Das Leben in der Erde bringt alles hervor dass aus ihr wächst. Wer sagt die Erde sei tot, der spricht die Unwahrheit, denn ein Totes kann einem Lebendigen nichts mitteilen und der Zugang hat beim Toten ein Ende weil der Geist des Lebens verflogen ist.
Darum ist der Geist das Leben und die Seele der Erde welche in ihr wohnt und vom Himmlischen und Siderischen in das Irdische seine Wirkung empfängt. Alle Kräuter, Bäume und Wurzeln, sowie auch alle Metalle und Mineralien empfangen ihre Kraft und Nahrung aus dem Geist der Erde. Der Geist ist das Leben welcher aus dem Gestirn gespeist wird und welcher dann ferner die Nahrung aller Gewächse darstellt. Und wie die Mutter ihr Kind im Leibe verborgen hält und durch die Nahrung in ihr speist, so speist auch die Erde die Mineralien welche in ihrem Leib verborgen liegen durch ihren Geist, welchen sie von oben herab empfängt. Darum gibt die Erde nicht von sich aus die Kraft, sondern der lebendige Geist der in ihr wohnt. Wenn die Erde ihres Geistes mangeln sollte, dann wäre sie tot und könnte keine Nahrung mehr von sich geben. Unterdessen würde ihrem Schwefel oder ihrer Fettigkeit der Geist beraubt werden, welcher ja die lebendige Kraft erhält und allen Wachstum durch die Nahrung vorantreibt.
Zwei entgegengesetzte Geister wohnen wohl beieinander, vertragen sich aber nur schwer, denn sobald das Schießpulver gezündet wird, fliegen diese zwei Geister aus denen das Pulver gemacht worden ist mit einem großen Knall und großer Kraft auseinander in die Luft. Niemand kann dann noch erkennen wohin sich diese Geister bewegen, noch was es gewesen ist, es sei denn, die Erfahrung ließ einen wissen was es für Geister gewesen waren und in welchem Wesen sie gesteckt hatten.
Lerne nun daraus, dass das Leben allein ein lauter Geist ist und also alles was die unwissende Welt für tot hält, muss wiederum in ein unbegreiflich sichtbar geistliches Leben gemacht und darinnen erhalten werden, wenn man möchte, das anderes Leben mit Leben wirken soll. Die Geister speisen und ernähren sich vom Himmelstau und wurden von einem himmlischen, elementischen und irdischen Wesen geboren, welches als formlose Materie beschrieben werden kann.
Und so wie ein Magnet das Eisen mit einer wundersamen, unsichtbaren Liebe an sich zieht, so auch hat unser Gold einen Magneten, welcher die erste Materie unseres großen Steins ist. Verstehst du dies Gesagte, so bist du reich und selig für aller Welt.
Eine Erklärung muss ich Dir in diesem Kapitel noch geben, damit Du verstehst, wovon ich spreche: Wenn der Mensch in einen Spiegel sieht, so gibt der Widerschein dessen ein Bildnis. Will man dieses Bild nun mit den Händen berühren, so ist dort nichts Begreifliches, als nur der Spiegel in dem ein Mensch zu sehen ist.
Also muss man nun von der bereits besprochenen Materie einen sichtbaren Geist austreiben, welcher ja unbegreiflich ist. Denn dieser selbe Geist ist die Wurzel des Lebens unserer Körper und der Mercurius der Philosophen aus dem in unser Kunst das liquorische Wasser bereitet wird. Diesen Geist musst Du in seiner Komposition wiederum mineralisch machen und durch gewisse Mittel vom niedrigsten bis auf den allerhöchsten Grad erhöhen um daraus dann eine hochflüssige Medizin zu bereiten. Denn zu Beginn haben wir einen abgeschlossenen, gefassten Leib, dann das Mittel eines flüchtigen Geists und dann das goldene Wasser ohne jegliches Korrosiv – damit haben unsere weisen Meister ihr Leben erlangt. Am Ende aber haben wir eine sehr feste Medizin, bestehend aus menschlichen und metallischen Körpern.
Den Engeln ist mehr Wissen als den Menschen vergönnt, obwohl auch manche Menschen dieselbe Erkenntnis erlangen können, indem sie durch ein herzliches Gebet von Gott erbitten und gegenüber ihm und den bedürftigen Menschen dankbar sind.
Zu guter Letzt sage ich dir ganz ehrlich, dass eine Arbeit aus der anderen entstehen muss, denn unsere Materie muss zu Beginn unseres Werks wohlbedacht und auf das höchste gereiniget und dann aufgeschlossen und zerbrochen werden. Ja sogar zerstört und zu Staub und Asche werden. Wenn das alles geschehen ist, dann bereite daraus einen fliegenden Geist, so weiß wie der Schnee und noch einen fliegenden Geist, so rot wie das Blut. Diese beiden Geister haben in sich einen dritten Geist und sind doch nur ein einziger Geist. Es sind eben die drei Geister welche das Leben erhalten und vermehren, darum füge sie zusammen und gib ihnen was ihnen an Speise und Trank von Natur von nöten ist. Erhalte sie dann im Ehebett der Wärme, bis sie zur vollkommenen Geburt gelangt sind. Dann wirst Du sehen und erfahren was Dir der Schöpfer und die Natur zu wissen vergönnen. Darum wisse dass ich meinem Munde, so weit keine Offenbarung mehr gegeben habe und Gott mehr Wirkung und Wunder der Natur einverleibt, als viele tausend Menschen Solches glauben können. Mir aber steht ein Siegel vor, so dass andere nach mir auch Wundersachen schreiben mögen. Da es vom Schöpfer natürlich zugelassen ist, aber von den Unweisen für übernatürlich gehalten wird. Denn das Natürliche hat seinen ersten Anfang vom Übernatürlichen, was bedeutungslos ist, wenn man alles auf eitle Art und Weise als natürlich empfindet.