Zahlreiche amerikanische Ureinwohner praktizierten den Ritus der Visionssuche. Jugendlichen in der Pubertät, wird damit die Möglichkeit gegeben eine deutliche Richtungsweisung für ihr Leben zu erfahren. Aber auch älteren Menschen kann eine solche Visionssuche dabei helfen einen Lebenssinn zu finden.
Diese Form der Initiation erfolgt bei den indigenen Völkern Amerikas von Stamm zu Stamm verschieden und kann einmal intensiver, ein andermal weniger heftig erlebt werden. In den meisten Fällen aber ereignet sich diese Visionssuche, die oft auch unter dem englischen Wort »Vision-Quest« bekannt ist, in Form einer übernatürlichen Erfahrung – einer Vision eben. Hierbei versucht der Initiand mit seinem individuellen Schutzgeist Verbindung aufzunehmen, was normalerweise ein besonderes Krafttier ist. Mit ihm in Kontakt getreten, kann er seinen Schutzgeist dann um Rat bitten und erfährt dabei einen Weg, wie er von ihm besondere, beschützende Kräfte empfangen kann.
Für die Visionssuche jedoch muss der Initiand entsprechend vorbereitet werden. Ja, einer der Stammesältesten schaut zuerst sogar, ob das betroffene Individuum überhaupt über eine dafür notwendige Aufrichtigkeit verfügt, um sich bei dieser schamanischen Einweihung entsprechend einzubringen.
Es kann durchaus vorkommen, dass sich der Suchende dafür mehrere Tage allein in die Wildnis begeben muss, um sich dabei auf jene geistige Welt der Totems und Tierwesen einzustellen. Andere Stämme verlangen dafür von der Person, sich in Abgeschiedenheit zu begeben, um dabei, in einem kleinen Raum eingesperrt, in einen anderen Bewusstseinszustand zu geraten, was natürlich nur unter Leitung eines Medizinmannes beziehungsweise Schamanen erfolgen darf.
Dieser Visionssuche geht aber immer auch eine Fastenzeit voraus, wo in der Regel für drei Tage und Nächte weder gegessen noch getrunken werden darf, und der Initiand auch nicht schläft. In der hierdurch eingeleiteten tranceartigen Verfassung, kann er in einer Art Wachtraum dann mit der Welt des Manitu, des Großen Geistes Wakan Tanka Verbindung aufnehmen. Während dieser Zeit vollkommenen Entbehrens, begibt sich das Individuum auf die Suche nach seinem Schutzgeist. Sobald ihm dieses Wesen erschien und er seine Zeichen vernommen hat, erkennt der Sucher dabei seine Lebensaufgabe und die Richtung, die er von nun an einschlagen muss.
Nach dieser sehr eindringlichen Erfahrung, kehrt der Initiierte damit zu seinem Stamm zurück, um seinen vorgegebenen Lebensweg nun anzutreten, doch auch als jemand der dazu in der Lage ist, die zuvor gegebenen Maßstäbe der Stammesgemeinschaft weiterhin einzuhalten.