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Die Hüter der spirituellen Hierarchie

In den sogenannten Mahatma-Briefen, die Ende des 19. Jahrhunderts in den Kreisen um die Theosophin Helena P. Blavatsky auftauchten, traf man auf ein recht ungewöhnliches Wort: “Chohan”. Damit beschrieb Blavatsky einen Meister, dessen Wirken sich jenseits allgemeiner Vorstellungen dieses Begriffes entfaltet. Und solch Chohan bezeichnet einen Adepten.

Sehr wahrscheinlich spielte Blavatsky damit auf etwas an, dass in Fernost als so Titel wie “Khagan”, “Kahan” oder “Kağan” verwendet wird, um einen hoch erhabenen Würdenträger zu bezeichnen, der vielleicht auch als eine Art Kaisertitel Verwendung fand (man denke etwa an den Namen des “Dschinghis Khan”). Im Mongolischen und den alten Turksprachen gibt es einen Laut, der im modernen Türkisch heute als ğ geschrieben und fast nicht hörbar als Gleitlaut ausgesprochen wird, so dass aus dem oben angeführten “Kağan” ein “Ka’an”, und woraus letztendlich ein “Kaan” oder “Khan” wurde.

Viele Briefe der Mahatmas richteten sich auf jeden Fall in dieser Zeit an verschiedene Theosophen. Im 18. Brief findet sich das Wort als “Cho-Khan”, dass sich vermutlich aus zwei anderen Begriffen zusammensetzt, nämlich dem tibetischen “chos”, das ins Sanskrit übersetzt “Dharma” heißt: Die “Lehre” oder das “Gesetz”. So wurde das mongolische “Khan” zu dem, was im Wort “Chohan” mitanklingt, so dass aus letzterem sich die Bedeutung eines “Herrn des Dharma” übersetzen ließe, der, im Kontext der Theosophie, als Vorgesetzter der Meister (Maharmas) der Großen Weißen Loge gilt, die bis heute aus dem verborgenen Reich von Shambhala auf die Geschicke der Menschheit Einfluss nehmen soll.

Solch ein Adept der Großen Weißen Loge aber ist jemand, der in seinem evolutionären Zustand, dem des Menschen übergeordnet handelt, doch allerdings zum Nutzen aller auf Erden lebenden Wesen. In den Mahatma-Briefen lesen wir dazu:

Es gibt Männer, die zu solch mächtigen Wesen werden, es gibt Männer unter uns, die während der restlichen Runden unsterblich werden und dann ihren festgelegten Platz unter den höchsten Chohans, den planetarisch bewussten ‘Ego-Geistern’, einnehmen.

– Mahatma-Briefe Nr. 70c, S. 12

Man spricht bei den Chohans auch von Adepten, die sehr erhabene Ämter in der spirituellen Hierarchie innehaben.

Die Maha-Chohans und der Solare Logos

Der britische Priester und Theosoph Charles Webster Leadbeater (1847-1934) war es, der als Erster versuchte die durch verschiedene Medien empfangenen und auch in traditionellen Überlieferungen gefundenen Anhaltspunkte über jene Chohans hierarchisch zu gliedern, wie etwa in seinem 1925 erschienen Buch “Die Meister und der Pfad” (Originaltitel “The Masters and the Path”).

Leadbeater erwähnt da zunächst den Solaren Logos, der sich in drei Aspekten erkennen lässt: Dem universalen Willen, der universalen Weisheit und dem universellen Tun.

Universaler Wille

Laut Leadbeater verkörpert den Willen des solaren Logos der, den man den “Herrn der Erde” nennt (andere, wie etwa der französische Traditionalist René Guènon, sprechen vom “König der Welt”), namens Sanat Kumara, wie auch der Manu (der Stammvater der Menschheit), Sohn des Sonnengottes Vivasvat und Bruder des Totengottes Yama. In einer Linie mit diesen beiden Chohans steht auch der “Mahatma Morya” der Theosophen.

Universale Weisheit

Aus dem solaren Logos strömt der Aspekt der Weisheit als Verkörperung des Siddharta Gautama, des allbekannten Buddha. Ein anderer Weltlehrer, der aber erst wiederkehren soll, nennt die Theosophie “Maitreya“. In seiner Linie steht auch ein anderer wichtiger Meister, der ebenso wie Morya von Bedeutung war, im Werk Helena P. Blavatskys: “Mahatma Kuthumi“.

Universales Tun

Vom dritten Aspekt des solaren Logos, dem Tun, wird auf unser Handeln auf Erden Einfluss geübt und dem Leadbeater die sogenannten “Maha Chohans” zuordnete, darunter Serapis Bey, Hilarion, Jesus und Saint-Germain.

Das erste Wort “Maha” ist aus dem indischen Sanskrit und bedeutet soviel wie “groß”, im Sinne einer bedeutenden Sache. Maha Chohan ist damit der Hinweis auf einen mächtigen Chohan, einen, der schon seit Urgedenken der Menschheit als höheres Wesen seine Dienste erweist, einer der durch seine Großtaten auf die Geschicke unserer Erd-Zivilisation Einfluss nimmt.

Wenn wir an anderer Stelle sprachen von den Mahatmas Morya oder Kuthumi, ist ein Maha Chohan auch diesen überlegen, ist das Oberhaupt einer ganzen spirituellen Hierarchie der Geheimnisse. In einem der Mahatma-Briefe an den Mitbegründer der Theosophischen Gesellschaft, Henry Steel Olcott (1832-1907), bezeichnete Kuthumi den Maha Chohan als einen Meister, dem, so wörtlich

die Zukunft wie eine offene Seite liegt

– Aus C. Jinarajadasa, 16. Brief der Meister der Weisheit

In Kreisen moderner Theosophen heißt es außerdem, dass der Maha Chohan einen tatsächlichen Einfluss darauf hatte, das es überhaupt zur Gründung der Theosophischen Gesellschaft durch Helena P. Blavatsky kam. In seinem Auftrag nämlich kommunizierte Meister Kuthumi mit den Theosophen Allan Octavian Hume (1829-1912) und Alfred Percy Sinnet (1840-1921). Sinnet erhielt viele Briefe von den beiden Meistern Kuthumi und Morya, die zusammen, in dem für die Theosophie bis heute so wichtigen Werk “Die Mahatma-Briefe an A. P. Sinnett”, im Jahre 1926 in London veröffentlicht wurden.

Der Brief des Maha Chohans

Wie es aber scheint, gibt es viele Chohans, die sich voneinander nur unterscheiden nach dem Grad ihrer Einweihung. Sie alle aber sind Teil einer esoterischen Bruderschaft die auf der Erde aus dem Verborgenen heraus wirkt. Es heißt, sie hielten sich im Transhimalaya auf, einer Gebirgskette im südlichen Tibet. Es ist das wohl auch die Region, wo manche das Königreich von Shambhala vermuten. Es heißt über manche dieser Chohans, sie hätten bereits vor 2.500 Jahren in Nordindien gelebt, als direkte Jünger des erleuchteten Buddha Siddhartha Gautama.

Der Maha-Chohan aber war, wie oben bereits erläutert, Teil des großen hiearchischen Dreiecks des solaren Logos, wo er Seite and Seite mit dem Manu und dem Christus auf das spirituelle Geschehen der Erde wirkt. Das erfolgte etwa durch einen um 1881 entstandenen Brief, den A. P. Sinnet über Mahatma Kuthumi empfing. Es handelt sich dabei um eine Zusammenfassung Kuthumis dessen, was er mit dem Maha Chohan, in einer Art Interview besprach. Fragt sich natürlich, wieso sich der Maha Chohan über Mahatma Kuthumi ausgerechnet an Sinnet und Hume gerichtet hatte? Denn beiden Herren waren weder Geisteswissenschaftler, noch hatten sie Besonderes für die philosophische Geisteswelt getan. Alfred Percy Sinnet war Journalist und Allan Octavian Hume ein Beamter in Britisch Indien. Der einzige Grund, dass der Maha Chohan ausgerechnet diese beiden für ihr außergewöhnliches Amt erwählte, beruhte wohl auf der Tatsache, dass sich beide in Indien aufhielten und die westliche Welt weit besser kannten, als die Mahatmas selbst. Erst durch ihr Wirken nämlich sollte zu uns das gelangen, was den meisten heute fast selbstverständlich erscheinen mag: Die Wissenschaft der inneren Geheimnisse unserer Welt, kurz, die “Esoterik”, kam über sie zuerst nach Europa und in die Vereinigten Staaten.

Die Gründung der Theosophischen Gesellschaft erfolgte also nicht aus reiner Eitelkeit, sondern war von den Meistern der Weisheit, den Mahatmas, den Chohans beabsichtigt. Was sie den Menschen vermitteln wollten, war das Bewusstsein für eine Bruderschaft, die sich jenseits alles Religiösen befindet.

Ein spirituelles Erwachen

Bis heute scheint das, was die Mahatmas beabsichtigt hatten, sich zu etwas entwickelt zu haben, dass dem wissenschaftlich geprägten Beobachter vorkommen mag, als sei es nicht viel mehr als nur “Okkultismus-Ramsch”. Doch selbst das würde seinen Zweck erfüllen, denn wie bereits zu allen Zeiten in unserer Zivilisation des Kali-Yuga (dem “Dunklen Zeitalter”), hatten nur Eingeweihte Zugang zu esoterischem Wissen. Gut möglich darum, dass sich die Welt des Profanen darum, wenn ihre Mitglieder mit der Welt der Esoterik in Berührung kommen, an Wahrsagerinnen, Buddha-Schlüsselanhänger oder Räucherstäbchen erinnert, als für den wahren Kern okkulter Lehren empfänglich zu sein.

Wieso auch sollte jemand die Kraft, die im Wirken der Theosophischen Gesellschaft damals lag, einfach an Unwissende verschwenden? Die Lehren der Adepten des Transhimalaya hätten ihren Nutzen verfehlt und wären auf europäischem Boden einfach versickert. Das wohl war der Beweggrund, dass der Maha Chohan wissentlich Sinnet und Hume erwählte, da sie das von ihm empfangene Wissen keineswegs wissenschaftlich einschätzen würden, bevor sie es in irgendeiner Form hätten auswerten können. Ihr wahres Werk, war das eines Theosophen, der das spirituelle Erwachen fördert. Nicht nur wurden sie von den Chohans in ihrem Werk unterwiesen, sondern leiteten, wegen ihrer Kenntnis des Weltlichen, ihrerseits die Chohans dabei an, ihren Wunsch zum Erfolg zu bringen: Die Gründung der Theosophischen Gesellschaft, im Dienste der Menschheit.

Dem Maha Chohan jedoch war der von Sinnet und Hume dabei entwickelte Enthusiasmus, der manchmal gar einem Aktionismus glich, ab einem gewissen Grad wohl auch eigenartig erschienen. So nämlich kam es, dass Mahatma Morya in seinem Namen an A. P. Sinnet schrieb:

Einige Tage bevor Mahatma Kuthumi sich von uns verabschiedete, sprach er von Ihnen, in dem Wortlaut “Es machen mich diese niemals enden wollenden Diskussionen müde, ermatten mich. Je mehr ich beiden von ihnen zu erklären versuche, die Umstände denen wir ausgesetzt sind und die sich zwischen uns stellen, so viele Hindernisse im freien Umgang, desto weniger verstehen sie mich! Selbst unter den besten Voraussetzungen, bleibt dieser Schriftkontakt immer unbefriedigend, manchmal sogar ärgerlich.”

– The Mahatma Letters to A. P. Sinnett, Letter XXIX.

Was der Maha Chohan die andere Seite wissen ließ, war die grundsätzliche Schwäche jener Akteure, die sich für die wahren “Diener der Menschheit” hielten. Zu ihrem Wirken entwickelte sich eine gewisse Selbstsucht, mit der sie versuchten ihre Handlungen zur Erreichung ihrer Plämne auszuführen, während sie dabei dachten unheimlich altruistisch daher zu kommen. Was der Maha Chohan in solch Auftreten von Sinnet oder Hume aber diagnostizierte war die Tatsache, dass:

Wir alle unser Ego ablegen müssen, dass sich anscheinend versucht als unser Selbst auszugeben, um unser wahres Selbst in einem transzendentalen göttlichen Leben zu erkennen. Wären wir hingegen nicht so in uns selbst vernarrt, müssten wir uns darum bemühen diese Wahrheit zu erkennen, damit auch sie die Wirklichkeit ihres transzendentalen Selbst erkennen können: Dem Buddha(-Bewusstsein), dem Christus(-Bewusstsein) oder den Gott eines jeden Predigers.

Dieses Selbst aber, das jeder Mensch in sich trägt, hat Risse und Sprünge, die ihm im Kreisen des Rad ihres Karma zugefügt wurden. Sobald wir die Vorstellung von unserem Selbst aus unseren Träumen und unserem Wirken entlassen, und damit beginnen dem Großen Selbst zu dienen – ganz gleich ob man es nun als Gott oder mit der Menschheit identifiziert -, ohne dafür einen Lohn in dieser oder “der kommenden Welt” zu erwarten, schaffen wir es unser Bewusstsein zu erheben, in die Ränge der oben erwähnten Dreiheit des solaren Logos. Erst wenn man die hochmütige Haltung in seinem Dienen aufgelöst hat, wird man tatsächlich so weit gekommen sein.

Gibt es eine großherzigere Haltung, ein ehrlicheres Bekenntnis, als ein solches, dass sich aus unserem Karma erhebt, um die Gelegenheit zu ergreifen, unser Ich fallen zu lassen, in dieser Arbeit an der Menschheit, in diesem Wirken im Namen der höchsten göttlichen Hierarchien?

 

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