zeiten? Oder war die Welt schon immer wild? Zumindest kann noch keiner genau sagen: Wohin werden uns die Entwicklungen moderner Technologie führen? Ebenso unklar die politische Richtung, der das globale Weltgeschehen zustrebt. Doch auch morgen wird sich unser Planet unaufhaltsam durch den Kosmos drehen und die Sonne wohl im Osten aufgehen.
Bei allen Befürchtungen und Ängsten weiß nicht, welche großartigen Vorteile uns die Zukunft bescheren wird. Gestalten wir nicht sogar selbst die Zukunft – wir alle zusammen?
Die große Flut an moderner Technologie, die man als „vierte industrielle Revolution“ bezeichnet, bringt unvorhersehbare Veränderungen. Niemand kann heute sagen wohin diese Entwicklung bis 2029 steuert. Nie war deutlicher: das äußere Leben ist von Unsicherheit geprägt!
Am Leben teilzunehmen
In unserer Zeit sehen die meisten Menschen ihr Leben getrennt von sich, so als spielte es sich vor ihnen ab. Freiheit bedeutet für sie, sich zu dem in Bezug zu setzen, was sich um sie herum abspielt: Negatives wie Positives. Sie nehmen an etwas Teil, sind wie Zuschauer die ihr Leben auf einer Filmleinwand anschauen. Der größte Teil der Menschen in den Industrienationen fühlt den Lebensstrom darum nur als passiver Beobachter. Daher glauben die meisten Menschen, dass sie auf die Gunst des Schicksals angewiesen sind.
Es gibt aber auch welche für die das Leben wie ein Fluss aus ihnen heraus sich in die Welt ergießt. Solche Menschen wissen, dass sie die Ursachen für die Gestaltung ihres Lebens selbst gestalten.
Wer am Leben einfach nur teilnimmt, versucht sich am Kreislauf der Wiederholungen festzuhalten. Was einschätzbar ist suggeriert Sicherheit und gibt Halt. Was nicht abschätzbar ist macht Angst. Entsprechend klein ist die Motivation das Leben neu zu gestalten. Der Glaube das sich das Leben verändert fällt proportional zum Wunsch nach Normalität, da man glaubt das Leben entfalte sich unabhängig vom Selbst.
Auch wenn die ewige Wiederholung Sicherheit suggeriert, entsteht viel Langweile und Frustration. Dafür sollen Ersatzbefriedigungen herhalten und im Denken ein Gefühl der Freiheit entstehen lassen – denn der Trott ist nichts als Unfreiheit. So entwickelt man Kaufsüchte, isst mehr als nötig, versuchen sich zu Vergnügen, durch übermäßigen Sex, Spiele oder Räusche. Auch Sport oder Bücher sind als Ersatzbefriedigung problematisch. Ist aber das Vergnügen nicht ein Ver-Genügen – ein sich Abfinden mit dem was man nicht hat, aus Angst vor der eigentlichen Unsicherheit im Leben? Sind Angst und Vergnügen vielleicht sogar die beiden Seiten der selben Münze?
Ersatzbefriedigungen täuschen uns darüber hinweg, dass das Leben sich einfach nur abwickelt, bis das Ende der „Lebensschnur“ sich von der Spule des Seins gelöst hat und man stirbt. Was aber hat man hinterlassen?
Wie uns buddhistische Weise lehren, öffnet die Suche nach Befriedigung durch Vergnügen, das Tor zu allem Jammer und Elend in der Welt. Doch davon haben wir bereits mehr als wir bewältigen können.
Sicherheit um jeden Preis
Die meisten von uns versuchen sich viele Sicherheiten im Leben zu verschaffen: durch einen sicheren Job, durch eine Lebensversicherung, durch einen sicheren Partner, durch sichere Freunde. Doch der Kreis all dieser Sicherheiten, in dem sich ihr ganzes Leben dreht wird immer enger – und Enge erzeugt Frustration und Angst (= indogermanisch angh: „das, was zur Enge gehört“).
Da wir in unsicheren Zeiten leben, haben immer mehr Menschen Angst und leiden an Depressionen, fühlen sich niedergeschlagen, hilflos. Es ist aber auch die Angst davor, den Trott der sicheren Gewohnheit zu durchbrechen. Das ist kein Vorwurf! Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier. Was für den einen unmöglich wäre, erträgt ein anderer scheinbar problemlos – denn er hat sich wohl an seine Situation gewöhnt. Einer arbeitet unter sehr unerfreulichen Bedingungen, ein anderer hat sich abgefunden mit der Abhängigkeit von fremder Hilfe. In beiden Fällen aber fehlt etwas. Man verweigert sich der Veränderung dessen was ist – fühlt sich schlimmstenfalls als Opfer und den Launen des Lebens ausgeliefert.
Manchmal aber geschieht Unvorhersehbares. Besonders Unangenehmes schafft Ärger oder Angst. Ist Gewohnheit aber nicht eine Zivilisationskrankheit? Bevor die Menschen begannen Ackerbau und Viehzucht zu betreiben, lebten sie als Nomaden. Jeder Tag war anders. Wahrscheinlich aber ging es den Menschen sogar besser, bevor sich die landwirtschaftliche Revolution vor etwa 12.000 Jahren ereignete. Das vermuten heute immer mehr Wissenschaftler. Archäologische Funde beweisen, dass die alten Menschen viel stärkere Knochen und auch bessere Zähne besaßen. Das ist auf die Aufnahme von mehr Sonnenlicht zurückzuführen, was natürlich derjenige unterlässt, der sich die meiste Zeit in geschlossenen Räumen aufhält. Ist die Menge an aufgenommenem Sonnenlicht nur gering, wirkt sich das nachteilig auf unsere Gesundheit aus (Stichwort Vitamin-D: diese körpereigene Substanz wirkt als Krebshemmer und wird über die Haut, durch das UV-Licht der Sonne auf natürliche Weise im Körper erzeugt).
Auf der Suche nach neuen Ideen
Es gibt Familien der edelsten Geister. Jeder kann auswählen in welche er aufgenommen werden will. Es gibt viele positive Vorbilder und ausreichend Inspirationen in unserer Welt.
Wenn wir bereit sind aus der passiven Lebenshaltung auszusteigen und nach neuen Ideen zu suchen, können wir tatsächlich unser Leben bereichern. Es ist eine Einstellungssache. Alles was sich in unserem Leben ereignet können wir als Hinweis annehmen. Besonders unangenehme Lebensumstände sind Warnzeichen: „Du sollst Dich verändern!“ Wer immer versucht die Widrigkeiten des Lebens abzuwehren, der schwächt sich. Wer die Energie der Widerstände aber als Antrieb zur Veränderung verwendet, stärkt seinen Lebensfortschritt.
Doch nichts überstürzen: nur ein ruhiges Herz ist stark, ein ruhiger Geist vermögend. Man sollte ganz mäßig ein stilles Gemüt entwickeln und immer aus dieser Stille heraus handelnd, Entscheidungen treffen. Alle Weisheitslehren der Welt sprechen davon. Wer aus der Ruhe heraus handelt schafft Veränderung, bewirkt Wunder und Heilung.
Hindernisse auf dem täglichen Lebensweg
Alle Hindernisse auf dem Lebensweg sind Prüfungen. Ist es nicht so, dass wir stärker, schlauer und weiser sind, wenn wir ein schwieriges Problem gelöst, eine Herausforderung bewältigt haben?
Veränderung aber ist schmerzhaft, fordert Opferbereitschaft. Wer dem gegenüber aufgeschlossen ist der erzeugt in sich neue Sichtweisen, sieht das Leben in einem anderen Licht. Auch die Träume verändern sich. In Träumen können wir alles sein und alles tun. Und je mehr wir uns in unseren Träumen befreien, desto stärker wird sich diese Freiheit auch in unserem realen Leben manifestieren.
Es gilt also Gewohnheiten zu brechen. Man muss keine Revolution auslösen. Doch war es nicht immer so, dass diejenigen Menschen, die trotz aller Widerstände weitergingen – im übertragenen, wie im tatsächlichen Sinne – manchmal auch Gesetzesbrecher waren? Man denke nur an die Ereignisse vor 2000 Jahren in Palästina. Da war ein „Menschensohn“ der das Gesetz – die Tora – gebrochen und damit aber gleichzeitig erfüllt hatte. Damit wurde ein ganz neues Zeitalter eingeleitet. Doch genau hier liegt der Knackpunkt: wer versucht die Errungenschaften anderer zu verwirklichen, ohne in sich die selbe Veränderung errungen zu haben, bringt nur Unheil über seine Mitmenschen. Das hat uns die Geschichte immer wieder gezeigt und viele Religionsgegner auf den Plan gerufen.
Es hilft also keineswegs unsere Vorbilder nur zu imitieren. Wer sein Schicksal selbst in die Hand nehmen möchte, der muss wagen: er muss sich aus der vermeintlichen Sicherheit im Außen lösen. Es gibt einfach keine Sicherheit in dieser Welt – doch es gibt jede Menge Chancen und Gelegenheiten!
Wer erkannt hat, dass es im Zyklus unseres Lebens keine Sicherheit gibt, der kann sich aus der Gewalt der Angst befreien. Es ist jedoch ein Irrglaube, dass irgendein Mensch auf dieser Welt ohne Ängste sei. Wer seine Angst überwindet und etwas wagt, dass er noch nie getan hat, der wird sich davor in Zukunft natürlich nicht mehr fürchten. Wer sich aber beständig verändern will, der wird auch immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert, die ihn verunsichern, zuweilen ängstigen. Doch wer wagt, dem fließt Hilfe aus der universalen Quelle des Lebens zu. Man denke an all die Heldinnen und Helden der Geschichte, die das Unmögliche gewagt haben. Sie waren es die die Welt verbesserten und damit zum Wohle aller Menschen beitrugen.
Titelbild: Landschaft mit Seiltänzer, Gemälde von Joachim Kupke, Quelle: http://bit.ly/2kf2gop