Liebe ist Sehnsucht und Sehnsucht, der Schmerz des Getrenntseins.
Keine Krankheit ist reich genug für den Kummer des Herzens,
Das Wehklagen eines Liebenden übertrifft alle anderen Schmerzensschreie.
Die Liebe gleicht der königlichen Schwelle, über die einer zum Geheimnis Gottes findet.
Der Karneval der kleinen Zuneigungen und höflichen Bindungen
Die unsere Zeit überschwemmen und verzehren
Ist kein Gegenstück zur Liebe, die hinter diesem Schauspiel pulsiert.
Es ist leicht, ja ohne Ende über die Liebe zu reden,
Liebe zu leben heißt, von Freude und Verwirrung ergriffen zu werden.
Die Liebe verwirrt das Denken, ist beschäftigt mit Bildern und Argumenten.
Die Sprache ist zu altklug, zu frech, zu vernünftig
Um die geschmolzene Lava der Liebe aufzuhalten, die das Blut aufwühlt,
Diese Energie des Vollzugs verbrennt die Zunge zum Schweigen.
Die wissende Feder ist untauglich, wie ein ergebenes Papier
Schrumpft es da im Feuer der Liebe. Auch der kahle Verstand ist nur ein Esel
Der die Liebe erklärt, getäuscht durch verdorbene Klarheit.
Die Liebe ist gefährlich und bietet keinen Trost,
Nur wer von der Liebe heimgesucht wird, kennt die Liebe.
Die Sonne allein enthüllt die Sonne dem, der den Sinn hat
Die den Sinn haben, das Sinnlose zu empfangen und sich nicht abzuwenden.
Höhlenhafte Schatten brauchen das Licht, um zu spielen, doch eben mit Licht
Und das Licht allein kann dich zum Licht allein führen.
Physische Schatten beschweren deine Sicht mit Schlacke,
Doch die aufgehende Sonne spaltet den aschfahlenen Mond in leere Hälften.
Die äußere Sonne ist unser tägliches Wunder in rechtzeitiger Geburt und Tod,
Die innere Sonne blendet das innere Auge in einem zeitlosen Raum.
Unsere tägliche Sonne ist nur ein funktionierender Stern in einer Galaxie von Sternen,
Unsere innere Sonne ist Eins, eine tanzende Schattierung ewigen Lichts.
Du musst von der inneren Sonne entzündet werden,
Du musst deine Liebe leben, sonst wirst du nur in Worten enden.
– Aus dem Mathnavi, Vers 1:109
Der Mond, o der Mond ist zu mir zurückgekehrt
Dieser einzigartige Mond ist keiner der bloß mit Licht handelt.
Er ist ein Schöpfer des Feuers jenseits der Kraft des Wassers.
Schau auf die arme undichte Unterkunft meines Körpers, sieh das eigentliche Element meiner Seele:
Die Liebe hat das eine trunken gemacht und das andere zerlegt.
Wenn der Hausherr und mein Herz zusammensitzen bei Tisch, wird mein Blut zu Wein, die Liebe kocht mein Herz für das Festmahl.
Das Auge ist beschenkt mit seinem Bild. Dann höre ich eine Stimme schreien: »Wie ein Taktstock der Kelch ist erhoben, der samtene Wein errötet von Zugaben.«
Plötzlich ist öffnet sich mein Ohr, das Liebe durchdringt.
Es lauscht dem Ozean der Liebe. Wie eine springende Gazelle springt sie auf und tanzt zum wartenden diamantenen Meer und schreit:
»Ich kann nicht bleiben, ich muss den Weg finden. Komm, komm jetzt Folge mir!«
Die Sonne erscheint und findet mich hier wartend auf Schamsuddins strahlendes Gesicht.
Und alle sehnsüchtigen Herzen sind wie die Wolken, die zum Mitsommerhorizont eilen, von der Sonne angezogen.
– Aus dem Diwan, Vers 310