Der Taoismus ist Chinas authentische, religiöse Weisheitstradition. Selbst wenn im Taoismus verschiedene Elemente anderer chinesischen Traditionen verschmelzen, steht diese Weltanschauung doch für sich. Taoismus muss darum aber nicht als Religion oder Philosophie systematisiert werden.
Er eint in sich spirituelle wie praktische Weisheitslehren. Der Weg des Tao kann für jeden Menschen eine Quelle wahrer Erleuchtung sein.
Das theoretische Lehrgebäude des Taoismus, basiert auf der Formulierung besonderer Weisheitssprüche. Sie verband man in alter Zeit mit spirituellen Praktiken, um den Menschen damit zur Selbstverwirklichung zu führen – zum Wohle allen Seins.
Das Tao
Als Gründungsschrift des Taoismus, gilt das Taoteking: das Buch des Weges und seiner Tugend. In diesem Werk des mythischen Philosophen Laotse, finden sich viele Aphorismen, die den Leser zu Tugend und Weisheit führen können. Auch das Zhuangzi soll hier erwähnt sein: das Buch des Meisters Zhuang. Der im 4. Jhd. v. Chr. lebende Gelehrte, vertrat eine autoritätsfeindliche Philosophie, die außerdem eine Rückwendung zur Natur forderte. Vor allem durch Meister Zhuang wurden im Laufe der Geschichte des Taoismus, viele Lehren vebreitet, die dem Schüler des Tao halfen, mit den darin behandelten, essentiellen Lehren und Weisheiten umzugehen – im Einklang mit Leben und Natur.
Was aber bedeutet “Tao”?
Tao wird eigentlich nur als Begriff benutzt, um sich auf etwas beziehen zu können, wenn man über das spricht, wofür der Begriff steht. Das Wort Tao an sich aber, lässt sich nur schwer fassen. Ungeeignet erschiene mir, es einfach mit einem deutschen Begriff zu übersetzen. Es widerspräche dem Sinn, der hinter diesem recht sonderbaren Wort steht.
Man belegte das Wort in der Vergangenheit dennoch mit zwei Hauptbedeutungen: “der Weg” und “die Methode” – gewissermaßen eine philosophische Anleitung, wie man sich, durch Denken und Handeln, auf dem Weg der Selbstkultivierung verhalten muss.
Einfacher vielleicht ist es, dass Tao in der Art seiner Ausübung zu umschreiben. Denn Ziel des Tao ist, das niedere Selbst mit dem höheren Selbst zu bezwingen und auf diese Weise die niederen Seelenaspekte irgendwann aufzulösen. Mit dem Tao-Begriff wird auch hingewiesen auf ein absolutes Prinzip, aus dem alle Formen und Erscheinungen in der Welt hervorgehen. Das Tao an sich aber bleibt unerkennbar. Weder hat das, was das Tao beschreibt, eine besondere Form, noch kann man die dahinter stehenden Prinzipien über die Sinne wahrnehmen oder durch Bilder und Worte beschreiben. Die wahre Bedeutung des Tao zu erklären, ist also ebenso unmöglich, wie das, was als Wahrheit hinter dem Namen “Gott” steht.
Was das Tao enthält, sind die Essenzen der hinter ihm wirkenden philosophischen Prinzipien. Als Ganzes bilden sie den Keim aller weltlichen Existenzen und nehmen im Tao ihren Anfang; sie werden aus ihm geboren, als Mutter aller Erscheinungen.
Der Weise Laotse auf einem Wasserbüffel reitend. Der Wasserbüffel als Symbol des Körpers, der vom erhabenen Geist (Laotse) beherrscht wird.
Die Spirituelle Kosmologie des Taoismus
Das Konzept von Yin und Yang, bildet in den acht, aus ihnen zusammengesetzten Trigrammen, den daraus kombinierten 64 Hexagrammen des I-Ging und den fünf taoistischen Elementen, die Grundlage taoistischer Kosmologie. Gemeinsam entstehen daraus die unendlich mannigfaltigen Erscheinungen des Kosmos.
Sie stehen für die vervielfältigen Prinzipien jener Ureinheit, deren Wurzeln im Konzept des Tao wurzeln. Andererseits aber helfen die hier angedeuteten 64 Wandlungsstufen des I-Ging, dem Sucher dabei Wege zu finden, die ihn zu dieser Ureinheit (zurück)führen und damit sein Leben, ihm zugute neu zu ordnen. So existiert etwa die Divination mit den 64 Hexagrammen, die einem Frager wichtige Anhaltspunkte liefern können. Gleichzeitig aber ist das I-Ging auch ein Sammlung von Weisheitssprüchen.
Auch Alchemie galt den weisen Taoisten als Weg. Wie ihrerseits die Alchemisten im Westen, suchten auch die Taoisten nach dem geheimnisvollen Stein der Weisen – dem Elixier des Lebens. Mit Hilfe dieser geheimnisvollen Substanz, konnten sie in die kosmische Konfiguration des absoluten Tao eingreifen, Metalle in Gold umwandeln, Kranke heilen und selbst das Leben eines Menschen beliebig verlängern.
Mensch und Kosmos
Immer ging es den Taoisten um die Erfahrung der kosmischen Einheit und Harmonie aller Dinge, in die das Leben des Menschen gebettet ist. Und so wie der Mensch als lebendiges Wesen, Teil der universalen Ordnung ist, so kann er sich auch als Individuum, als Teil der Gesellschaft erkennen. Daher der Wunsch der Taoisten, das Selbst zu kultivieren.
Weniger aber wird im Taoismus menschliche Perfektion angestrebt, noch versuchten die alten Weisen Anleitungen zu liefern, wie ein Mensch sich selbst zu einem “vollkommenen Wesen” entwickeln soll. Vielmehr geht es darum, den Sucher auf seinem Weg darüber aufzuklären, welche Hindernisse sich ergeben können und was er aus dem Weg räumen muss, damit eben jene Verwirklichung des Selbst erfolgen kann.
Insbesondere das Ablassen vom Wollen, das Bedürfnis aufzulösen, etwas durch bestimme Handlungen erreichen zu wünschen, gilt den Anhängern des Tao als höchst erstrebenswert. Man enthält sich einem gegen die Natur gerichteten Handeln, was man im Tao das Wu Wei nennt: das Nicht-Tun. Dieser Begriff gründet auf der Anschauung, dass alles aus dem Tao fließt und damit bereits die Ordnung und Wandlung aller Dinge bewirkt ist. Es wäre also nicht weise, in das Walten jenes kosmischen Urprinzips einzugreifen. Eigentlich aber ist es das, woran die meisten Menschen leider interessiert sind: die Welt nach ihren egoistischen Ambitionen zu gestalten. Für das Tao aber, ist solches Handeln ganz und gar unsinnig. Tun und Lassen sollen gemäß dem Wu Wei, nur spontan und damit natürlich erfolgen.
Nicht-Tun bedeutet, das Notwendige mühelos zu tun, ohne Übereifer, ohne irgend eine Form des Aktionismus. Vielleicht ließe sich Wu Wei auch deuten, als ein Zustand innerer Stille, aus dem man zur richtigen Zeit, richtige Handlungen vollzieht, ganz ohne die Anstrengung des Willens.
Was man unter Wu Wei versteht, lässt sich mit der Wirkung des Wassers vergleichen: bei seinem Lauf über Steine, fließt es um die Felsen herum und wirkt nicht in mechanischer, geradliniger Form. Wasser fließt, durch ein in ihm vorhandenes, inneres Gespür für den natürlichen Rhythmus in der Welt.
Ohne aus dem Haus zu gehen
kannst du die Welt erkennen
Ohne aus dem Fenster zu sehen
kannst du den rechten Weg erkennen
Je weiter deine Reise dich fortführt
desto geringer deine Erkenntnis
Darum der Weise:
erkennt ohne zu reisen
versteht ohne zu sehen
vollendet ohne zu handeln
– Taoteking, Kapitel 47
Wu Wei wird erreicht, indem man mit dem wahren Wesen der Natur harmonisch zusammenarbeitet und sich an die natürliche Ordnung der Dinge hält. Man geht damit nach dem Prinzip des geringsten Widerstandes vor. Auf höchster Stufe praktiziert Wu Wei, wer sein Handeln als Reflexion auf Ereignisse ausübt – doch auf unerklärliche und unsichtbare Weise, auf sie Einfluss nimmt.
Wer täglich nach neuem Wissen strebt, vermehrt.
Wer Tao praktiziert, vermindert.
Stets einfacher und einfacher – bis das Nicht-Tun erreicht ist.
Man tut nicht, doch es gibt nichts Ungetanes.
Im Nicht-Tun hat man die Welt gewonnen.
Im Tun jedoch, wird man die Welt verlieren.
– Taoteking, Kapitel 48
Das Wort “Tun” erscheint hiermit nun also als recht zweideutiger Begriff. Vor dem Hintergrund des eben Gesagten, geht es um eine Praxis, die in einem Weltbereich ausgeübt wird, den der Taoist transzendiert. Damit verhilft er dem Kern seines wahren Seins zur Geburt und bringt in sich den “kosmischen Embryo” zur Welt. Das damit angedeutete Sinnbild, für den taoistischen Eingeweihten allerdings eine ganz und gar reale Erscheinung, steht für sich: jenseits aller Körperlichkeit, jenseits aller Emotionen und Gedanken. Es bildet den Ursprung, aus dem sich jene fließenden Handlungen im kosmischen Weltenlauf ergeben, an der der Mensch in seiner irdischen Existenz aktiv teilnimmt.
Vom Wesen der geheimnisvollen Zinnoberfelder
So wie dem himmlischen Blick, Sonne, Mond und Gestirne in ihrer kreisläufigen Bewegung um den Nordpolarstern erscheinen, so zirkuliert im menschlichen Körper der Blutkreislauf um das Herz. Darum heißt es im Tao über das Herz, es sei das Zentrum im Menschen. Die kosmische Dreiheit von Sonne, Mond und Sternen, findet sich auch im Menschen, als Geist, Atem und körperliche Wesensessenz. Diese Dreiheit konzentriert sich in den drei energetischen Kraftzentren von Kopf, Herz und Bauch. Im Tao nennt man sie die “Zinnoberfelder”. Zugegebenermaßen eine recht ungewöhnliche Betitelung, die aber auf dem Geheimwissen chinesischer Alchemie gründet.
In der Chemie ist Zinnober bekannt als rotes Quecksilbersulfid-Mineral, das man insbesondere in vulkanischen Gegenden findet. Dieses Mineral galt den alten Alchemisten als jener sagenhafte Stoff, der auch bekannt ist unter dem berüchtigten Namen des “Steins der Weisen”. Mit anderen Worten: aus dem kristallinen Zinnober versuchten Alchemisten die Transmutation auf Gold.
In der inneren Alchemie des Taoismus, galt Zinnober als Ausgangssubstanz, bei der Bereitung des Lebenselixiers. Zinnober nennt man darum in der Traditionellen Chinesischen Medizin auch den König der Umwandlungen. Er wurde (und wird wohl auch) noch bis in jüngste Zeit, in homöopathsicher Dosis, pflanzlichen Präparaten zugesetzt.
Das man in China das Symbol der Zinnoberfelder entwickelte, hat einen Grund: die Form, wie das Mineral in Felsen gediegen vorkommt, ähnelt der Vorstellung energetischer Zentren im menschlichen Körper. Außerdem verwendet man im Chinesischen das Wort “Dan”, das sowohl Zinnober als auch (Lebens)Elixier bedeutet. Seit jeher ist das Zinnoberrot eine Farbe, die auch im Kontext von Weisheit und Unsterblichkeit verwendet wird. So wird etwa der Buddha Amitabha in Illustrationen stets in roter Farbe dargestellt.
Besonders die Farbe geronnenen Blutes erinnert an das Aussehen jenes Zinnobers, der einerseits Mineral andererseits jener Stein der Weisen ist, aus dem man das Elixier des Lebens darstellt.
Drei Kraftzentren im Menschen
Jenes “Dan”, von dem eben die Rede war – “das Elixier” – gilt als feinstoffliche Substanz, durch die im Körper Energie gespeichert werden kann. In drei sogenannten Feldern, den “Tian”, sammelt sich dieses energetische Elixier im Körper. Darum spricht man im Taoismus auch von den “Elixierfelder” beziehungsweise eben von den “Zinnoberfeldern”: den Dantian. Laut taoistischer Alchemie, können darin Umwandlungen von Energie und Stoff, sowie die Verwandlung unedler in edle Substanzen erfolgen.
Es gibt drei Dantian, die die kosmische Lebenskraft Qi speichern. Diesen Speichervorgang, versuchen Taoisten durch besondere Meditationsübungen, auch für ihren Körper zu praktizieren. Wir gehen darauf später noch einmal genauer ein.
Die Dantian ähneln dem spirituellen Konzept der Chakras im Vedanta. Auch in den Chakras bündeln sich besondere Kräfte. Doch es gibt einen Hauptunterschied: die Chakras werden eher als energetische, farbige Lichtwirbel gedacht, während man sich die taoistischen Dantian als Energispeicher vorstellt. Man könnte aber sagen, dass die Chakras, als Kanäle des Energieaustauschs, mit den drei Dantian als Energiespeicher, im Ätherleib des Menschen zusammenwirken.
Die Wirkweise der drei Dantian, gestaltet sich folgendermaßen:
- Das obere Dantian sitzt im Zentrum der Stirn. Es bildet den Energiespeicher des Gehirns, sowie der Sinnesorgane. Vom Zustand des oberen Dantian, hängen außerdem psychische Vorgänge ab, wie Denkprozesse und Konzentration.
- Das mittlere Dantian sitzt zwischen den beiden Brusthälften, auf Höhe des physischen Herzens. Hier werden die Kräfte gespeichert, die benötigt werden für die Zirkulation von Blut und der Lebenskraft Qi.
- Das untere Dantian befindet sich im Unterleib, zwischen Nabel und Schambein. Hieraus kommt die Energie, die in Verdauungsprozesse involviert wird und auch in die Vorgänge bei der Fortpflanzung. Es ist gewissermaßen der Erdungspunkt, der uns Sicherheit und Harmonie vermittelt.
In Laotses Lehre, ist insbesondere das untere Dantian von Bedeutung. Es gilt als wichtigstes Speicherzentrum von Qi im Körper und ist damit der energetische Schwerpunkt des Körpers. Von diesem Körperzentrum, spricht man in der spirituellen Praxis des Tai Chi und Qigong, als Basis für Körperbewusstsein, den festen Stand und die tiefe Bauchatmung. Letzteres Konzept ist identisch mit der japanischen Vorstellung des “Hara” – dem Bauch, als physisch-körperliches Zentrum der irdischen Schwerkraft im Menschen.
Auf den Menschen übertragen, manifestiert sich die Kraft des unteren Dantian im Sperma des Mannes, wie im Menstrualblut der Frau: den Reproduktionssubstanzen des Menschen.
Die unsterbliche Seele des taoistischen Adepten: hier symbolisiert durch einen Zinnober, die der Eingeweihte vor seinem unteren Dantian hält.
Innere Alchemie im Taoismus
Ältere Schriften des Taoismus, sprechen über die drei Dantian-Kraftzentren, als Orte im Menschen, worin Götter residieren. Die Adepten visualisieren sich diese erhabenen Entitäten in ihren Meditationen, als spirituelle Erscheinungen im oberen, mittleren und unteren Dantian. Diese spirituelle Praxis nennt man im Taoismus Neidan: innere Alchemie. Im Gegensatz zur äußeren Alchemie – dem Waidan – geht es hier nicht um die Herstellung eines besonderen Stoffes im Labor. Vielmehr dreht sich die innere Alchemie um besondere Techniken, die den Meditierenden zur Erleuchtung führen sollen. Statt also das alchemistische Sonnenmetall Gold in der Retorte zu züchten, wird die mystische innere Sonne, in der Seele zum Strahlen gebracht.
Ziel innerer Alchemie, ist die Geburt des oben erwähnten, sogenannten “kosmischen Embryos” – dem Shengtai. Er wird als reiner Körper, innerhalb des physischen Körpers visualisiert. Der Körper des Eingeweihten entspricht der Retorte oder dem Kessel des äußeren Alchemisten. Darin verdichten sich diese drei Lebenssubstanzen zum kosmischen Urwesen des Shengtai:
- Jing, die Essenz,
- Qi, die Lebensenergie, und
- Shen, der Geist.
In einem mystischen Prozess, werden sie im Körper geborgen, umgewälzt und zurückgeführt, bis sich der Geist Shen im Körper zum Heiligen Embryo “verdichtet” hat. Dieser spirituelle Embryo muss sodann genährt werden, bis er sich ausdehnt und sich in eine Einheit mit dem Körper des Übenden erwächst.
Zweck dieser Praxis ist in die Transzendenz einzugehen und “Unsterblichkeit” zu erlangen. Was hier Unsterblichkeit meint, ist jedoch ein Zustand, der nur von überlegenen Wesen erreicht wurde – mit Sicherheit jedoch von Laotse. Es ist aber vor Allem der Wunsch, das eigene Sein zu transformieren und damit im wörtlichen Sinne, sich über die Form des eigenen Körpers hinauszubewegen.
Taoistische Praxis der Dantian-Meditation
Wer meditiert, so die Taoisten, hält im Körper den Fluss des Lebensatems Qi aufrecht. Das soll außerdem gewährleisten, dass sich jene Gottwesenheiten, von denen oben die Rede war, weiterhin in den Dantian aufhalten.
Qi ist die Nahrung der Götter, die gewiss identisch ist mit dem Amrita der Inder, dem Haoma der Perser oder der Ambrosia der Griechen. So kann sich der Meditierende auf ein langes und gesundes Leben vorbereiten. Nur aber solange die Qi-Kraft im Fluss ist, halten sich die Götter in den Dantian auf. Wird der Kraftstrom unterbrochen, fliehen sie aus dem Körper und an ihrer Stelle machen sich in den Dantian die “Geister” von Krankheit breit, was sogar zu frühem Tod führen kann.
Die Dantian lassen sich jedoch über den Atem energetisieren. Darum wollen wir unseren Ausführungen über das Tao, eine praktische Übung anschließen: eine Meditation über die drei Dantian. Hierbei wird durch Konzentration auf Atem und das Dantian, der natürliche Kreislauf von Qi und Blut im Körper angeregt und dabei diese drei spirituellen Zentren aktiviert.
(Zur Vorbereitung: um ihre Atemzüge zu zählen, eignet sich eine Gebetskette mit Perlen.)
Schließen Sie ihre Augen und senken sie Ihre Wahrnehmung allmählich in den Bereich des unteren Dantian (Unterleib). Atmen sie in diese Gegend fünf tiefe Atemzüge.
Nun atmen sie in das untere Dantian, während sie sich vorstellen, wie sie dabei neue Qi-Enerie von Außen in sich aufnehmen. Mit dem Ausatmen strahlen sie diese Kraft aus, so dass sie sich um sie herum verteilt, den Raum erfüllt, in dem sie sitzen und selbst die äußersten Grenzen unserer Erde durchdringt. Wiederholen Sie diese Praxi zwölf mal (oder öfter).
Nun atmen sie in das mittlere Dantian und wiederholen diese Übung erneut zwölf mal.
Nun atmen sie in das untere Dantian und wiederholen diese Übung erneut zwölf mal.
Nachdem sie diese meditative Atemphase abgeschlossen haben, visualisieren Sie beim Atmen, wie sich mit jedem Ausatmen Qi im unteren Dantian ansammelt. Wiederholen diese Übung erneut zwölf mal.
Nun öffnen Sie langsam ihre Augen. Reiben Sie Ihre Handflächen, bis sie warm werden – spüren nach.
Den spirituellen Wesenskern formen
Meditation ist eine praktische Methode, die Wahrheiten des Tao zu erfahren. Wie auch in anderen Geheimtraditionen, geht es auch hier um die, aus besonderen Erlebnissen gewonnene Erkenntnis, die eigentlich nicht, nur durch Text und Wort vermittelt werden kann. Das unterstreicht, wieso es eigentlich unmöglich ist, den Begriff Tao durch Worte zu beschreiben. Das Tao ist etwas das man erfahren muss. Und genau nach dieser Erfahrung streben die Anhänger des Taoismus – durch Meditation und die Praxis innerer und äußerer Alchemie.
Besonders die 64 Symbole des I-Ging, deuten als Hinweise auf Erfahrungen, die ein jeder Mensch in seinem Leben macht, zumindest aber machen kann. Allerdings ist es eben die Fähigkeit eines Menschen, sich dem kosmischen Fluss – im Kleinen, wie auch im Großen – hingeben zu können.
Statt auf die Ereignisse im Leben zu reagieren, wird durch die Haltung des Wu Wei, des Nicht-Tuns, ihre wahre Ursache erkannt. Dem entsprechend versucht der Taoist sein Handeln auf die Ereignisse im Leben abzustimmen. Jene Energie des kosmischen Flusses aber, das Qi der Taoisten, wird dabei die drei Dantian mit Kraft erfüllen.
Nur wer nichts erwartet, der wird auch bekommen und fähig sein, in sich die Qi-Kraft zu konzentrieren, damit es zur Gerinnung des zinnoberroten Elixiers kommt: dem Kern wahren Lebens.