Der Achte Schlüssel des Basilius Valentinus

Alles Fleisch, sei es nun menschlicher oder tierischer Natur, kann keine weitere Vermehrung und Fortplantzung bringen, es sei denn es geschehe am Anfang durch die Fäulung.

Auch der Same des Ackers und alles das dem Vegetabilischen unterworfen und zugetan ist, kann zu keiner Vermehrung kommen, als durch die Fäulung. Es werden auch viele Tiere oder Würmer zu Leben erweckt, allein wegen der Fäule. Ihre lebendige Kraft und Wirkung zeigt sich so, das man dies als ein großes Wunder der Natur zu erkennen vermag. So hat es die Natur also zugelassen das solche lebendige Vermehrung und Erweckung ihres Lebens vor allem in der Erde gefunden und durch die anderen Elemente erweckt wird. Diese Erweckung zu Leben geschieht durch den geistigen Samen.

Die Bauersfrau weiß am besten dies mit Beispielen zu beweisen, denn sie kann keine Hennen zur Haushaltung erziehen, es sei denn durch die Fäulung des Eies, woraus dann das Hühnlein geboren wird.
Wenn man Brot in Honig legt, so wachsen Ameisen darin, was für die meisten ein sonderbares Wunder der Natur ist.
Der Bauer sieht dass aus stinkendem Fleisch Maden wachsen, egal ob in Menschen, Ross und anderen Tierleibern. Das Gleiche gilt auch für Nüsse, Äpfel, Birnen und dergleichen Obst. Spinnen, Würmer und was es sonst noch gibt: Wer kann all die vielen Arten und Geschlechter der Würmer aufzählen, die aus der einfachen Fäulung wachsen?

Ebenso bei den Kräutern sieht man, dass vielerlei Arten Kräuter, sowie Nesseln und dergleichen eher an Orten wachsen, wo zuvor kein solches Kraut gestanden hat oder sein Same dahin gekommen ist, allein durch die Fäulung. Die Ursache dessen ist dass das Erdreich zu solcher Frucht und deren Orte so geartet sind und damit schwanger gehen, wie ihnen die siderischen Eigenschaften von oben herab eingegossen haben. Also entsteht ein solcher Samen geistig und wirkt im Erdreich als ob er sich selbst erfäulet hätte und durch Wirkung und Antrieb der Elemente wird eine physische Materie auf natürliche Art geboren. Also können die Sterne samt den Elementen wohl einen neuen Samen erwecken, den es zuvor nicht gab und daraus weitere Samen durch weitere Fäulung vermehren. Dem Menschen ist es aber verwehrt das er einen neuen Samen erwecken kann, denn die Wirkung der Elemente und der siderischen Wesen lassen sich durch seine Gewalt nicht dazu bringen.

Also wachsen vielerlei Arten Kräuter nur aus der Fäulung. Während aber der Bauer dies nicht für eine Wissenschaft hält und auch nicht weiter darüber nachdenkt oder nach den Ursachen solcher Wunder fragt, so sind diese Tatsachen beim gewöhnlichen Menschen zu einer Gewohnheit geworden.

Du aber, dem da mehr als einem gewöhnlichen Wissenden zu wissen gebührt, musst die weitere Rede aufmerksam verfolgen um Ursache und Gründe zu erlernen, wodurch und woraus die lebendige Erweckung und Geburt aus solcher Fäulung herkommt. Dies sollst Du nicht als etwas Gewöhnliches betrachten, sondern sollst ein Naturkundiger werden, weil alles Leben durch die Fäulung kommt, wächst und entsteht.
Ein jedes Element für sich hat seine Zerstörung und wiederum auch seine Gebährung, denn der Liebende der hohen Kunst soll hiervon erfahren, da es einen wichtigen Grund dafür gibt. In jedem Element liegen die anderen drei verborgen, denn Luft hat Feuer, Wasser und Erde in sich, was vielleicht unglaubwürdig erscheinen mag, aber dennoch der Warheit entspricht. Ebenso hat Feuer, die Luft, das Wasser und die Erde in sich, Erde hat Wasser, Luft und Feuer in sich, sonst könnten sie nichts bebären. Wasser hat Erde, Luft und Feuer in sich, sonst könnte auch nichts folgen in ihrer Geburt, davon abgesehen, dass wohl jedes Element für sich ist, so sind sie doch vermischt, was man durch die Destillation und Scheidung der Elemente herausfindet.
Und damit ich Dir dies mit einem richtigen Beweis zeige, damit Du Unwissender nicht sagen mögest, mein Tun und Vorgehen sei lauter dummes Geschwätz und nicht die Warheit, darum sag ich Dir: derjenige der die Teilung der Natur zu wissen verstehen will und erlernen möchte, wie die Trennung der Elemente von statten geht, der soll verstehen, dass die Destillation der Erde zuerst durch das Luft-Element erfolgt, denn dieses ist am leichtesten, dann allmählich entweicht das Wasser-Element, das Feuer steckt in der Luft, denn sie sind beide geistliche Wesen und lieben sich auf wunderbare Weise. Die Erde bleibt am Boden, worin das Salz der Herzlichkeit zurückbleibt. In der Destillation des Wassers geht also Luft und Feuer als erstes, dann das Wasser und der Erdenkörper bleibt am Boden zurück.

Das Feuer-Element welches in ein sichtbares Wesen eingetrieben wurde, kann durch die Extraktion des Feuers, Wassers und der Erde, jedes für sich aufgefangen und ausgetrieben werden. Auf gleiche Weise wohnt die Luft in den anderen drei Elementen, denn keines unter diesen kann ohne Luft sein. Die Erde ist nichts und kann nichts ohne Luft hervorbringen. Das Feuer brennt nicht und hat kein Leben ohne Luft. Das Wasser kann keine eigene Frucht befördern noch foranbringen ohne Luft. Ferner kann die Luft nichts verzehren noch eine Feuchtigkeit austrocknen, ohne das dies durch natürliche Wärme geschieht. Diese Wärme wohnt in der Luft während nun Hitze und Wärme in der Luft gefunden wird, so muss ja auch das Feuer-Element in der Luft sein, denn alles was heiß und trocken ist, ist dem feurigen Wesen zugetan.

Darum kann kein Element des anderen entbehren noch ohne es sein, sondern muss jederzeit eine Vermischung aller vier Elemente in der Geburt aller Dinge gefunden werden. Derjenige der dem widerspricht hat die Heimlichkeit der Natur nicht verstanden noch ihre Eigenschaften ergründet.

Denn Du sollst nun wissen, wenn etwas durch die Fäulung geboren werden soll, dann muss es folgendermaßen geschehen: Die Erde wird durch ihre verborgene und eingesc Feuchtigkeit in eine Zerstörung versetzt, welches der Anfang der Fäulung ist. Denn ohne Feuchtigkeit, welche durch das Wasser-Element hervorgerufen wird, kann nicht wirklich eine Fäulung geschehen. Soll danach nun eine Geburt aus der Fäulung erfolgen, muss dieselbe durch eine warme Eigenschaft, welche das Element Feuer verkörpert, sich selbst entzünden und ausbreiten. Denn ohne natürliche Wärme kann keine Geburt erfolgen. Soll nun die Geburt einen lebendigen Atem und Bewegung an sich nehmen, kann dies nicht ohne die Luft geschehen. Denn wo keine Luft anwesend ist, muss die erste Zusammensetzung und das Wesen, aus welchem die Geburt erfolgen sollte, ersticken und verderben aus Gründen des Mangels an Luft. Aus diesem Grund soll nun klar gestellt werden, dass jede vollkommene Geburt nicht ohne die Anwesenheit der vier Elemente geschehen kann. Es muss immer ein Element im anderen seine Wirkung und Leben zeigen und somit durch die Fäulung beweisen, denn sonst kann nichts lebendig geboren werden. Das es der Wahrheit entspricht, dass zu jeder lebendigen, vollständigen Geburt und Erweckung alle vier Element notwendig sind, wird deutlich an der Erschaffung des ersten Menschen Adam. Er wurde aus einem Erdklumpen vom höchsten Schöpfer geformt. Zu Leben begann er aber erst, als ihm Gott seinen Atem einbließ. Da war dieser Klos aus Erde zu Leben erweckt. Und in der Erde war das Salz, das heißt der Körper, die eingeblasene Luft war der Mercurius, der Geist, eine rechte bequeme Wärme war das Sulphur, das heißt das Feuer, und danach regte sich dadurch der Adam und zeigte, dass ihm ein lebendige Seele eingegossen wurde. Denn Feuer kann ohne Luft nicht sein, das Wasser ist dem Erdreich einverleibt und sie sind alle zusammen in gleichmässig verteilter Eintracht notwendig, damit aus ihnen Leben entstehen kann.

Also wurde Adam zuerst aus Erde, dann Wasser, Luft und Feuer geschaffen. Aus Geist, Seele und Leib, das heißt letztendlich aus Mercurius, Sulphur und Sal erweckt, zusammen gebaut und geboren.
Gleichermaßen wurde auch Eva die erste Frau, unser aller Mutter, ein Teil dessen, da sie aus Adam geboren wurde. Darum also ist Eva aus Adam entstanden und gebaut. Das merke Dir wohl. Und daß ich nun wieder auf die Putrefaction und Fäulung komme hat folgenden Grund: der suchende Meister der hohen Kunst, der Kluge unter den Philosophen soll wissen, dass auf gleiche Weise kein metallischer Samen wirken kann, noch sich in seinem Weg vermehren kann, wenn ein solcher metallischer Same nicht zuvor in und durch sich selbst allein, ohne irgendeinen fremden Zusatz, ohne jegliche Vermischung zu der vollkommenen Fäule gebracht wurde. So wie bereits anhand aller pflanzlichen und animalischen Samen erklärt und erläutert, kann ohne Fäulung keine Erhöhung zum Vorschein gebracht werden.

Das Gleiche gilt auch für die Metalle, welche durch die Hilfe der Elemente in Fäulung gebracht werden um ihre Vollkommenheit zu erreichen. Nicht dass die Elemente die Samen seien, wie zuvor ausreichend kund getan, sondern vielmehr dass der metallische Same, welcher durch das himmlische, siderische und elementische Wesen entsprungen ist und in ein leibhaftiges Wesen eingangen ist, durch die Elemente ferner in solche Fäulung und Zerstörung gebracht werden muss.

Ebenso möchte ich Dir erzählen vom Wein. Der Wein hat einen flüchtigen Geist in sich. Destilliert man den selben, dann geht der Weingeist als erstes und das Phlegma zuletzt. So bald er aber durch lang anhaltende Wärme der Luft ausgesetzt wird, wird der Wein zu Essig und sein Geist ist daraufhin nicht mehr so flüchtig wie zuvor. Denn wenn man den Essig destilliert, schwindet die Wässrigkeit als erstes und der Spiritus als letztes. Und obwohl eben die Materie für die Augen wie zuvor in dem Gefäß gewesen ist, so hat es doch nun eine andere Eigenschaft angenommen, denn es ist nicht mehr Wein, sondern hat durch stetige Wärme die putrefactio und Fäulung hervorgerufen und damit transmutierte es zu Essig. Alles was mit dem Wein oder seinem Geist extrahiert und zirkuliert wird, bekommt eine andere Eigenschaft und Wirkung. Wenn man den Spießglanz, das Vitrum Antimonii, mit Wein oder Weingeist extrahiert, so erhält man eine Substanz die viel Sedes, Stuhlgänge und auch Erbrechen hervorruft. Denn es ist noch ein Gift, das noch nicht zerstört und zerbrochen wurde. Wenn aber das Glas aus Antimon gemacht wird und mit gutem destilliertem Essig extrahiert wurde, so gibt es einen schönen Auszug sehr hoher Farbe. Daraufhin zieht man den Essig ab und das zurückbleibende gelbe Pulver wird durch mehrfache Destillation mit herkömmlichem Wasser ausgewaschen, so dass die Säuerlichkeit wieder entfernt wird. So hat man ein süßes Pulver das keine Stuhlgänge mehr verursacht, sondern eine herzliche Medizin darstellt, die mit Verwunderung beweist und ganz einfach für ein medizinisches Wunder gehalten werden möchte.

Dieses wunderbare Pulver setzt sich auch an einem feuchten Ort oder einer Flüssigkeit fest, was auch bei allen Schmerzen und Wehetagen in der Chirurgie hilft.
Davon nun genug.

Dies sei nun zum Schluss meiner Rede noch zu merken: wenn das himmlische Geschöpf geboren wurde und dessen Leben durch die Sterne erhalten und durch die vier Elemente gespeist wird, muss also sterben und demnach verfaulen. Die Sterne werden dann durch die Mittel der Elemente dazu verwendet dem verfaulten Körper wieder Leben einzugießen. Demzufolge wird dann etwas Himmlisches daraus werden, vorausgesetzt an höchster Stelle des Firmaments seine Wohnstatt aufschlagen wird. Wenn das nun vollbracht worden ist, so wirst du sehen, dass das Irdische vom Himmlischen mit Leib und Leben verzehrt und der irdische Leib in ein himmlisches Wesen eingangen ist.

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