Jan van Kessel: Vanitas Still Life - ewigeweisheit.de

Liebe, Herz, Traum und Tod

Wenn Verliebte vom Herzen sprechen, ist das ja ein jedem bekanntes Symbol für die Liebe. Es gibt dazu aber einen tiefer liegenden Grund. Denn wenn man bedenkt, welche Rolle das Herz in den esoterischen Weisheits-Traditionen spielt, erkennt man schnell, dass es nicht nur als Sitz der Gefühle, sondern als Zentrum menschlichen Seins an sich gilt.

Mit dem Einschlafen zieht sich das menschliche Bewusstsein zurück ins Herz, während es sich im Wachzustand gewöhnlich im Kopf bewegt. Sprechen wir aber vom Zustand des Schlafs, so ist dieser, wie sich eigentlich allen Weisheitslehren der Welt entnehmen lässt, der empfindsamere Zustand, wo Menschen die feinstofflichen Vorgänge in der Welt wahrzunehmen vermögen.

Mystiker verschiedener Traditionen in West und Ost (Christentum, Sufismus oder Hinduismus) nun glauben an einen inneren, verborgenen Raum im Herzen, in dem ein »übersinnliches Licht« funkelt und man es damit einfach als »Licht des Herzens« bezeichnet. Mag sein, dass es kein gewöhnlich sichtbares Licht ist, als es eher der elektrisierenden Empfindung eines geheimnisvollen Magnetismus ähnelt, wie man sie erfährt im Verliebtsein, wenn man weiß, dass die oder der Geliebte naht. Doch es ist das auch das Gefühl das einer in sich empfindet, wenn sich ihm ein Eingeweihter nähert.

Eros als Gott der Initiation

Was den Liebenden bewegt, ist eine besondere Kraft die weit universaler ist, als nur profanes Lustgebaren zu sein. Man könnte gar von einem intensiven kosmischen Wirken sprechen, das seit Anbeginn der Zeiten in der Welt besteht. Damit ist gemeint, wovon schon vor fast 3.000 Jahre die indischen Lehren der Upanischaden künden, worin es heißt:

Am Anfang war diese Welt lediglich ein Nichtsein. […] Sie entwickelte sich. Sie verwandelte sich in ein Ei. Es lag für die Dauer eines Jahres. Dann wurde es gespalten. Eine der beiden Eierschalen wurde zu Silber, die andere zu Gold. Das, was aus Silber war, ist diese Erde. Das, was aus Gold war, ist der Himmel. […] Das, was daraus geboren wurde, ist die Sonne dort. Als sie geboren wurde erhoben sich lärmende Freudenschreie hinter ihr her und alle Wesen und alle Wünsche. […]

– Chandogya-Upanischad 3:19:1ff

Auch in den alten Mysterienfeiern des Westens begegnen wir Symbolen die dieser Episode vom Welten-Ei recht ähneln. So etwa im alten Kult des griechischen Dionysos, dem Gott des Weines, der Freude und der Ekstase. Da nämlich heißt es, dass aus diesem Ei der geheimnisvolle Eros geboren wurde, als androgyner, weiblich-männlicher Schöpfergott.

In den griechischen Mysterien der Orphiker begegnen wir dem Selben, als »zuerst Geborenem«, über den es in der 5. Orphischen Hymne heißt:

Urwesen, doppelgestaltiger, ätherdurchfliegender Riese, der du dem Ei entschlüpftest […] schreiend so laut wie ein Stier, du Ursprung der Götter und Menschen […] Seliger, Kluger, an Samen Reicher, besuche voll Freude uns, die Kenner der Feiern, zur heiligen, leuchtenden Weihe.

Zu den wichtigsten Attributen des so personifizierten, griechischen Gottes Eros nun, zählt seit der Antike das Symbol des Pfeils. Kaum verwunderlich darum die etwas infantile Symbolik des von einem Pfeil durchbohrten Herzens. Und doch kommt in dieser besonderen Art von Hieroglyphe etwas zum Ausdruck, dass einen bemerkenswerten Bedeutungsinhalt befördert. Denn als Symbol des Eros ist das vom Pfeil getroffene Herz eine Art Trauma-Symbol, das im Herzen einen »Schmerz der Verliebtheit« auslöst. Es scheint als befestigte im Herzen dabei eine Fessel das Ich eines Menschen. Erst wenn sie zerrissen wurde, kann jemand damit an einem höheren, spirituellen Leben teilhaben. Erst damit wird er frei. Eros wirkt da wie die von seinem Pfeil verursachte tödliche Verwundung, die eine Öffnung in den Körper schlägt, damit sich die Seele dadurch aus ihrem »leibliches Gefängnis« befreit.

Wenn es um eine sogenannte »Aufschließung« des Herzens zu diesem Zwecke geht, wo die Sufis sprechen vom Futuh Al-Qalb (arab. für »Öffnung des Herzens), wird daraus das oben genannte »Licht des Herzens« sichtbar, das heißt also erfahrbar. Man könnte auch vom Öffnen des »Auges des Herzens« sprechen, das die Sufis »`Ayn Al-Qalb« nennen, wo jemand eine initiatische Erfahrung gemacht, befähigt wurde mit diesem Auge des Herzens die Welt zu erkennen.

Was aber nun, man schafft tatsächlich die oben genannte Fessel die das Ich ans Herz knebelt zu lösen? Käme das nicht einer Desindividualisierung gleich? Denn es vermittelte ein Gefühl vollkommenen Neuseins, eine Erfahrung aktiver Verwandlung der eigenen Individualität in der Welt, die einer dann eben durch das oben genannte Auge des Herzens erfassen würde.

Bewusstseinsverlagerung in der sexuellen Erfahrung

Wenn die Rede ist vom Erleben einer Erotik, im Sinne dessen was wir oben als die Bedeutung des mythischen Gottes Eros einführten, ist damit zuallererst einmal eine dabei erfahrene Verlagerung des gewöhnlichen Wachbewusstseins gemeint. Was ein Mensch im erotischen Erleben erfährt, deutet in die selbe Richtung wie der Rückzug des Bewusstseins beim Einschlafen. Dabei erlebt die vom Eros zur Lust entzündete Seele eines Menschen eine sakrale Ekstase, wobei sein Wachbewusstsein sich in Richtung seines Herzens bewegt. Solange die dabei erfahrenen Verzückung erfahren wird, bleibt die genannte Verlagerung des Bewusstseins erhalten. Das Bewusstsein eines Menschen nimmt dabei an einer, man könnte sagen, »Erleuchtung« teil. Sein Erleben erfährt er da wie im Bewusstsein des Träumens, doch im Zustand vollkommener Luzidität (in der das Bewusstsein des Erlebenden in eine außergewöhnliche geistige Klarheit wechselt; Stichwort: Klartraum).

Nun ist die Verbindung zwischen Liebe, Erotik und Nacht nicht nur ein wohlbekanntes Motiv der romantischen Dichtung. Zumal die Nacht ja als die für die sexuelle Liebe am besten geeignete Zeit angesehen wird, wo ein Paar zusammen »die Nacht verbringt«, miteinander »eine Liebesnacht« erlebt, »miteinander schläft«. Doch durchaus gebieten auch soziale Bedingungen diese Vorliebe für die Nacht als gewohnte Zeit für jenen Akt des körperlichen Eros. Damit soll nun nicht auf eine vor- oder nachteilige Voraussetzung angespielt werden, als eher hinzuweisen auf einen aus dem kulturellen Zusammenhang geborenen Ritus. In manchen Volksstämmen unserer Welt ist die Nacht bis heute für die geschlechtliche Vereinigung sogar rituell vorgeschrieben. In den Mysterien von Eleusis feierte man des Nachts an einem nicht beleuchteten Ort, den ursprünglich nicht nur symbolischen Ritus der heiligen Paarung, wo sich Priester und Priesterin sexuell vereinigten. In der Folgezeit wurde dieser Ritus aber nur vorgetäuscht, das heißt also symbolisch dargestellt. Diese aber erst auch erotische Vereinigung verstand man in der Mysteriennacht als eindeutiges Sinnbild der heiligen Hochzeit, der sogenannten »Hierogamie« (auch: »Hieros Gamos«). Sie war nicht nur als rituelle Handlung gedacht, sondern wies darüber hinaus hin auf das Mysterium der Wiedergeburt. Dabei betonte man besonders das weibliche Prinzip, in Form der »Göttlichen Frau«, vorgestellt in der griechischen Muttergöttin Demeter.

Theologen die sich in der Vergangenheit mit den esoterischen Betrachtungen dreier christlicher Gelehrter befassten – des frühchristlichen Philosophen Clemens von Alexandria (150-215), einem Zeugen des eleusinischen Mysterienkults, des Bischofs und Kirchenhistorikers Theodoret von Kyrrhos (393-460) sowie des byzantinischen Universalgelehrten Michael Psellos (1017-1078) – folgerten aus deren Schriften zu den eleusinischen Mysterien, dass man im dort abgehaltenen Ritus explizit das weibliche Geschlechtsorgan den Blicken der Einzuweihenden entblöste. Es scheint, als sei es das notwendige Instrument zur Vollziehung der Mysterien gewesen. Der kappadokische Bischof und Theologe Gregor von Nazianz (329-390) beschrieb das Erscheinen der Muttergöttin Demeter während der Mysterien-Handlungen folgendermaßen:

Also sprach die Göttin (Demeter) und entblößte beide Schenkel, um ihre Liebhaber einzuweihen […]

– III. Rede des Gregor von Nazianz 115

Man präsentierte den Einzuweihenden da also eine Frau, die sich vor ihnen ihre Gewänder hebend entblößte, so das alle ihr Geschlecht sehen konnten. Zweck dieser Mysterienhandlung war, jenseits der rituellen Hochzeiten der Götter (Hierogamien), im Gedächtnis der Initianden das Mysterium der Auferstehung zu erinnern. Denn in Eleusis vollzog man im Dunkeln zuerst den Ritus sexueller Vermählung (wie oben angedeutet), worauf dann ein großes Licht entzündet wurde, um damit den Hierophanten zu beleuchten, der mit donnernder Stimme markerschütternd ausrief:

Die Herrin hat einen Heiligen Jungen geboren! Brimo hat Brimos geboren! Das heißt, der Starke den Starken.

– Aus dem 5. Buch 1 des christlichen Presbyters Hippolytos von Rom (170-235)

Dann erhob der Hierophant ganz langsam, für alle offen sichtbar zwischen Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand eine Getreide-Ähre, die da als Symbol der heiligen initiatorischen Wiedergeburt vor ihnen erschien, vor den Augen der in die höchsten Mysterien Eingeweihten. Immer war das Symbol der Ähre eng verbunden mit dem Sinnbild des urmenschlichen Androgyns und dessen Auferstehung (hierbei sei hingewiesen auf das, was wir oben sagten über die im Dionysoskult zelebrierte Geburt des Eros aus dem Welten-Ei).

Von diesem Hintergrund ausgehend, gelangt man recht bald zu der Annahme, dass im Zeichen des Mysteriums der großen Göttin Demeter, also auch die Antike des Mittelmeers die Geheimlehren der sexuellen Initiation gekannt hatte. Alles was wir jedoch heute über die Eleusinischen Mysterien wissen, scheint unter dem Wort »Initiation« lediglich zusammengefasst zu sein, als ein Ereignis kultischer und geistiger Riten, deren eigentliche Handlungen von der Priesterschaft jedoch ganz außerhalb irgendwelcher sexueller Handnlungen vollzogen wurden.

An ihrer Statt schienen andere initiatorische Techniken in diesen Mysterien verwendet worden zu sein, die dann aber im Laufe der Zeit selbst ihre Intensität verlieren sollten. Entsprechend verwandelten sich die Mysterien damit zu etwas, zu dem fast jedermann Zutritt hatte und glichen nach und nach mehr einem religiösen Kult statt einem Einweihungsritual.

Tantra und der Weg der linken Hand

Schauen wir die ursprünglichen Riten der Mysterien von Eleusis genauer an, führt uns ein Weg in den Orient, um genauer zu sein, zur esoterischen Tradition des Hinduismus: dem Tantra. Neben den darin ausgeübten heiligen Riten zur Anrufung besonderer Geistwesenheiten, vermittels besonderer Mantras, Bilder, Düfte und Musik, verwendet das klassische Tantra auch wesentliche Elemente des klassischen Yoga. Insbesondere spielt dabei aber das erotische, leidenschaftliche Erfahren eine integrale Rolle. Dabei ist von Bedeutung insbesondere das sogenannte »Maithuna« (sanskr. für »Vereinigung eines Paares«), einem Ritual spiritueller Sexualität. In dessen Zentrum steht die erotische Verschmelzung des Götterpaares Shakti (der göttlich-weiblichen Urkraft) und Shiva (der kosmische Erneuerung). Sie erscheinen darin als Repräsentanten der im Menschen wirkenden Grundprinzipien des Weiblichen und des Männlichen, sowie insbesondere einem dabei vollzogenen rituell-kultischen Beischlaf. Der soll einen Zustand überirdischer Harmonie herbeiführen, wo alle Gegensätze aufgehoben sind, was ja eben genau auch da geschieht, wenn der Initiant während seiner dabei erlebten Vorwegnahme der Todeserfahrung, in sich die Einheit seines Selbst mit dem kosmischen Selbst gewahrt.

Während im Tantra der »Weg der rechten Hand« ein Weg zu innerer Reinheit ist, durch strenge, rituelle Disziplin, wo sich der Übende an die göttliche Mutter Shakti wendet, werden auf dem »Weg der linken Hand«, in geheimen Ritualen, sexuelle Praktiken und leidenschaftliches Handeln integriert. Solch Ritual ist damit also den Eingeweihten vorbehalten, wo es weniger um eine rein geistige, als vielmehr eine heroische Praxis geht. Sie haben die Fähigkeit entwickelt alle Kräfte zu ignorieren, die im Alltagsmenschen die Gegensätze menschlicher Werte von gut und schlecht, Verdienst und Schuld auslösen. Wie aber diese Mysterien des Tantra aus dem Orient zu uns kamen und in welcher Form sie dort zuerst erschienen, das wollen wir uns im Weiteren anschauen.

Das Mysterium als Nicht-Mitteilbares der darüber Schweigenden

Wir wollen uns zunächst einmal den Unterschied anschauen zwischen dem was ein Mysterium und dem was ein Geheimnis ist. Zwar sind beide etwas, worüber die davon Wissenden schweigen, doch ihre jeweilige Geheimhaltung birgt noch einen weiteren, ganz wesentlichen Aspekt. Denn ein Geheimnis ist ein Wissen das zwar vertraulich bleiben muss, das aber, wenn es gelüftet oder davon erfahren wird, von jedem verstanden und weitergegeben werden kann. Im Gegensatz dazu steht das Mysterium. Wenn es jemandem enthüllt und erklärt wird, können es nur jene verstehen, die dazu entsprechend befähigt wurden. Denn das Mysterium ist unverständlich, da es sich seiner Natur nach nicht durch Sprache oder Bilder vermitteln lässt, sondern allein durch ein damit erfahrenes Erlebnis.

Daher waren die Mysterien immer Initiations-Kulte die von einem Meister durchgeführt wurden, »demjenigen, der die heiligen Dinge offenbart« – dem Hierophanten, der bei allen Mysterienfeiern seine entsprechend zentrale Rolle dazu einnahm – in den Kulthandlungen der alt-ägyptischen, der eleusinischen, der orphischen oder der dionysischen Mysterien.

Nun lebte in Ägypten im 5. Jahrhundert ein griechischer Dichter namens Nonnos von Panopolis. Er war der Verfasser der sogenannten »Dionysiaka«, die in ihren 48 Gesängen einen Epos bilden, der das Leben des Gottes Dionysos beschreibt. Er galt den Eingeweihten in die Dionysischen Mysterien ja als der Entdecker der Wirkungen des Weines – eben jener berauschenden Substanz die in den Riten seines Mysteriums eine Schlüsselrolle spielte. »Bewaffnet« mit seinem Wein und im Gefolge von manischen Satyrn (jenen Mischwesen mit Ziegenbeinen, menschlichem Oberkörper und gehörntem Männerkopf) machte er sich auf zu einem »friedlichen Feldzug« nach Indien (wie in den Gesängen 13 bis 24 beschrieben). Manche meinen darin die Geburt des Tantrismus auf dem Subkontinent zu erkennen. Anderen galt das was im Tantra beschrieben wurde, als »kriegerisch erlangtes Diebesgut« das Dionysos nach seinem Feldzug aus dem Orient nach Griechenland brachte, um damit dort die heiligen Mysterien einzuführen. Im Ritus der nächtlichen »Nyktelia« versammelten sich die Initianten in dieser Dionysos-Mysterien in den Wäldern, wo sie wilde Festbankette feierten mit rohem Fleisch und Wein, auf denen Frauen und Männer in ungezügelten, orgiastischen Ritualen und von einer magischen Manie ergriffen sich auf eine Bewusstseinsebene erhoben, die ganz über alles Wachen, Träumen und Tiefschlaf erhaben war – etwas das vielleicht vergleichbar ist mit dem Samadhi des Raja Yoga, einem Zustand vollkommener, übersinnlicher Wachsamkeit.

Hierzu begab sich der Mann in der Dunkelheit zu seiner initiatischen Gattin, löste ihren Gürtel und vereinigte sich mit ihr in lustvoller Erotik. Hiervon stammt, so heißt es, auch das heute verbreitete Ansinnen der Frau »verführt« werden zu wollen, als eine instinktive Ahnung von denen in den Tiefen menschlichen Bewusstseins verborgenen libidinösen Gewalten. Diesem Zusammenhang entsprechend, begegnet uns auch in Alt-Ägypten die Liebesgöttin Hathor: »Die Herrin der Nacht«.

Dem Nächtlichen der Mondgöttin und dem Irdischen der Muttergöttin nun, begegnen wir auch mit der Unterweltsgöttin Persephone und ihrer Mutter Demeter. Aber auch die Erscheinung der Hekate, der griechischen Göttin der Magie und der Totenbeschwörung, steht in Verbindung damit und auch mit Dunkelheit und Tod. Ja genauer noch: Hekate ist die Göttin der Übergänge und damit auch des Wechsels vom Tages-Bewusstsein ins träumende Schlaf-Bewusstsein. Ihr Wesen verkörpert dabei aber auch das Sterben, als Übergang vom Leben in den Tod, wie damit verbunden wiederum das Wesen der Wiedergeburt. Laut der Legenden der Neuplatoniker war sie nämlich auch die Hüterin der zu inkarnierenden Seelen. Hathor aber war auch die, die der Demeter half ihre vom Unterweltsgott Hades geraubte Tochter Persephone wiederzufinden, um danach Persephones Begleiterin zu werden, auf ihrer wiederkehrenden, neunmonatigen Unterweltfahrt und ihrer darauf folgenden dreimonatigen Anwesenheit auf Erden.

Es sieht also danach aus, dass Liebe, das Dunkle der Nacht, der Tod und die Wiedergeburt alle unter dem Zeichen der Frau stehen, als Verkörperung des Weiblichen der Erde und dabei zugleich dem Unterirdischen entsprechend (eben angedeutet mit dem Mythos um die Persephone). Und wenn da ein direkter Zusammenhang zur Nacht besteht, ist natürlich auch der Mond einer der wichtigen Aspekte ihres Seins. Damit sind anscheinend auch die Nachtstunden die geeignete Zeit für die Werke der in die Mysterien eingeweihten Frau. Da nämlich sind ihr all die subtilen Entwicklungen des Eros möglich, die sich gewöhnlich ja hinter der taghellen Oberflächlichkeit des Wachbewusstseins verbergen.

Herz durchbort, erblüht - ewigeweisheit.de

Das Herz im Moment des Todes

Was im Zusammenhang mit der erotischen Liebe noch zu sagen bleibt, ist die Angelegenheit des Herzens, wenn es um die innere Bedeutung solcher Äußerungen geht, wie:

Ich könnte vor Liebe sterben.

Im tatsächlichen Augenblick des Todes oder wenn ein Mensch in tödliche Gefahr gerät, fließen seine Lebensgeister zusammen in seinem Herzen. Verstirbt ein Mensch oder erlebt er eine Nahtoderfahrung (doch auch in Zuständen hoher Askese), heben seine den Körper verlassenden Lebenskräfte seine Seele ummantelnd in aufsteigender Richtung. Doch dieses Phänomen tritt in ganz seltenen Fällen auch in den beschriebenen erotischen Initiationserfahrungen ein, wenn sich jemand von ganz intensiver Begierde umfangen fühlt. Der Liebende hört da plötzlich, wie von außen gezwungen auf zu atmen und gerät in eine eigenartige Verzauberung, bis zum Klimax, der dem bekannten, profanen Gegenstück des sexuellen Aktes entspricht. Der am häufigsten dafür verwandte Ausdruck ist:

Mir bleibt das Herz stehen.

All das sind Attribute die sich in die potentiellen Kräfte des Eros einreihen ließen. Je nach der Intensität der dabei vom Liebenden beziehungsweise vom Initianden gemachten Erfahrung, erlebt er etwas, dass ihn einen natürlichen Übergang erfahren lässt – zwischen einem ausgesprochen »alltäglichen Liebhaben« und einer ganz und gar nicht mehr profanen Erotik.

 

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