Dante trifft auf Vergil. Illustration von Gustave Doré (1832-1883) – ewigeweisheit.de

Dantes Göttliche Komödie: Das Inferno und die neun Kreise der Hölle

Dante beschrieb den Ort der Hölle im Innern der Erde. Trichterförmig soll sie dort, mit der Spitze zum Erdmittelpunkt hin abfallen, wobei ihre Tiefe identisch ist mit dem Radius der Erde. Neun steile Terrassen verengen sich, hin zum irdischen Zentrum. Luzifer riss sie in die Erde, als ihn der Erzengel Michael auf die Erde stürzte. Auf diesen höllischen Ebenen, trachtet er nun als Satan den Sündern nach ihrem Unheil, dass Ihnen dort auf grauenhafte Art widerfährt.

Dantes Reise beginnt an Karfreitag des Jahres 1300, als er sich mit 35 Jahren etwa in der Mitte seines Lebens befindet. Da kam er ab vom Pfad wahrer Tugend und verirrte sich in die Dunkelheit:

Auf halbem Weg des Menschenlebens fand
Ich mich in einen finstern Wald verschlagen,
Weil ich vom graden Weg mich abgewandt.

Wie schwer ist’s doch, von diesem Wald zu sagen,
Wie wild, rauh, dicht er war, voll Angst und Not;
Schon der Gedanke erneuert noch mein Zagen.

Nur wenig bitterer ist selbst der Tod;
Doch um vom Heil, das ich drin fand, zu kunden,
Sag ich, was sonst sich dort den Blicken bot.

– Inferno 1:1-9

Mit diesen Zeilen beginnt der erste Gesang der Göttlichen Komödie.

Bald begegnen ihm drei Tiere: Ein Panther, ein Löwe und eine Wölfin – Symbole für Sinnenlust, Hochmut und Habgier. Die Wölfin treibt Dante immer tiefer in ein dunkles Tal, wo er dann seinen Führer durch das Jenseits trifft: den alten römischen Dichter Vergil (70-19 v. Chr.). Der gegleitet den Reisenden durch die Nacht der Hölle und durchs Fegefeuer, hinauf am Läuterungsberg bis zum Dämmerlicht des Paradieses.

Dante trifft auf Vergil. Illustration von Gustave Doré (1832-1883) – ewigeweisheit.de

Dante begenet Vergil, seinem Führer durchs Jenseits. Illustration von Gustave Doré (1832-1883).

Indessen ich zur Tiefe stürzte im Fliehn,
Da zeigte meinem Blicke dort sich Einer,
Der durch zu langes Schweigen heiser schien.

»Wer du auch seist,« so rief ich, als ich seiner
Gewahrt in großer Wüste, »nenne ich dich
Mensch oder Schatten, – o erbarm dich meiner!«

Und jener sprach: »Nicht bin, doch Mensch war ich;
Lombarden waren die, so mich erzeugten,
Und beide priesen Mantuaner sich.

Spät, als die Römer sich dem Julius beugten,
Sah ich das Licht, sah des Augustus Thron,
Zur Zeit der Götter, jener Trugerzeugten.

Ich war Poet und sang Anchises Sohn,
Der Troja floh, besiegt durch Feindestücke,
Als, einst so stolz, in Staub sank Ilion.

Und du – du kehrst zu solchem Gram zurück?
Was bleibt die freudige Höhe nicht dein Ziel,
Die Anfang ist und Grund zum vollen Glücke?«

»So bist du«, rief ich, »bist du der Virgil,
Der Quell, dem reich der Rede Strom entflossen?«
Ich sprach’s mit Scham, die meine Stirn befiel.

»O Ehre und Licht der andern Kunstgenossen,
Vergilt jetzt große Liebe und langen Fleiß,
Die meinem Forschen dein Gedicht erschlossen.

Mein Meister, Vorbild! dir gebührt der Preis,
Den ich durch schönen Stil davongetragen,
Denn dir entnahm ich, was ich kann und weiß.«

– Inferno 1:61-87

Als ungetauftem Heiden war Vergil die Erlösung verwehrt, da er ja in vorchristlicher Zeit gelebt hatte. Und so blieb er später in den Gefilden der Erde zurück.

Wenig später verlassen Dante und Vergil den dunklen Wald. Da begegnet Dante der schönen Beatrice, seiner verehrten Jugendliebe, die viel zu früh verstarb. Die Heilige Mutter Maria entsandte sie zu Vergil, der nun ja Dante bis an die Pforten des Paradieses geleiten soll. Von Beatrice wird er dann von dort aus bis in die höchsten Höhen der Göttlichen Welt geleitet.

Charon, Fährmann der Unterwelt – ewigeweisheit.de

Charon, Fährmann der Unterwelt. Illustration von Gustave Doré.

Auf dem schwarzen Fluss ans Tor zur Hölle

Charon – ein Fährmann der Unterwelt – setzt Dante und Vergil über den schwarzen Fluss Archeron, dessen Ufer die Grenze zur Hölle formen. Auf der anderen Seite betritt Dante nun, als Lebender, das Totenreich.

Erster Höllenkreis

Vor Dante und seinem Führer Vergil breitet sich ein dunkles, nebelverhangenes Tal aus: die Vorhölle. Hier sitzen die »Tugendhaften Heiden«, schuldlose Seelen, denen nur der christliche Glaube zur Vollkommenheit fehlte. Auch die Seelen ungetauft gestorbener Kinder, weilen dort.

Zweiter Höllenkreis

Hier büßen alle, die der Sturmwind der Leidenschaften mitgerissen hatte. Es ist der Ort wo die Wollüstigen wegen ihrer Sünden leiden.

Da hört man Wehgeheul und Klagewort,
Wenn sie sich nahen des Abgrunds Felsenküsten,
Und Flüche und Lästerungen schallen dort.

Dass Fleisches-Sünder dies erdulden müssten,
Vernahm ich, die, verlockt vom Sinnentrug,
Einst unterwarfen die Vernunft den Lüsten.

– Inferno 5:34-37

Ihren Schmerz in sich fühlend, besinnungslos und schockiert, bricht Dante hier zusammen.

Dritter Höllenkreis

Hier wälzen sich im eisigen Schlamm unzählige Schattenleiber, die jenen Toten gehören, die einst der Gier verfallen waren. Es ist der Ort der Schlemmer, wo ihnen ebenbürtig, doch überlegen, sie der gefräßige Höllenhund Cerberus zähnefletschend bedroht:

Der Gott Plutus, ein Ebenbild Satans – ewigeweisheit.de

Der Gott Plutus – Anbeter Satans. Illustration von Gustave Doré.

Schwarz, feucht der Bart, die Augen rote Höhlen,
Mit weitem Bauch, die Tatzen scharf beklaut,
Viertheilt, zerkratzt und schindet er die Seelen.

Sie heulen, wie die Hunde, im Regen laut,
Und sie verschaffen sich durch öfteres Drehen
Auf einer Seite mindestens trockne Haut.

Der große Höllenwurm, der uns ersehen,
Riss auf die Rachen, zeigte uns ihr Gebiss,
Und ließ kein Glied am Leibe stille stehen.

– Inferno 6:16-24

Vierter Höllenkreis

Aleph, Pape Satan, Pape Satan!
Erhob nun Plutus seine rauhe Stimme.
Und er, der alles wohl verstand, begann

»Getrost, nicht fürchte dich vor seinem Grimme,
Durch alle seine Macht wird’s nicht verwehrt,
Dass ich mit dir den Felsen niederklimme.«

Und dann, zu dem geschwollnen Mund gekehrt, Rief er:
»Wolf, schweige, du Vermaledeiter!
Von deiner Wut sei in dir selbst verzehrt!

Wir gehen nicht ohne Grund zur Tiefe weiter,
Dort will man’s, dort, wo einst des Stolzes Schmach
Gezüchtigt Michael, der Himmelsstreiter.«

– Inferno 7:1-12

Auf dem Unterweltsfluss Styx – ewigeweisheit.de

Auf dem Unterweltsfluss Styx, am Rande zur unteren Hölle. Illustration von Gustave Doré.

Hier hindert der Gott der Reichtums, Plutus, zunächt Vergil und Dante daran, am Eingang weiter zu gehen. Geizige und Verschwender halten sich dort auf. Die einen tragen schwere Lasten, die anderen werfen alles von sich. Hier kommen ihnen die eigenen Leidenschaften als Spiegelbilder entgegen: Die Geizigen sehen, was sie mit ihrem Geiz anrichteten, als Verschwender. Die Verschwender aber sehen ihre Eigenschaften als Gegenbild des Geizigen.

Doch als sie noch lebten, war ihr Treiben auf Erden vergeblich, denn nicht beruhte es auf Gottes Vorsehung, sondern ereignete sich nur als eitles Spiel Fortunas, der Göttin des Zufalls.

Nie haben Stillstand ihre Wechselstreiche;
So macht sie, von Notwendigkeit gejagt,
Aus Reichen Arme, dann aus Armen Reiche.

Sie ist’s, die ihr an’s Kreuz oft wütend schlagt,
Von der ihr oft, wenn ihr, anstatt zu schmollen,
Sie loben solltet, fälschlich Böses sagt.

Doch sie, die Selige, hört nicht euer Grollen;
In andrer Erstgeschaffenen Seligkeit
Lässt sie, nichts achtend, ihre Sphäre rollen.

– Inferno 7:88-96

Fünfter Höllenkreis

Im stinkenden Sumpf des Unterweltflusses Styx büßen die Seelen der Jähzornigen und Verdrossenen. Über diesen Fluss führt sie der Fährmann Phlegyas, und setzt Dante und Vergil ab vor dem Tor der unteren Hölle. Hier öffnen sich die Pforten zu der von Flammen erfüllten Stadt des Dis.

»Dis« ist die römische Bezeichnung für Pluto, den Herrn der Unterwelt – ein Synonym für Luzifer, der als Oberhaupt der abgefallenen Engel, nun mit dem Namen Satan im Erdmittelpunkt die bösen Seelen zu sich zerrt.

Im Wald der Selbstmörder – ewigeweisheit.de

Im Wald der Selbstmörder, wo die geflügelten Harpien wachen. Illustration von Gustave Doré.

Sechster Höllenkreis

Vor dem mächtigen Tor der Stadt des Dis, liegen in Steinsärgen die Anhänger Epikurs. Es sind die Vertreter einer Weltanschauung, die sich gänzlich auf die Erweiterung des Diesseits richtet. Diese Materialisten aber gleichen lebendigen Toten, denn sie identifizieren ja ihr gesamtes Dasein nur mit ihrem sterblichen Körper. Doch damit wäre der Mensch ein bloßer Leichnam.

Verbrannt von den Flammen des Dis, liegen sie als tote Seelen in Särgen.

Grabhügel sind im Lande rings umher,
Wo auf unebenem Grunde Tote modern;
So hier, doch schreckte dieser Anblick mehr;

Denn zwischen Gräbern sieht man Flammen lodern,
Und alle sind so durch und durch entflammt,
Dass Künste keine mehr vom Eisen fordern.

Halb offen ihre Deckel allesamt,
Und draus erklingen solche Klagetöne,
Dass man erkennt, wer drinnen, sei verdammt.

– Inferno 9:115-123

Siebenter Höllenkreis

Diesen Bereich, in dem die Seelen der Gewalttätigen büßen, gliedert sich in drei Ringe, wo jene leiden, die sich gewalttätig an ihren Nächsten vergingen, wo Selbstmörder ihres fast ewigen Daseins fristen und all jene die sich an Gott und der Natur vergingen, schwere Foltern durchleiden.

Wald der Selbstmörder – ewigeweisheit.de

Im Graben der Diebe und Räuber, die mal als Mensch und mal als Schlangen erscheinen. Illustration von Gustave Doré.

Erster Ring

Überall hier, hört Dante grausame Schreie und die Wehklagen der Gewalttäter. Zentauren treiben sie mit Pfeil und Bogen in den roten, kochenden Blutstrom des Unterweltsflusses Phlegeton. Als noch Lebender kann Dante den Strom nicht durchschreiten und wird darum von einem der Zentauren hinübergebracht, zum zweiten Ring.

Zweiter Ring

Die Selbstmörder haben ihre Menschengestalt verloren und fristen hier, zu Bäumen und Sträuchern verwandelt, ein körperloses Dasein. Ahnungslos bricht Dante ein Ästchen ab, worauf sofort ein Blutstrom hervorquillt und er dabei erschrickt, über die schmerzerfüllte Stimme eines der Verfluchten. Ihn hatte man aufgrund einer Verleumdung in den Kerker geworfen, wo er sich das Leben nahm.

Dritter Ring

Hier ist der Ort wo die Seelen der Gewalttätigen ihre schwere Folter erfahren. Manche von ihnen liegen herum, und andere laufen. Die Liegenden haben sich gegen Gott versündigt, die Laufenden gegen die Natur: unter ihnen die »Sodomiten«, wie man im Mittelalter die Homosexuellen nannte. Einen unter ihnen begleitet Dante, der zu ihm sagt:

O Gottes Rache! Jeder fürchte dich,
Dem, was ich sah mein Lied wird offenbaren,
Und wende schnell vom Lasterwege sich.

Denn nackte Seelen sah ich dort in Scharen,
Die, alle klagend jämmerlich und schwer,
Doch sich nicht gleich in ihren Strafen waren.

Die lagen rücklings auf der Erd umher,
Die sah ich sich zusammenkrümmend kauern,
Noch Andre gingen immer hin und her.

Die Mehrzahl musste im Gehen die Strafe erdauern.
Der Liegenden war die geringere Zahl,
Doch mehr gedrängt zum Klagen und zum Trauern.

Langsamen Falls sah ich mit rotem Strahl
Hernieder breite Feuerflocken wallen,
Wie Schnee bei stiller Luft im Alpental.

– Inferno 14:16-30

Achter Höllenkreis

Ein eigenartiges, doch gütig und gerecht anmutendes Mischwesen – teils Mensch, teils Löwe, teils Drachen: der Flugdrache Geryon, trägt Dante und Vergil hinunter in den Abgrund des achten Höllenkreises. Dort büßen die Seelen aller Betrüger.

In zehn Gräben ist dieser Bereich der Hölle gegliedert, wo im ersten Kuppler und Verführer büßen.

Im zweiten waten Schmeichler und Huren in stinkendem Kot.

Die sogenannten »Simonisten« fristen ihre Buße im dritten Graben. Es sind jene Geistlichen, die Kirchenämter für Geld vergeben hatten.

Im vierter Graben aber halten sich die Wahrsager und Zauberer auf:

Im Graben der Wahrsager und Zauberer – ewigeweisheit.de

Den Wahrsagern und Zauberern ist der Kopf hier so verrenkt, dass sie von da an immer nach hinten blicken müssen. Gemälde von Stradanus (1523-1605).

Viel Leute gingen langsam in der Runde,
So, wie ein Wallfahrtszug die Schritte lenkt,
Stillschweigend, weinend in dem tiefen Grunde.

Als tiefer ich den Blick auf sie gesenkt,
Sah ich – ein Wunder scheint es und erdichtet –
Vom Kinn sie bis zum Achselbein verrenkt,

Das Angesicht zum Rücken hingerichtet;
Drum mussten sie gezwungen rückwärts gehn,
Und ihnen war das Vorwärtsschauen vernichtet.

– Inferno 20:7-15

Den fünften Graben teilen sich all die Schacherer in Staatsämtern, die ihr Amt missbrauchten, um sich selbst zu bereichern. Dort stecken sie in siedendem Pech. Sobald einer unter ihnen den Kopf zu heben wagt, schlägt darauf heftig ein Teufel ein mit seinem Dreizack.

Im sechsten Graben schreiten die Heuchler umher, gehüllt in grausam junkende, furchtbar schwere vergoldete Bleimäntel.

Den Graben der Diebe und Räuber, beschreibt Dante als in sich verknäuelte, grausig windende Schlangen. Sie fressen die Diebe, doch flammen plötzlich auf und zerfallen sodann zu Staub. Doch der setzt sich wieder zusammen und wird dann mal ein Mensch, ein andermal wieder eine Schlange.

Im achten Graben lodern nur noch Flammen in Menschengestalt. Es sind die Seelen aller hinterlistigen Ratgeber, die dort schmachten.

Alle Zwietrachtstifter büßen im neunten Graben, wo sie von Teufeln zerfetzt und verstümmelt eines schrecklichen Höllendaseins fristen.

Der zehnte Graben schließlich ist der Ort der Fälscher. Sie leiden dort an ekelhaften Krankheiten. Gestank von angefaulten Gliedern weht von dort herauf.

In Gegenwart Satans – ewigeweisheit.de

Bei Satan: Dem König der Hölle. Illustration von Alessandro Vellutello (1534).

Neunter Höllenkreis

Hier nun sind Dante und Vergil in der tiefsten Hölle angekommen. Da büßen die Verräter im eisigen Fluss Kozytus, stecken darin bis zum Halse eingefroren.

Ein Bereich dieses Kreises ist nach dem Brudermörder Kain benannt: die Kaina – ein Ort der Verräter an Verwandten. Der andere Bereich heißt Antenora, wo die Seelen der politischen Verräter leiden. In der Grube des Ptolemäus, halten sich jene auf, die ihre Tischgenossen verrieten. Eine schmerzende Eiskruste bedeckt ihr Gesicht.

Unter all jenen aber, ist auch die Seele eines Verräters, dessen Körper gleich einem Untoten von einem Dämon besetzt noch auf Erden wandelt, während seine Seele schon hier in der tiefsten Hölle büßt.

Schließlich erreichten Dante und Vergil das Judasland, den Ort der Verräter an Gott, zu denen Judas Ischkarioth und der gestürzte Engel Luzifer zählen. Hier nun also, in der untersten, der tiefsten Hölle, dort treten sie vor Dis – vor Satans Angesicht.

Als hinter ihm ich so weit vorwärts rückte,
Dass es dem Meister nun gefällig schien,
Mir den zu zeigen, den einst Schönheit schmückte,

Da trat er weg von mir, hieß mich verziehn,
Und sprach zu mir: »Bleib, um den Dis zu schauen
Und hier lass nicht dir Mut und Kraft entfliehn.«

Wie ich da starr und sprachlos ward vor Grauen,
Darüber schweigt, o Leser, mein Bericht,
Denn keiner Sprache lässt sich dies vertrauen.

– Inferno 34:16-24

Satan sitzt in der Mitte der Erde. Seine Gürtellinie trennt die nördliche von der südlichen Hemisphäre.

Blick aus der Hölle – ewigeweisheit.de

Dante und Vergil treten aus dem Gang zur Hölle hervor, am Südpol der Erde. Illustration von Gustave Doré.

Dort angelangt, wo in den Hüftgelenken
Des Riesen sich der Lenden Kugel drehn,
Eilte er, mit Mühe und Angst, sich umzuschwenken.

Wo erst der Fuß war, kam das Haupt zu stehn;
Die Zotten fassend, klomm er aufwärts weiter,
Als sollten wir zurück zur Hölle gehn.

»Hier halte fest dich; denn auf solcher Leiter
Entkommt man nur so großem Leid«, so sprach
Tief keuchend, wie ein Müder, mein Begleiter,

Worauf er Bahn sich durch ein Felsloch brach,
Dann setzte er mich auf einen Rand daneben,
Und klomm mit mir den Fuß behutsam nach.

Ich blickte empor, und glaubte, wie ich eben
Den Dis gesehen, so stelle er noch sich dar;
Doch seine Füße sah ich sich erheben.

[…]

»Wo ist das Eis? Wie steckt Dis köpflings fest?
Und wie hat Sol (Sonnengott) so schnell aus solchen Weiten
Die Überfahrt gemacht zum Ost vom West?«

»Du glaubst dich auf des Zentrums andrer Seiten,
Wo du am Wurme, der die Erde kränkt
Und sie durchbohrt, mich sahest hernieder gleiten.«

Nun trat mein Führer auf verborgnem Gang
Den Rückweg an entlang des Baches Windung;
Und wie ich, rastlos folgend, aufwärts drang,

Da blickte durch der Felsschlucht obere Ründung
Der schöne Himmel mir aus heitrer Ferne,
Und wir entstiegen aus der engen Mündung

Und traten vor zum Wiedersehen der Sterne.

– Inferno 34:76-90,103-108,133-139

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