Alchemie

Phoenix aus der Asche

Autor und Mentor S. Levent Oezkan - ewigeweisheit.de

Autor und Mentor

Phoenix aus dem Aberdeen Bestiary - ewigeweisheit.de

Der Name des Phoenix hat seinen Ursprung im griechischen phoinix, was die alte Bezeichnung ist für den mythischen Vogel Greif. Auch der Name des alten Volkes der Phönizier, aus deren Alphabet sich auch unsere Buchstaben entwickelten, scheint von der gleichen Wortwurzel zu stammen. Als solch »phönizischer Vogel« bildet sein Kleid ein purpur-rotes Gefieder.

Clemens von Rom (50-101 n. Chr.), eine der bedeutendsten Gestalten des jungen Christentums, schrieb in Briefen an die Korinther über die besondere Natur dieses Wundervogels:

Es gibt einen bestimmten Vogel, der Phoenix genannt wird. Dieser ist der einzige seiner Art und lebt fünfhundert Jahre. Und wenn sich die Zeit seiner Auflösung nähert, dass er sterben muss, baut er sich ein Nest aus Weihrauch und Myrrhe und anderen Gewürzen, in das er, wenn die Zeit erfüllt ist, hineinfliegt und stirbt. Wenn aber das Fleisch verwest, entsteht eine bestimmte Art von Wurm, der, genährt von den Säften des toten Vogels, Federn hervorbringt. Dann, wenn er stark geworden ist, nimmt er das Nest, in dem sich die Knochen seines Elternteils befinden, und zieht mit diesen aus dem Land Arabien nach Ägypten, in die Stadt, die Heliopolis heißt. Am hellen Tag legt er sie vor den Augen aller Menschen auf den Sonnenaltar und kehrt dann an seinen früheren Aufenthaltsort zurück. Die Priester prüfen dann die Datumsregister und stellen fest, dass er genau so zurückgekehrt ist, wie das fünfhundertste Jahr vollendet wurde.

- Clemens von Rom, Brief an die Korinther 25:2-5

Aus Sicht des griechischen Völkerkundlers Herodot von Halikarnassos (490-420 v. Chr.) liegt der Ursprung des Phoenix im Alten Ägypten. Man nannte ihn dort den »Benu«, einem Namen für den neugeborenen Sohn, in der Hieroglyphenschrift abgebildet, als Symbol für den Purpur-Reiher. Möglicherweise hieraus, entwickelte sich im Laufe der Zeit das Phoenix-Motiv der Wiederauferstehung, womit auch die Vorstellungen einer Seelenwanderung zusammenhängen. Kaum verwunderlich darum, wenn der mythologische Phoenix zu einer Metapher für die Auferstehung Christi wurde.

Der Phoenix in der Alchemie

Splendor Solis 12 - ewigeweisheit.de

Tafel 12 aus dem Buch Spledor Solis.

Aber auch den Alchemisten gilt der Phoenix als wichtiges Symbol. Das Ziel der Alchemie, das Finden des sogenannten »Steins der Weisen«, gilt da als ein Entdecken des Phoenix, ist der sagenhafte Stein bekanntlich doch purpurrot. Und es ist eben dieser mythische Vogel Phoenix, der seinen Prozess der Seelenentwicklung durch eine Selbstopferung erzwingt, wobei er sein Nest zu seinem eigenen Scheiterhaufen macht, wo er es selbst entzündet um darin zu verbrennen. Aus seiner Asche aber erhebt er sich dann, zu neuem Leben verwandelt (die bekannte Redewendung »wie ein Phoenix aus der Asche« aufzuerstehen, steht ja für den Neuanfang nach einer endgültigen Niederlage).

Solcherart Erneuerung und Auferstehung, sind auch zwei grundlegende Konzepte der Alchemie. Und wird dieser roten Stein der Weisen, in einer Transmutation durch Feuer gewonnen. Drum findet man in einigen alchemistische Darstellungen den Phoenix abgebildet, als Sinnbild für die letzte Phase bei der Bereitung des Steins der Weisen, als quasi die Auferstehung des (roten) Steins.

Es geht damit einher die besondere Erfahrung des Alchemisten, durch eine dabei erfolgende Vergeistigung. Er hat sein Wesen so weit integriert, dass er nicht mehr auf seinen physischen Körper als Grundlage seines Seins angewiesen ist und steht nun auf der Gewissheit des Spirituellen – er hat in diesem Sinne den Stein der Weisen erlangt, als spirituellen Kern seines Wesens. Wir können darum auch vom Prozess einer Seelenalchemie sprechen, einer Integration und Reinigung, einer Transmutation der Seele. Alchemisten haben diesen Vorgang abgebildet, durch die Darstellung verschiedener Symbole, die Vögel abbilden, von denen der Phoenix eben als letzter erscheint, auch als ein Hinweis auf das symbolische Sterben im Leben, dass Voraussetzung für allen Neuanfang bildet. Für die Mystiker der Antike war der Phoenix darum auch ein Symbol für die Unsterblichkeit der menschlichen Seele.

Er galt darum den Eingeweihten von einst darum als Symbol der Umwandlung und Regeneration der schöpferischen Energie. Manche behaupten gar, dass der doppelköpfige Phoenix einen Prototyp des androgynen Menschen bildet, der angeblich dereinst als Wesen mit zwei Wirbelsäulensträngen auf Erden leben wird, mit deren Hilfe er das Schwingungsgleichgewicht im Körper aufrechterhalten will.

Der Phoenix bei Herodot

Es gibt noch einen anderen heiligen Vogel, der Phoenix genannt wird, den ich selbst nicht gesehen habe, außer auf einem Gemälde, denn in Wahrheit kommt er sehr selten zu ihnen, in Abständen, wie die Leute von Heliopolis sagen, von fünfhundert Jahren; und diese sagen, dass er regelmäßig kommt, wenn sein Vater stirbt; und wenn er wie das Gemälde ist, ist er von dieser Größe und Beschaffenheit, das heißt, einige seiner Federn sind von goldener Farbe und andere rot, und in Umriss und Größe ist er so ähnlich wie möglich wie ein Adler. Dieser Vogel, so sagt man (aber ich kann die Geschichte nicht glauben), geht folgendermaßen vor: Er zieht von Arabien aus und bringt seinen Vater, so sagt man, in den Sonnentempel (Helios), eingegipst in Myrrhe, und begräbt ihn im Sonnentempel; und er bringt ihn so: Er formt zuerst ein Ei aus Myrrhe, so groß, wie er es tragen kann, und dann versucht er, es zu tragen, und wenn er es ausreichend versucht hat, dann höhlt er das Ei aus und legt seinen Vater hinein und übergießt den Teil des Eies, wo er es ausgehöhlt hat, um seinen Vater hineinzulegen, mit anderer Myrrhe, und wenn sein Vater hineingelegt ist, beweist es (sagen sie), dass es das gleiche Gewicht hat, wie es war; und nachdem er es übergossen hat, bringt er das Ganze nach Ägypten zum Sonnentempel. So sagt man, dass dieser Vogel es tut.

- Aus Herodots Historiae II:73

Herodot beschrieb auch die Erscheinungsform des Phoenix, als einem Adler gleichend. Auch er beschreibt seinen Vogelleib mit glänzenden purpurroten Federn bedeckt, während seine langen Schwanzfedern abwechselnd blau und rot wären. Der Kopf des Phoenix aber ist von heller Farbe, seinen Hals schmückt ein goldener Federkranz. Man könnte auch sagen, dass der Phoenix der Schwan der Alten Griechen und der Adler der Römer war, wie vielleicht auch in Zusammenhang gesehen werden kann, mit dem Pfau als Symbol orientalischer Mythologie (etwa der »Melek Tausi« der Jesiden).

Der Phoenix ist ein heiliges Symbol für das Solare gewesen. Seine Lebensdauer von 500 Jahren setzte den Maßstab für die Bewegung der Himmelskörper, wobei seinen Namen auch ein südliches Sternbildes trägt, womit seine mythische Erscheinung als Symbol, damit auch eine astronomische und astrologische Bedeutung hat.

 

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Spagyrik oder: Die Alchemie des Paracelsus

Autor und Mentor S. Levent Oezkan - ewigeweisheit.de

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Paracelsus - ewigeweisheit.de

Die Ursprünge der Alchemie, sowie die Kunst der Spagyrik, reichen weit zurück in die Vergangenheit der Menschheitsgeschichte. Zwei Prinzipien der Veredelung standen dabei immer im Mittelpunkt des Werkes eines Alchemisten: Solve et Coagula – Löse und Binde.

Aus diesem Solve et Coagula leitet sich auch das Wort »Spagyrik« ab, dass sich ja entsprechend zusammensetzt aus den griechischen Wörtern »spao« und »ageiro«, die wörtlich bedeuten: »trennen« und wieder »vereinigen«.

Während die Alchemie aus der Mysterien-Tradition des Hermes Trisgmegistos hervorging, bildete die Spagyrik als naturheilkundliche Wissenschaft davon eine Teildisziplin. Nach den Gesetzen der Alchemie stellt man da aus Pflanzen, Giftpilzen und Mineralien Heilmittel her. Auf den dabei verwendeten, zwei oben genannten Prinzipien, basierten bereits im Alten Ägyptens die Arbeitsweisen bei der Herstellung solcher Naturheilmittel.

Was wir heute als Spagyrik (also Heilmittel-Alchemie) kennen, geht auf den schweizerischen Arzt Theophrastus von Hohenheim (1493-1541) zurück, genannt Paracelsus:

Darum so lerne Alchemie, sie sonst Spagyria heißt, die lehrt das Falsche scheiden von dem Gerechten

- Paracelsus in seinem »Opus paramirum«

In jenem Trennen oder Herauslösen einer edlen Substanz aus einer unedlen und der darauf folgenden Wiederverbindung beider, beabsichtigte Paracelsus eine Wirkungssteigerung der so behandelten pharmazeutischen Droge (das Wort »Droge« stammt vom niederländischen »droog«, dem Trocknen, womit man Pflanzenteile entsprechend haltbar macht). Damit hob sich Paracelsus ab von der Arzneimittelherstellung des Galenus (128-216 n. Chr.), nach dessen Lehre ein Mensch nur dann erkrankte, wenn das Gleichgewicht seiner vier Körpersäfte (Schleim, schwarze Galle, gelbe Galle und Blut) gestört war. Nach Galenus bereitete man dafür entsprechende pflanzliche Vielstoffgemische, um sie hernach als therapeutische Substanzen zu verwenden. Jene von Paracelsus angewendete Umwandlungsprinzipien zur Wirkungssteigerung fehlten dabei jedoch gänzlich.

Ursachen von Krankheit

Der Mensch bildete für Paracelsus einen Mikrokosmos – eine Welt des Kleinen –, der so im Zentrum der gesamten Schöpfung eines Makrokosmos stand – in einer Welt des Großen. Aus dieser Sichtweise auf das menschliche Sein leitete Paracelsus Zusammenhänge ab, die für ihn auch zwischen Krankheit und Medikament bestanden.

Gott brachte den Menschen zwar die Krankheiten in die Welt, so Paracelsus, doch mit ihnen auch die Heilungsformen. So wie alles in Mikrokosmos und Makrokosmos aus den selben Substanzen besteht, so entstünde nach Paracelsus auch Krankheit, nämlich dann, wenn durch eine äußere Substanz ein entsprechender »Zwilling« im Körper, entzündet zum Ausbruch kommt. Aus diesem Grund versuchte er seine Arzneien im Einklang mit himmlischen Konstellationen herzustellen, da er eben wusste, dass die Vorgänge im Makrokosmos mit denen im Mikrokosmos, und damit auch im Menschen korrespondieren. Am Stand der Sterne und Planeten las er die gleichen Prinzipien ab, mittels derer ein Mensch krank und auch wieder gesund werden konnte:

So nun der Mensch in seiner ganzen Zusammensetzung begriffen werden soll durch einen jeden Arzt, so wisset jetzt, dass die Astronomie (worin die Astrologie enthalten ist) der zweite Grund ist und die obere Sphäre der Philosophie darstellt.

Paracelsus’ Behandlungsmethode bestand jetzt darin, aus der verursachenden Substanz ein Heilmittel herzustellen und es dem Hilfesuchenden zu verabreichen (man denke zum Beispiel an die Verabreichung von Schlangengift bei einem Schlangenbiss). Die Herstellung solch reinen Heilmittels erfolgte mittels der paracelsischen Spagyrik. Durch »Sublimation« und »Destillation« versuchte Paracelsus die im Geheimen wirkenden Substanzen – »Arcana«, wie er sie nannte – von unreinen »Schlacken« zu befreien, und so aus den heilsamen Wirkstoffen Essenzen herzustellen.

Signaturenlehre Paracelsus - ewigeweisheit.de

Illustration zur Signaturenlehre Paracelsus'. Darstellung der Sympathien zwischen Pflanzen und Tieren nach Giambattista della Porta (16. Jahrhundert), aus: Hans Biedermanns Medicina Magica, Metaphysische Heilmethoden in spätantiken und mittelalterlichen Handschriften.

Signaturenlehre

Diese Arcana könne ein weiser Arzt als Heilkräfte erkennen, so Paracelsus, sind sie doch allen Heilpflanzen und Heilmineralien in ihrer Erscheinungsform eingegeben. Schon im Alten Ägypten wusste man von der Wirksamkeit der sich daraus ergebenden Ähnlichkeitsprinzipien. Erst aber Paracelsus erforschte sie eingehend und entwickelte daraus seine Signaturenlehre: Jede Heilpflanze und jedes Heilmineral trägt ein besonderes Kennzeichen, dass einem klugen Alchemisten mitteilt, welche Krankheiten sich damit heilen lassen. Das daraus gewonnene Arcanum (lat. Singular von Arcana, also »Geheimnis«) konnte aber nicht allein den Körper, sondern auch den Geist eines Hilfesuchenden heilen.

Fünf Einflüsse

Mit Hilfe seiner Lebenserfahrung kann der Mensch die Ursachen der Krankheiten finden und dem entsprechend Heilmittel hervorbringen. Dies aber nur, sofern er eben mit den von Paracelsus definierten fünf Krankheitseinflüssen vertraut ist, den sogenannten »Fünf Entia« (von lat. Ens, »Sein« oder »Ursache«):

  • Ens Astrorum: Die Einflüsse der Gestirne.
  • Ens Veneni: Durch den Körper aufgenommene Gifte.
  • Ens Naturale: Die vorherbestimmte Konstitution eines Menschen (wie etwa durch Vererbung).
  • Ens Spirituale: Die Geistigen Einflüsse (etwa vergleichbar mit Psychosomatik, zu Paracelsus Zeiten jedoch vorgestellt als »Geister«).
  • Ens Dei: Der unmittelbare Einfluss Gottes.

Jede Krankheit also, ließ sich laut Paracelsus auf eine oder mehrere dieser Ursachen zurückführen. Hatte ein Mensch zum Beispiel eine schwache Konstitution (Ens Naturale), so erkannte Paracelsus daran, dass die Wirkung eines Giftes (Ens Veneni) auf ihn verstärkt war.

Für die paracelsische Medizin gilt darum die fünf Entia bei der Diagnose einer Krankheit mitzuberücksichtigen, um damit entsprechende Heilmittel herzustellen und Heilverfahren anwenden zu können.

Die fünf Entia bewirken nach Paracelsus ein Ungleichgewicht der drei von ihm genannten fundamentalen, den Körper ausmachenden Grundsubstanzen (Tria Principia): Sulphur, Mercurius und Sal (siehe Erläuterungen dazu unten). Durch die Wiederherstellung des Gleichgewichts dieser Tria Principia, kann dann Heilung erfolgen, beispielsweise durch die Verabreichung entsprechender Mittel. Und eben darum spielen die Dosierungen jener Tria Principia bei der Bereitung eines Heilmittels ihre zentrale Rolle, wo ein Gift durchaus als Heilmittel zur Anwendung gebracht werden kann – wo Gift und Gegengift einander entsprechen. Gemäß Paracelsus waren Arzneimittel nur dann wirksam, wenn sie denselben Ursprung wie die Krankheit selbst hatten.

Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht’s, dass ein Ding kein Gift sei.

- Paracelsus in seiner »Dritten Defension wegen des Schreibens der neuen Rezepte«

Die Tria Principia im Zusammenhang mit den vier alchemistischen Elementen - ewigeweisheit.de

Schaubild: Die Tria Principia im Zusammenhang mit den vier alchemistischen Elementen.
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Mit Hilfe aufwändiger Veredlungsprozesse extrahierte Paracelsus bestimmte Substanzen aus Heilpflanzen und vereinigte sie daraufhin wieder, nachdem er die ursprünglichen Bestandteile besonderen Umwandlungsprozessen unterzogen hatte. Was das im Einzelnen ist, wollen wir uns später noch genauer ansehen. Damit auf jeden Fall gewann er die sogenannten »Essenzen«, die er als besondere Heilmittel anwendete.

Paracelsus kam es hier darauf an, die in Pflanzen, Mineralien und Metallen wirksamen Prinzipien zu finden und daraus zu gewinnen, die er dann durch alchemistische Prozesse zu verstärken versuchte. Er hatte dabei die in den Stoffen Quecksilber, Schwefel und Salz wirkenden »philosophischen Prinzipien« erkannt (Tria Principia, siehe Abb. rechts), die er als Mercurius, Sulphur und Sal bezeichnete.

Bezogen auf den Menschen galt Paracelsus:

  • der Sulphur ist das Prinzip der Seele,
  • der Geist ist Prinzip des Mercurius und
  • das Sal entspricht  dem Körper.

Die Inneren Wirkungsweisen des Menschen

Der Mensch in seinem ganzen Dasein gleicht einem Zusammenspiel aller seiner Bestandteile – sowohl physischer, emotionaler wie auch geistiger. Und so wie die Dinge in der natürlichen Welt mit der Welt der Archetypen korrespondieren, so auch die im Folgenden dargestellten Bestandteile des menschlichen Seins. Was der Mensch etwa an Emotionen in sich trägt, lässt sich mittels der paracelsischen Signaturenlehre ableiten auch aus den natürlichen Formen der Welt der Pflanzen, der Tiere und Mineralien. In dieser Lehre der Korrespondenzen beschrieb Paracelsus Entsprechungen, aus denen er die Existenz vierer innerer Wirkungsweisen im Menschen ableitete.

1. Spiritus Rector: Der Ätherleib

Hiermit ist die Urkraft gemeint, die den Organismus aller Lebewesen individuell beherrscht. Dieser Spiritus Rector galt Paracelsus als das geistige Prinzip, das alle Dinge zusammenhält, als des Menschen innerer Doppelkörper, der in allen Leibesgliedern wirkt, ihnen ihr spezifisches Wesen verleiht und sie bis zum Tod zusammenhält, beginnen diese doch zu zerfallen, sobald einen Menschen die Lebenskraft verlassen hat.

2. Mumia: Die Lebenskraft

Sie ist eine überaus feine, geistige Wirkung, die in allen Körperteilen (Blut, Gewebe und Ausscheidungen) präsent ist. Selbst wenn ein Mensch verstarb, verbleibt diese Kraft noch eine Zeit lang im Körper. Es handelt sich um eine Art Magnetismus, der sich auch auf einen Körper übertragen lässt, was etwa, von Paracelsus inspiriert, später durch den Wiener Arzt Franz Anton Mesmer (1734-1815), in Form sogenannter »Magnetischer Kuren« zur therapeutischen Anwendung kam.

3. Virtutes: Die Naturkräfte

Laut Paracelsus wohnen allen Mineralien und Pflanzen (sowie auch Tieren) bestimmte Wirkungen inne, die sich pharmazeutisch nutzen lassen. Solche wirksamen Kräfte kann ein Arzt an ihren sogenannten »Signa« ablesen, also jenen oben bereits erwähnten Signaturen, wo eben ähnlich aussehende Pflanzen auch ähnliche Wirkungen haben.

4. Tartarus: Die Grobstofflichkeit

Als Tartarus bezeichnete Paracelsus den sogenannten »Weinstein« (chemisch: Kaliumhydrogentartrat, Kaliumsalz der Weinsäure), der sich als kristalliner Bodensatz in Weinfässern bildet. Alchemisten meinten darin ein Bild für die grobstoffliche Materie zu erkennen. Entsprechend dieses eher chemischen Phänomens leitete Paracelsus ab, dass entsprechend, bei sogenannten »tartarischen Erkrankungen«, feste Ablagerungen eben zu entsprechenden Krankheitssymptomen führen (wie zum Beispiel Gallen-, Blasen- und Nierensteine, Gicht, Arthrose, Gewebeverhärtungen, Hautflechten oder Lungenerkrankungen).

Alchemie der Heilkunst

Die Herstellung therapeutisch wirksamer Substanzen kannte man seit alters her. Auch Paracelsus schöpfte aus diesen alten Wissensquellen, doch wusste außerdem, wie er die inneren Wirkkräfte von Pflanzen, Mineralien oder Metallen therapeutisch nutzbar machen konnte, durch ein Herauslösen der Prinzipien von Sulphur, Mercurius und Sal.

Auch heute geht ein Spagyriker hierfür schrittweise vor: Zuerst bereitet er den Ausgangsstoff (die »Prima Materia«). Daraufhin verändert er diese Substanz in mehreren Schritten, wozu insbesondere die Gärung, die Destillation und die sogenannte Veraschung zählen. Alle diese alchemistischen Vorgänge erfolgen in Abstimmung auf makrokosmische Prozesse, die der Alchemist da mittels astrologischer Beobachtung am Stand von Sonne, Mond und Planeten abliest.

1. Fermentatio: Gärung

Wer Geistiges aus dem Materiellen (er)lösen will, muss Letzteres zerstören. Ist der Ausgangsstoff pflanzlich, so erfolgt das durch Verwesung, Verfaulung oder Gärung. Hierbei wird das Material einem organischen Auflösungsprozess unterworfen, wobei Alkohol entsteht, den Paracelsus als Träger des »merkurialischen Prinzips« der Pflanze ansah. Nur so können die drei Prinzipien von Sal (Körper), Sulphur (Seele, Wesen) und Mercurius (Geist) gleichzeitig gewonnen werden. Alle drei Prinzipien behalten dabei ihre Wirkung.

Alembik - ewigeweisheit.de

Abbildung eines Alembik (Destillierhelm) in einer mittelalterlichen Handschrift.

2. Distillatio: Herabtröpfeln

Die aus dem ersten Schritt der Fermentatio hervorgegangene Masse kann wird im nächsten Schritt destilliert. Man setzt dazu meist die schonende Wasserdampfdestillation ein (Wasser verdampft bei 100 °C, während die meisten ätherischen Öle zwischen 40 bis 90 °C verdampfen, Alkohol bei etwa 79 °C). Was dabei als Rückstand bleibt ist

  • ein »fixer« Sulphur und
  • das Destillat eines gereinigten Mercurius und »flüchtigen« Sulphurs.

In diesem Schritt werden also flüchtige Stoffe gewonnen (Alkohol, ätherische Öle). Was als Rest im Destillierkolben zurückbleibt wird danach getrocknet.

3. Calcinatio: Veraschung

Die Trocknung und anschließende Veraschung des Destillier-Rückstands, bei hoher Temperatur, liefert das Sal. Es besteht aus den in der Pflanze vorhandenen, anorganischen Bestandteilen (Asche besteht vor allem aus Oxiden und Karbonaten verschiedener Metalle und Halbmetalle, wie etwa Kalium, Calcium, Eisen, Magnesium, Mangan, Silicium, Natrium). Durch anschließendes Herausspülen aus der Asche (Lösung) werden diese Mineralstoffe und Spurenelemente gewonnen.

4. Coniunctio: Vereinigung

Mit dem letzten Schritt erfolgt die Herstellung der spagyrischen Tinktur: hierfür werden Destillat und Asche miteinander vereinigt. Im daraus entstandenen spagyrischen Präparat wirken die Kräfte einer sogenannten »Chymischen Hochzeit«, deren Symbolik sich etwa abbilden ließe, in der Darstellung einer Vereinigung von Sonne und Mond (makrokosmisch) beziehungsweise Mann und Frau (mikrokosmisch).

Die Spagyrische Essenz

Um aus einer spagyrischen Tinktur eine sogenannte Essenz herzustellen, muss die Tinktur einem mehrmaligen Zirkulationsprozess unterzogen werden. Dafür wird sie innerhalb eines Jahres, bei mäßigen Temperaturen, destilliert. Dieser lange Destillationsvorgang führt zur vollständigen Reinigung der Prinzipien Sulfur und Mercurius, während die Materie des Sal dabei in »Licht« verwandelt und aus dem stofflichen Körper ein »Energiekörper« wird. Bei alle dem werden auch astrologische Zyklen mitberücksichtigt, damit dieser lange Zirkulationsprozess zum »Großen Werk« wird – dem Opus Magnum, was in der Alchemie die erfolgreiche Veredelung des Ausgangsstoffes anzeigt.

 

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Die Hermetik: Eine Religion der Antike

Autor und Mentor S. Levent Oezkan - ewigeweisheit.de

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Hermes Trismegistos - ewigeweisheit.de

Nur die wenigsten unter uns haben jemals von der alten Stadt Harran gehört. Es scheint als sei dieser Name in Vergessenheit geraten, trotz dass es an diesem Ort einst eine Glaubensgemeinschaft gab, die insbesondere für die Hermetik von zentraler Bedeutung ist.

Und was ist die Hermetik? Wer darüber spricht, was manche auch als den »Hermetismus« bezeichnen, meint damit eine seit der Antike existierende Offenbarungslehre. Ihre religiös-philosophischen Weltanschauungen beeinflussten das Denken der Gelehrtenwelt, insbesondere in der europäischen Renaissance. Der Name »Hermetik« aber stammt von dem mythischen Wissensspender Hermes Trismegistos (dem »Dreifach Größten Hermes«). Ihm werden die Verse der berühmten Smaragdtafel (Tabula Smaragdina) zugeschrieben, die durch ihn, so die Legende, einst von Atlantis nach Ägypten kam. Von dort aus breitete sich die hermetische Offenbarungslehre dann in der ganzen antiken Welt aus, zwischen Zweistromland und dem Land der alten Hellenen Griechenlands.

Wieso die Hermetik nun aber insbesondere für das oben genannte Harran so wichtig war und wieso das auch für unsere weiteren Betrachtungen von Belang ist, das wollen wir uns im Folgenden ansehen.

Eine uralte Siedlung in Mesopotamien

Die Stadt Harran befindet sich heute in der Türkei, etwa 20 km nördlich der syrischen Grenze, gelegen zwischen Euphrat und Tigris. Die Gefilde der Ebene von Harran beherbergen die ältesten archäologischen Fundstätten der Erde. Dazu zählt die 11.500 Jahre alte Tempelanlage von Göbekli Tepe oder die 1993 in Şanlıurfa gefundene Statue des sogenannten Urfa-Mannes, dessen Alter manche bis ins 14. Jahrtausend zurück datieren.

Die Großstadt Şanlıurfa, das antike Edessa, beherbergte einst den Urmonotheisten Abraham. Hiermit kommt das alte Harran ins Spiel, das etwa 40 km südlich von Şanlıurfa gelegen ist und der Universität dieser Großstadt sogar ihren Namen verlieh. Nun, Harran wird im Buch Genesis erwähnt, als Heimatstadt des Terach (Genesis 11:32f) – dem Vater des Patriarchen Abraham. Manche glauben dass die antike Stadt Harran ihren Namen sogar von dem gleichnamigen Bruder Abrahams erhalten hatte (Genesis 11:26). Interessant ist auch, dass der Patriarch Jakob (Urvater der Zwölf Stämme Israels), ein Enkel Abrahams, einst von der heute israelischen Stadt Beer Scheva  (deutsch: »Brunnen der Sieben«) nach Harran reiste (Genesis 28:10-19). Auf dieser Reise hatte Jakob den aus der Bibel berühmten Traum von der sogenannten »Jakobsleiter« – einem Ereignis das ja insbesondere in der Kabbala-Tradition von zentraler Bedeutung ist.

Heute bedeckt den Hügel, auf dem einst das alte Harran lag, ein riesiges Trümmerfeld, auf dem man nur noch einzelne Mauersteine verstreut sieht. Lediglich erhalten sind Abschnitte der alten Stadtmauer, sowie Gebäudereste der alten Universität von Harran. Der dort einst befindliche Tempel der Sabier, wurde 1262 mit dem Einfall mongolischer Horden zerstört.

Großer Smaragd - ewigeweisheit.de

Der 14.000 Jahre alte Urfa-Mann (Museum der Stadt Şanlıurfa).

Wer die Sabier waren und welche Bedeutung sie für unsere Betrachtungen haben, dazu mehr in den nachfolgenden Ausführungen.

Die Sternenreligion der Sabier

Sowohl jüdische als auch islamische Quellen behaupten, dass Abraham ein Sternenverehrer gewesen war. Harran, der Ort in dem Abraham zeitweise gelebt haben soll, war eine von sieben Städten, von denen jede einem der sieben Planeten gewidmet war. Ihre antiken Strukturen sollen gebaut worden sein, auf der Grundlage sehr feiner astronomischer Berechnungen der Gestirnbewegungen, insbesondere jener der zwölf Sternbilder und der sieben klassischen Planeten. Drei dieser sieben hatten sie übernommen von ihren griechischen Vorvätern, darunter Helios (Sonne), Ares (Mars) und Kronos (Saturn). Zwei akkadische Götter kamen hinzu, nämlich der Mondgott Sin und Merkur, sowie zwei aramäische Sternengottheiten: Bal (Jupiter) und Balti (Venus). Die Sabier verwendeten damit die auch bei uns bis heute verwendete Zuordnung der sieben Planeten zu den Wochentagen.

Insbesondere in ihren Riten verehrten die Sabier diese planetarischen Gottheiten, um sich mit dem Lauf der Dinge ihrer Gemeinschaft, auf die kosmischen Zyklen abzustimmen. Man opferte da im Namen dieser Wandelsterne dem alleinigen Schöpfer der Welt. Hieraus entwickelte sich der Glaube an die Planeten als Vermittler zwischen den Menschen und Gott. Man sah die Planeten da als körperliche Erscheinungen an, denen göttliche Geistwesenheiten innewohnten und diese regierten (entsprechend eben genannten, den Wochentagen zugeordneten sieben Götter: Kronos, Helios, Sin, Ares, Merkur, Bal und Balti).

Alles in der Natur gestaltete sich und bildete sich fort durch die Einwirkung der Planeten. Die Gesamtheit des Seins war ihrem Einfluss unterworfen. Nichts in der Natur konnte sich bewegen oder entwickeln, so glaubten die Sabier, ohne den Einfluss jener geistigen Potenzen der sieben planetarischen Kräfte.

Der Schöpfer der Welt, so die Sabier, vermochte wegen seiner essenziellen, ursprünglichen Einfachheit, sich in den sieben leitenden Planeten zu vervielfältigen und zu personifizieren. Sie wirkten und wirken auch heute noch, laut der sabischen Lehre, in die irdischen Körper der Wissenden (Eingeweihten) hinein. Bei alle dem aber bliebe die Einheit des Wesens Gottes davon unberührt. Nur sein Handeln kommt in den sieben Sphären zur Wirkung, wobei er darüber auf das Menschsein wirkt und darin zur Erscheinung kommt.

Vermittelst unserer Zungen spricht Gott, vermittelst unserer Augen sieht er, vermittelst unserer Ohren hört, vermittelst unserer Hände greift er, vermittelst unserer Füße kommt und geht er und vermittelst unserer Glieder handelt er.

Es ist nun schwer zu sagen ob entweder der Polytheismus die ursprüngliche Form der Gottesverehrung war oder der Monotheismus. Diese Frage aber dürfte sich vielleicht erübrigen, wenn man eben jene, aus der abrahamitischen Tradition wahrgenommene eine Gottheit, eben als einen Gott der Götter, einen Herrn der Herren, einen Schöpfer alles Erschaffenen ansieht. Gut möglich dass sich aus dieser Vorstellung von einst, dann eine Art von Monotheismus entwickelte. Dabei dürfte es selbsterklärend sein, dass so ein höchstes, göttliches Wesen, in der Vielfältigkeit seiner Erscheinung, später von den abrahamitischen Religionen verschiedenartig aufgefasst wurde.

Aber nicht allein im Abrahametismus existierte die monotheistische Vorstellung des Göttlichen. Auch der griechische Philosoph Platon (428-347 v. Chr.) erwähnte in seinem Werk an verschiedenen Stellen ein höchstes Wesen, als den Vater aller Dinge, den Schöpfer der Götter. Hierauf ging auch der Neuplatoniker Porphyrius (395-420 n. Chr.) ein, in seiner Geschichte der Philosophie. Darin nämlich beschreibt er diesen »einzigen Gott Platons«, als einen »dem kein Name und nichts Menschliches zukommt«. Porphyrius hielt darum auch für unangebracht, diesem höchsten Wesen etwas Materielles zu opfern. Vielmehr durfte man ihn nur durch reines Schweigen und reine Gedanken verehren.

Wie wir später noch sehen werden, stand im Mittelpunkt des sabischen Glaubens ja der sagenhafte Hermes Trismegistos. Wie sich den ihm zugeschriebenen Schriften entnehmen lässt, sprach auch er über diese Einheit des Göttlichen, wo ihm alle Dinge der Welt als Glieder Gottes galten. In dem hermetischen Text Poimandres ließt man dazu:

So wie Himmel, Erde, Wasser und Luft die Glieder der Welt sind, so sind auch Leben, Unsterblichkeit, Kraft, Geist, Notwendigkeit, Natur, Seele, Verstand, dieser Aller Fortdauer und das sogenannte Gute Gottes Glieder. Weil Gott aber Alles vorstellbar macht, so ist er auch durch Alles in Allem [...] der Himmel regiert die intellektuelle Substanz, das heißt die Gottheit. Der Himmel, die Götter, die denselben untergeordneten Daimonen und die Menschen sind alle Teile Gottes.

- Aus dem hermetischen Poimandres Kapitel 12

Astral-Heiligtümer Harrans

In Harran befanden sich einst sieben Tempel, entsprechend den sieben klassischen Himmelskörpern Saturn, Sonne, Mond, Mars, Merkur, Jupiter und Venus. Ein hexagonaler Tempel des Saturn stand dort zusammen mit jeweils einem trigonalen Tempel des Jupiters und Merkurs. Die Architektur Mars-Tempels war rechteckig, jener der Sonne aber quadratisch. Der Sin-Tempel, dem Mond geweiht, besaß eine achteckige Struktur. Dieser dem Mondgott Sin geweihte Tempel wurde sehr wahrscheinlich im Neusumerischen Reich erbaut, wohl um 2.000 v. Chr. Der Tempel zu Ehren der Göttin Venus war, wie der der Sonne, als Quadrat geformt, das in sich jedoch einen trigolanen Bau einfasste. Die Idole in den Tempeln der Sabier waren meist aus den ihnen vorstehenden Planetengottheiten verfertigt. Im Sonnentempel fand man goldene Statuen und Idole, im Mondtempel entsprechend aus silber gehauene Standbilder.

Im Mittelpunkt des Sternenkultes der Sabier aber stand der Mondgott Sin.

Lehmbauten in Harran - ewigeweisheit.de

Lehmbauten in der heutigen Altstadt Harrans.

Sabische Geistesgrößen

Wichtige Geistesgrößen des frühen Mittelalters lebten und wirkten in Harran, wie etwa der im iranischen Tus geborene Jabir ibn Hayyan (721-812), der unter dem Namen »Geber« in die Geschichte der Alchemie eingehen sollte. Doch vor allem die Schriften des in Harran geborenen Magiers und Astrologen Thabit ibn Qurra (826-901), sollten später einmal großen Einfluss haben auf die Gelehrsamkeit jener europäischer Weiser, die zwischen der Zeit des Mittelalters bis in die Renaissance lebten.

Ibn Qurras, im 16. Jahrhundert aus dem Arabischen ins Lateinische übersetztes Werk zur Hermetik, »De Imaginibus« (zu deutsch »Über Bilder«), sollte in der Renaissance zum wichtigsten Text über astrologische Magie werden (neben dem Buch Picatrix aus dem 13. Jahrhundert). So fanden Ibn Hayyans und Ibn Qurras Schriftwerke auch ihren Weg in die christlichen Klöster Europas.

Hermes Trismegistos

Die Sabier von Harran schöpften ihr Wissen aus vielen Quellen. Was sie über die Astralwelt wussten, scheinen sie von den Neuplatonikern (Schulrichtung die im 3. Jahrhundert n. Chr. entstand) übernommen zu haben. Aber auch Wissen aus dem alten Sternenkult der Chaldäer spielte eine wichtige Rolle für sie.

Die Sabier von Harran waren, zwischen 856 bis 1050, für das Geistesleben und die Vermittlung wissenschaftlicher Bildung, wichtig für Rest der arabischen Welt. Durch sie nämlich erhielten sich über die Jahrhunderte hinweg die Weisheiten aus der griechischen Antike, deren Philosophie und Wissenschaft durch ihr Wirken scheinbar problemlos in islamisches Geistesdenken einfließen konnte.

Besonders hervorgehoben werden aber muss die Tatsache, dass sie Hermes Trismegistos als ihren Propheten verehrten und sein Corpus Hermeticum ihr heiliges Buch war. Darauf verweist die Handschrift des Kitab Ihwan as-Safa (Buch der Brüder der Weisheit), einer arabischen Enzyklopädie des 10. Jahrhunderts, dessen Inhalte nicht unbedeutend sind für Geschichte und Entstehung des Geheimordens der Rosenkreuzer.

Andernorts galt Hermes Trismegistos damals als alter ägyptischer Weiser, den man als Erfinder des Schrifttums ansah und als legendären Autor vieler wissenschaftlicher Bücher über Mathematik, Astrologie, Magie, Alchemie, Ethik und Medizin. In seinem Corpus Hermeticum finden sich Lehren in Form mystischer Visionen.

Man setzte Hermes Trismegistos damals auch gleich mit dem griechischen Gott Hermes und dem ägyptischen Gott Thoth (auch: Tehuti). Dass er den Sabiern als Prophet galt, lag an der Tatsache, dass sie das Corpus Hermeticum als Portrait eben dieses göttlich inspirierten Lehrers betrachteten.

Damals begannen manche muslimische Gelehrte Hermes Trismegistos auch gleichzusetzen mit dem im Koran erwähnten Idris, der im jüdisch-christlichen Kontext der biblischen Gestalt Henochs entspricht.

Die Harraner (Sabier) waren im Nahen Osten die wichtigsten Erben des sogenannten ‘orientalischen Pythagoreismus‘, sowie die Wächter und Verbreiter der Hermetik in der islamischen Welt. Sie praktizierten ‘die Religion der Erben des Propheten Idris’

- Seyyed Hossein Nasr

Seit wann die Sabier ihre Kulte jedoch ausübten, ist bisher nicht geklärt. Sie dürften schon im 6. Jahrhundert v. Chr. bestanden haben, doch sollten bereits zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert n. Chr. untergegangen sein.

Übersetzung des Corpus Hermeticum ins Lateinische

Im Jahr 1460 gelangte eine seltene, arabische Handschrift nach Florenz. Möglicherweise war sie in den fünf Jahrhunderten zuvor von Harran in byzantinische Hände übergegangen. Man beauftragte drei Jahre später den berühmten italienischen Philosophen Marsilio Ficino (1433-1499) damit, den Text ins Lateinische zu übersetzen. Die Fertigstellung seiner Übersetzung im Jahr 1471 könnte durchaus angesehen werden, als eine Geburt der europäischen Hermetik. Man verwendete damals den Namen, aus dem oben bereits zitierten »Poimandres«, um damit den Druck dieser Schrift zu betiteln.

Ficino fasste in seiner Vorrede an den Auftraggeber Cosimo de Medici (1389-1464) die antiken Quellen zu Hermes zusammen und konstruierte eine Tradition ursprünglicher Weisheit. Diese Tradition nämlich hatte laut Ficino sogar wesentliche Elemente des Christentums eingeschlossen. Man geht darum auch davon aus, dass es zu ersten Schriftlegungen des Corpus Hermeticum, zunächst zwischen 100 und 300 n. Chr. gekommen sein könnte. Erst später hatte sich das Wissen um das Schriftwerk des Hermes Trismegistos verdunkelt und zersplittert in verschiedene Disziplinen.

(Hermes) stand [...] in Geistesschärfe und Gelehrsamkeit allen Philosophen voran. Als Priester legte er zudem die Grundlagen für ein Leben in der Art eines Heiligen und er übertraf in der Verehrung des Göttlichen sämtliche Priester. Er übernahm schließlich die Königswürde und verdunkelte durch seine Gesetzgebung und Taten den Ruhm der größten Könige. Daher nannte man ihn zurecht den dreimal Größten (Trismegistos). Als Erster unter den Philosophen wandte er sich von der Naturkunde und der Mathematik der Erkenntnis des Göttlichen zu. Als Erster konferierte er über die Herrlichkeit Gottes voller Weisheit, wie auch über die Ordnung der Dämonen und die Wandlungen der Seele. Daher nennt man ihn den ersten Theologen.

- Marsilio Ficino, in seiner Vorrede an den Auftraggeber Cosimo de Medici

Manche behaupten, dass diese Arbeit so großen Einfluss auf das damalige Geistesdenken hatte, dass der eine oder andere sogar vorschlug das Corpus Hermeticums gar in den Textkorpus der Bibel aufzunehmen.

Schließlich aber ließ das Interesse an dem Text nach. Man stieß auf ein jüngeres, in griechischer Sprache verfasstes Werk, das vom Christentum und Neuplatonismus beeinflusst war. Im Untergrund jedoch sollte sich hermetisches Gedankengut weiter verbreiten. Das aber der gesamte hermetische Textcorpus nicht alleinig sabischen Ursprungs ist, sollten die 1945 im ägyptischen Nag Hammadi entdeckten Handschriften bestätigen, womit sich eher von einer ägyptischen Wurzel des Corpus Hermeticum ausgehen lässt.

Erben eines verlorenen Wissens

Interessant ist, dass die Hermetik als Wissenskult von den Sabiern in Harran, in der besonderen Art ihres religiösen Kultes, aufrechterhalten werden konnte, so dass sich daraus unterschiedliche wissenschaftliche und spirituelle Disziplinen, bis ins Mittelalter hinein entfalten konnten. Das sollte die esoterische Tradition des Hermetismus bis in die heutige Zeit merklich bereichern. Könnten die Sabier darum als Erben eines verlorenen Wissens angesehen werden, das einst auf der ganzen Welt verbreitet wurde?

Sicherlich trug ihr Einfluss dazu bei, dass man in der islamischen Welt des 7. und 8. Jahrhunderts, bereits über die mathematischen Mittel verfügte, um damit die Himmelsbewegungen von Sonne und Mond zu berechnen. Denn die Zeitpunkte für das Fasten im Monat Ramadan, wie auch für die fünf täglichen Gebete der Muslime, waren (und sind) auf diese Gestirnsbewegungen genau abgestimmt.

Gemäß dem arabischen Philosophen Abu Yaqub ibn Ischaq Al-Kindi (800-873), basierte die Lehre der Sabier auf der grundlegenden Ansicht, dass die Welt schon immer existierte, basierend auf der Grundlage des Einen, was jedoch unbeschreiblich bleiben muss, da sich diese Wahrheit jenseits allem daraus Entstandenen befindet. Jene astral-planetarischen Zyklen basierten für die Sabier ebenfalls, auf diesem höchsten einen Sein. Wohl das war auch der Grund, dass sie damals als Religionsgemeinschaft von ihren muslimischen Zeitgenossen als Monotheisten toleriert wurden.

 

 

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Transmutation auf Gold...

Autor und Mentor S. Levent Oezkan - ewigeweisheit.de

Autor und Mentor

transmutation auf Gold - ewigeweisheit.de

Assoziativ gesprochen: bei der Transmutation auf Gold geht es auch um den Drachen. In verschiedenen Mythen und Legenden bewacht er, in Höhlen wohnend, das kostbare Sonnenmetall. An einem unzugänglichen Hort im Innern der Erde hält er es verborgen.

Wegen seines unteriridschen Wohnorts scheint er zwar ein recht jämmerliches Dasein in der Dunkelheit zu fristen, doch der Drache birgt in sich ein Feuer, dass er aus dem Gold bezieht. Ja, aus dem Gold!

Gold galt den Alten als geronnenes Sonnenlicht und war somit auch ein Sinnbild äußerer Wärme. Deshalb jagt der Drache dem Gold nach, so die Alchemisten. In der düsteren Kälte der Felsen seiner Gruft würde es ihn sonst wohl frieren. Bevor das Gold in der Sonne glänzt, verbirgt es also ein Drache vor allen Menschen bei sich, im Dunkel der Erde.

Sankt Michael tötet den Drachen - ewigeweisheit.de

Sankt Michael tötet den Drachen. Spanische Illustration aus dem frühen 15. Jahrhundert.
Die Rote Farbe seiner Rüstung ließe sich als Hinweis auf die Rubedo (Rötung) deuten: Die letzte und höchste Stufe im großen Werk bei der Bereitung des Steins der Weisen. Jenen legendären Stein verwendeten die Alchemisten um unedle Metall in Gold umzuwandeln.

Gottessohn des Lichts

Sonne und Gold sind beides Symbole reinen Lichts. Vis-a-vis stehen ebenjene Symbole der Dunkelheit. Als Sonnenkönig ist der alt-griechische Gott Apollon das lichterfüllte Gegenstück zum schwarzen Drachen Delphis. Apollon aber tötete ihn und damit endete eine alte Zeit, so dass etwas Neues geboren werden konnte: das goldene Zeitalter des Lichts. Das aber ist lange her.

Apollon ist ein Lichtbringer, dem man als solchem im späteren Christentum aber den Namen Luzifer gegeben hätte (Lichtbringer oder Lichtträger). Unwissende setzten ihn damit wohl auch gleich, mit der alten Schlange Satan. Dann aber haben wir wieder mit dem Drachen zu tun. Was nun also? Beides?

Gutes und Böses, zwei Seiten der selben Münze auf deren Rand eine Gravur zu lesen ist:

ABRAXAS

Das ist der griechische Name des Gottessohnes der 365 Tage, dem Zeitraum in der sich die Erde um die Sonne "schlängelt". Was aber hat dieser Name mit 365 zu tun? Nun, es soll nicht alles gleich verraten werden. Aber: Sechs mal Sechs mal Zehn und Fünf – oder: 1 + 2 + 100 + 1 + 200 + 1 + 60 = 365. Was hat es damit auf sich?

Diabolisch. Symbolisch. Metabolisch

Werfen wir aber zunächst einmal einen Blick auf das Sinnbild des Lebensbaumes der Kabbala. Diese Struktur nennen manche jüdische Gelehrte den Sefirothbaum. Sefiroth sind archetypische Konzepte, wenn man so will, etymologisch verwandt mit dem deutschen Wort für die "Sphären", hermetischen Gefäßen quasi, in denen sich ganz besondere Eigenschaften verwirklichen lassen, sobald man einen Weg hinein gefunden hat. Dann aber lassen sich in solch abgeschlossenen Einheiten alchemistische Prozesse anstoßen.

In manchen Darstellungen sieht man ein Reptil, eine schwarze Schlange, die sich entlang der Äste dieses geheimnisvollen Lebensbaumes nach oben windet, zur Krone – "nach Kether hin", wie die Kabbalisten sagen. Eine Sonne aber leuchtet im Zentrum dieses Wunderbaumes. Und diese solare Mitte umhüllt Tiphereth, die Schönheit, die sechste Sefirah (Singular von Sefiroth) im Lebensbaum der Kabbala.

Kabbala-Gelehrte haben später die Alchemisten dazu inspiriert, den einzelnen Positionen im Lebensbaum, bestimmte planetarische Mächte zuzuordnen. An der sechsten Position im Lebensbaum aber, der Sefirah Tiphereth, befindet sich gemäß der chaldäischen Reihe die Sonne. Sechs entspricht dem Sonnenlicht.

Nun lesen wir im Neuen Testament:

Und ich sah ein anderes Tier aus der Erde aufsteigen; und es hatte zwei Hörner gleich einem Lamm, und es redete wie ein Drache. [...] Hier ist die Weisheit. Wer Verständnis hat, berechne die Zahl des Tieres!

- Offenbarung 13:11,18

Wer weiterließt kommt zur Symbolik dreier Sechsen. Und jene Zahl, die hier nich stehen muss, ergibt sich wie folgt: In der Magie ist die Rede vom sogenannten "Planetenquadrat der Sonne". Zu diesem, wie zu den anderen sechs klassischen Himmelskörpern, gibt's ein magisches Quadrat. Warum aber magisch? Schauen wir uns dazu einmal die erste Reihe der folgenden Tabelle an, die so ein magisches Quadrat zeigt:

 

6 32 3 34 35 1
7 11 27 28 8 30
19 14 16 15 23 24
18 20 22 21 17 13
25 29 10 9 26 12
36 5 33 4 2 31

 

Addiert man nun einmal alle Zahlen in der obersten Reihe, da erhält man eine bestimmte Summe. Magisch an dieser Figur ist nun die Tatsache, dass egal aus welcher Reihe des Quadrats man die Zahlen zusammenzählt (sechs waagrecht liegende Ziffern, sechs senkrechte oder die beiden diagonalen Zahlenreihen), man immer die selbe Summe sieht. Und da dieses magische Quadrat der Sonne dem Gold und damit auch der Zahl Sechs entspricht, fühlt sich vielleicht die eine oder der andere dazu verleitet, diese Summe eben mit Sechs zu multiplizieren. Und siehe da: Man hält wohl inne, beim Entdecken des wirklichen Endes vom 13. Kapitels jener Offenbarung, aus der wir oben zitierten.

Als erstes sechsmal gesprochen FALABA CALADA LEA.
Danach dann ...

Wissen Sie wie es weitergeht? Obiges Sonnenquadrat verrät's. Drum Vorsicht!

Der Rote Löwe

Wenn nun also die Sonne sym-bolisch aus der sechsten Sefirah Tiphereth strahlt, ist ihr, aus alchemistischer Sicht, das Metall Gold zugeordnet (so wie der Dritten das Metall Blei, der vierten Sefirah das Zinn und der fünften das Eisen) – das Metall also, dass dem dia-bolischen Drachen in seiner pythischen Erdspalte Wärme spenden soll.

Wiederum steht in diesem Zusammenhang nun, mit der zuvor erwähnten, durch den Sonnenkönig Apollon vollzogenen Tötung des bösen Drachen (der die dortige Erdspalte bewachte woraus ein edles Gas hervorströmte), die christliche Symbolik St. Michaels. Erzengel Michael – in der Kabbala bewohnt auch er die sechste Sefirah Tiphereth – erstach den Drachen, stürzte ihn vom Himmel, wo sich ja bekanntlich der paradiesische Lebensbaum befindet – so dass er ins Innere der Erde fiel: Die irdische Unterwelt des Drachen den Apollon erschlug. In der Symbolik Michaels und des Drachen sieht man den Erzengel, wie auch er mit Schwert oder Lanze, das reptilische Ungeheuer tötet. Es geht hier um die "Marter der Metalle", wie es die Alchemie nennt. Mit Lanzenklingen wurde auch Christus am Kreuz von seinen Martern erlöst und Johannes der Täufer vom stählernen Schwert enthauptet. Und dies hat auch eine Querverbindung zum Element Feuer, so wie das Schwert dem Element Luft, der Kelch oder Gral dem Element Wasser und der Stein dem Element Erde zugeordnet sind.

Wenn Michael nun also den Drachen mit einer Lanze ersticht, so kommt da das Feuerprinzip ins Spiel. Ist das dann nicht auch eine Transmutation auf Gold? Man denke etwa an das Simileprinzip des Paracelsus, und assoziiere damit die Reihe: Feuer – Lanze – Sonne – Gold. Und wenn nun die Lanze, ihrer esoterischen Bedeutung nach, mit dem Feuer assoziiert wird, und das Feuer das Element des astrologischen Löwen ist, einem Sternbild über das, astrologisch, wiederum die Sonne regiert, so kommt hier sicher auch der "Rote Löwe" (auch: "Roter Leu") der Alchemisten ins Spiel.

Da ward ein roter Leu, ein kühner Freier,
Im lauen Bad der Lilie vermählt,
Und beide dann mit offnem Flammenfeuer
Aus einem Brautgemach ins andere gequält.
Erschien darauf mit bunten Farben
Die junge Königin im Glas,
Hier war die Arzenei, die Patienten starben,
Und niemand fragte: wer genas?

Aus Goethes Faust – Der Tragödie erster Teil: "Vor dem Tor", Faust zu seinem Famulus Wagner

Jede Veredelung (Transmutation auf Gold) erfolgt ancheinend über den leidvollen, ja sogar qualvollen Weg (Marter). Das Körperliche Prinzip muss geopfert werden, entsprechend dem am Kreuz geopferten Leib Christi, damit das Lichtprinzip der Geistesseele entweichen kann, wie auch der Heilige Dunst aus der Erdspalte zu Delphi, wo nach Apollons Sieg, seither ein toter Drachen fault.

Sonne und Drachen,
wie Apollon und Python,
in Licht und Finsternis,
durch Feuer und Erde,
ergeben die Sechs mal Drei
und Gold aus Blei.

LAFELAC DABLA

 

 

Die magischen Werke eines Rastlosen: Agrippa von Nettesheim und die okkulte Philosophie

Autor und Mentor S. Levent Oezkan - ewigeweisheit.de

Autor und Mentor

Agrippa von Nettesheim - ewigeweisheit.de

Einer der sonderbarsten Gelehrten des sechzehnten Jahrhunderts, ist der Verfasser eines eigenartigen Werks: De Occulta Philosophia - drei Bücher über die Magie. Was hat sich der Autor dabei gedacht, als er geheime Traditionen und okkulte Schriften der Renaissance, in einem eigenen magischen System zusammenfasste?

Wen man damals nämlich verdächtige, sich mit Magie, mit Weissagekunst oder Nekromantie zu befassen, der konnte sich, doch auch seine Nächsten, in ernste Schwierigkeiten bringen. Sich mit solcher Geheimwissenschaft im 16. Jahrhundert zu beschäftigen, war ein äußerst abenteuerliches Unterfangen.

Im Aberglauben von einst, kannte man die wahre Bedeutung des Wortes »Magie« eigentlich nicht. Es ist ein Ausdruck indo-arischen Ursprungs, der einst die Künste einer alten Priesterkaste von Sterndeutern bezeichnete: den Magoi.

Heute verwendet man das Wort, um auf die Fähigkeit eines Menschen hinzuweisen, der etwas Außergewöhnliches, Unerklärliches zu tun vermag und durch geheime Macht auf die Dinge Einfluss nimmt. In der europäischen Renaissance aber glaubte man, Magie sei nichts als Teufelswerk. Was die Alten, als magische Handlungen fürchteten, dahinter vermuten die Menschen der Gegenwart vielleicht etwas Sonderbares, für das es aber sicher eine vernünftige Erklärung gibt. Kaum einer glaubt heute noch an das personifizierte Böse und schon gar nicht an die Hölle. Und wer sich jemandem als »Magier« vorstellt, dürfte ausgelacht werden.

Ahnungslosigkeit und Spekulation also – damals wie heute: Das Wort Magie bleibt ein Rätsel.
Wieso aber sollte man es lösen wollen?

Agrippa von Nettesheim, der Verfasser des Schriftwerks »De Occulta Philosophia«, hatte sich zur Aufgabe gemacht ein vollständiges Werk über die Geheimwissenschaften zu verfassen, was bis zum heutigen Tage die Hauptquelle vieler geblieben ist, die sich mit Hermetik, Kabbala, Alchemie, Numerologie oder Astrologie befassen. Seine Texte aber verwahrte der Autor zunächst im Verborgenen. Doch es blieb ihm nicht erspart, sich mit großen Unannehmlichkeiten und widrigen Umständen konfrontiert zu sehen. Schließlich schlug sein Wirken so große Wellen, dass man über ihn einfach sprechen musste – und das nicht nur unter Freunden.

Wir wollen im Folgenden versuchen, ein Bild des vielbewegten Lebens eines Mannes wiederzugeben, der sich, wie kaum ein anderer seiner Zeit, in so vielen Wissensgebieten auskannte und, wie es scheint, über schier übernatürliche Fähigkeiten zu verfügen schien – doch niemals zur Ruhe kam.

Goldmacher und Kabbalist

Am 14. September 1486 kam in Köln Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim zur Welt, als Erbe eines alten und reichen Rittergeschlechts. Früh schon beschäftigte sich Agrippa, wie man ihn heute kurz nennt, mit den Geheimwissenschaften. Er arbeitete am »Stein der Weisen«. Damit bewegte er sich in fürstliche Kreise, deren Mitglieder bald zu seinen Gönnern wurden und ihn rühmten, wegen seines »Großen Werks«, der Goldmacherkunst.

Zu Agrippas Lebzeiten, zählten die Geheimwissenschaften zu den wichtigen Interessengebieten zeitgenössischer Gelehrter; man denke etwa an John Dee, Edward Kelley oder Isaak Luria, mit denen wir uns noch an anderer Stelle beschäftigen werden. Alles was Agrippa damals an Literatur zum Thema zur Verfügung stand, scheint er auch gelesen zu haben. Seine klassische Bildung war durchaus bemerkenswert: Er verstand acht Sprachen, kannte die Evangelien und biblischen Texte wie zu seiner Zeit kaum ein anderer.

Schon mit 21 Jahren begab er sich nach Paris und stiftete dort eine Geheimgesellschaft. Ihr Zweck: das Studium und die Praxis der geheimen Künste. Dieser Orden breitete sich später sogar aus über Frankreich, fand Mitglieder in Deutschland, England und Italien. Doch bald schon musste er aus finanziellen Gründen nach Köln zurückkehren. Trotzdem setzte er sich das Ziel, bald wieder in Paris zu sein.

Agrippa wechselte immer wieder seinen Platz in der Gesellschaft. Er fand sich als Krieger auf dem Schlachtfeld, ein andermal erfüllte er seine Pflichten als Lehrer. Später begab er sich wieder in Gesellschaft seiner Ordensfreunde, die sich mittlerweile sogar in Spanien fanden. Sein Geld aber verdiente er durch astrologische Deutungen und andere Geheimkünste.

1509 hielt er im alten burgundischen Dola (heute Frankreich) öffentliche Vorlesungen über das Werk Johannes Reuchlins (1455-1522). Dieser hatte zu Lebzeiten, als Christ, wahrscheinlich mehr zur hebräischen Literatur und der Geheimlehre der Kabbala beigetragen, als so mancher ordentliche Rabbiner. In einem seiner wichtigsten Werke »De arte cabalistica«, leitete er die Bedeutung der zehn göttlichen Urkräfte her (siehe: Sefiroth), die bis heute eine zentrale Rolle spielen in der Kabbala. Agrippa auf jeden Fall, erregte mit seinen Vorträgen über Reuchlins Werk großes Aufsehen bei seinen Zuhörern. Man ernannte ihn zum Lehrer der Theologie an der Akademie von Burgund. Selbst die Räte des Parlaments, wohnten seinen Vorlesungen bei.

Doch je erfolgreicher er damit wurde und je mehr Menschen er mit seiner Lehre erreichte, desto mehr geriet er bald auch in Konflikt mit der hohen christlichen Geistlichkeit. Alles was man da nicht mehr verstand, galt als Irrtum und war darum Ketzerei. Nach Meinung der Kirchenoberhäupter konnte es nicht angehen, dass einer ungestraft so geheimnisvolle Bücher öffentlich erklärte, wie jene von Johannes Reuchlin. Vor Allem der burgundische Franziskaner Jean Catilinet (1450-1530) wandte sich gegen Agrippas öffentliches Wirken. Er verleumdete ihn wegen seiner öffentlichen Lehrtätigkeit zur Kabbala und klagte ihn an als Ketzer.
Waren diese Kirchenmänner wie Catilinet, einfach nur Unwissende oder ahnten sie hinter Agrippas Dasein und Wirken noch etwas Anderes?

Einer der zu viele Geheimnisse kannte

Agrippa versuchte nach all den Anschuldigungen, die man gegen ihn vorbrachte, die Gunst der Statthalterin der habsburgischen Niederlande zu gewinnen: Margarete von Österreich (1480-1530). Er schrieb damals, wohl als Widmung, seine Abhandlungen von der Vortrefflichkeit der Frauen und die Vorzüge des weiblichen Geschlechts, und seine Schilderungen der weiblichen Schönheit. Sie brachte er auch in Verbindung mit den kabbalistischen Gesetzen. Doch es schien nicht, als erreiche Agrippa damit seinen Zweck. Denn die Verfolgung von Seiten der Kirche hielten an. Als Vertriebener setzte er sich 1510 nach England ab. Dort verfasste er seine Verteidigungsschrift. Auch mit den Briefen des Heiligen Paulus befasste er sich in dieser Zeit und im selben Jahr noch kehrte er in seine Heimatstadt Köln zurück. Dort hielt er eine Zeit lang Vorlesungen über verschiedene theologische Themen. Wieder fanden diese großen Zulauf.

Portrait von Johannes Trithemius - ewigeweisheit.de

Portrait von Johannes Trithemius von einem Meister H. B., entstanden zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert.

Auf einer Reise nach Würzburg, lernte er den Abt Johannes Trithemius (1462-1516) kennen: einem der größten Adepten der Magie und der Kabbala. Er blieb eine Weile bei seinem neuen Meister, von dem er Vieles gelernt haben will. Auf Trithemius' Anregung, verfasste Agrippa schließlich De Occulta Philosophia. Er wollte darin die alte Magie in ihrer ursprünglichen Reinheit wieder herstellen und vom Vorwurf gefährlicher Irrlehren befreien.

Agrippas Wissen war zu diesem Zeitpunkt so umfassend, dass er auch über genaue Kenntnisse der Stoffe und der Alchemie verfügte. Man ernannte ihn nicht zufällig zum kaiserlichen Rat, denn sein alchemistisches Wissen »war Gold wert«, insbesondere auch, als es um die Verbesserung des Bergwesens zur Gewinnung von Erzen ging. Doch damit nicht genug. Im Jahre 1512 ernannte man ihn zum Hauptmann des kaiserlichen Heeres Maximilans I. Im Krieg gegen die Venezianer zeichnete er sich durch große Tapferkeit aus. Noch auf dem Schlachtfeld schlug man Agrippa zum Ritter. Seine militärischen Ehren, versuchte er auch seine akademische Anerkennung beizugesellen. Das Studium der Geheimwissenschaften aber setzte er über all die Zeit kontinuierlich fort.

Ich wurde Doctor beider Rechte und der Medizin, vorher noch Ritter. Diesen Stand (den eines Ritters) habe ich mir nicht erbettelt, nicht nach einer Seereise angenommen, nicht bei einer Königskrönung durch schamlose Aufdringlichkeit weggeschnappt, sondern auf dem offenen Schlachtfelde, mitten im Kampfe habe ich ihn durch Tapferkeit erworben.

Dereinst sollte Kardinal de Sainte Croix, Agrippa nach Pisa berufen, damit dort seine Talente als Theologe, ihm zu noch mehr Ruhm verhalfen. 1515 dann lehrte Agrippa im lombardischen Pavia. Er hielt dort Vorlesungen über den großen Hermes Trismegistos. Aber auch hier blieb er nur einige Zeit und es scheint. Musste er fliehen?

Agrippa: Anwalt, Arzt und Witwer

Agrippa war verheiratet und hatte einen Sohn. Von seiner Frau sprach er in höchsten Tönen. Sie war ihm, so wörtlich, »ein Weib nach seinem Herzen«, war schön, jung, klug und von edler Abstammung. Seine Freunde in Europa versuchten ihm eine ehrenvolle Stellung zu verschaffen, in Grenoble, Genf, Avignon oder in Metz.

1518 zog Agrippa nach Metz, wo er als Anwalt und Redner wirkte. Allmählich entspannten sich in dieser Zeit auch die Spannungen zwischen ihm und dem Klerus. Doch es war auch die Zeit, in der er sich unschuldig verfolgter Menschen annahm, die der Hexerei angeklagt auf seinen Rechtsbeistand angewiesen waren. Ein Jahr später aber schon, verließ er Metz wieder und begab sich erneut nach Köln. Dort hatte sich der Hauptsitz des deutschen Mönchtums entwickelt.

1521 verlor Agrippa seine liebe Gattin. Daraufhin reiste er nach Genf, wo er sich allerdings nicht in sehr günstigen Verhältnissen wiederfand. Bald schon reiste er wieder ab und kam 1523 ins schweizerische Freiburg, um dort als Arzt zu wirken, wie er es auch schon in Genf tat. Hier heiratete er ein zweites Mal eine Frau, die ihm ebenso lieb war, wie die erste.

Im Jahre 1524 setzte Agrippa seine Reisen fort. Damals kam er nach Lyon, wo er schon bald zu einem angesehenen Mediziner wurde. Die Mutter Königs Franz I. ernannte ihn zu ihrem Leibarzt. Später auch sollte Agrippa ihr als Astrologe dienen, um zu ermitteln, welchen Lauf der Heereszug ihres Sohnes nach Italien nehmen könnte. Agrippa jedoch verweigerte eine Erklärung dazu abzugeben. Es erschien ihm einfach lächerlich, sich mit solchen »Lapalien« zu beschäftigen. Diese Verweigerung nahm ihm die Königsmutter jedoch sehr übel. Schließlich hatte er in der Vergangenheit auch dem Herzog von Bourbon-Montpensier, einem erfolgreichen Heerführer, seine Erfolge prophezeit.

Im Laufe der folgenden vier Jahre, bedrückten Agrippa schwere Geldsorgen. Er verließ Frankreich und kam im Juli 1528 nach Antwerpen. Dort gewann er einen neuen Freund, dem er vielversprechende Aussichten stellte: ihn nämlich wollte er in die Geheimnisse der Alchemie einweihen. Bald erwarb er hier wieder einen sehr guten Ruf als Wunderarzt und erlangte auch in der Öffentlichkeit großes Ansehen. Das aber war auch die Zeit als seine zweite Gattin verstarb, die ihm mehrere Kinder geboren hatte.

Etwas Trost darüber fand er wohl, als er ein Jahr später von König Heinrich von England, dem Kanzler des Kaisers, zum kaiserlichen Archivar und Historiographen bestellt wurde. Doch all seine Erfolge, die ja nun in verschiedenen europäischen Städten bekannt waren, wurden ihm von jenen Mitgliedern des Klerus nicht gut vergönnt. Sie hatten ihn sogar beim Fürsten angeschwärzt. Auch bei anderen verleumdete man Agrippa. Besonders seine »Geheime Philosophie«, die er 1530 in Antwerpen drucken ließ, lieferte seinen Feinden neuen Stoff für Gründe, Agrippa zu verfolgen und auf die inquisitorische Anklagebank zu bringen. Schließlich warf man ihn 1531 tatsächlich in Brüssel ins Gefängnis. Glücklicherweise aber verblieb er dort nicht lange und schon im folgenden Jahr besuchte er den Erzbischof von Köln. Ihm nämlich hatte er seine Occulata Philosophia gewidmet. Der Druck seines Werkes konnte vielleicht darum und trotz der vehementen Angriffe der Inquisitoren, schließlich doch noch erfolgreich abgeschlossen werden. 1533 erschien die erste Ausgabe seines Buches.

Agrippa lebte später, bis 1535 in Bonn, hatte wieder geheiratet, doch sich von seiner dritten Ehefrau bald wieder scheiden lassen. Darauf kehrte er zurück nach Lyon. Hier aber warf man ihn in den Kerker, da er sich noch den Anschuldigungen der Mutter Franz I. ausgesetzt fand. Auf Bitte gewisser Unbekannter aber, ließ man ihn wieder frei.

Von Lyon machte er sich auf nach Grenoble, wo er aber dann noch im selben Jahr im Alter von 49 Jahren verstarb.

Der Mensch im Pentagramm - ewigeweisheit.de

Der Mensch im Pentagramm: Abbildung in Agrippas Werk über die Okkulte Philosophie.

Agrippa. Ein Schwarzmagier?

In der gesamten Zeit seines Wirkens, machten ihm seine Gegner den Vorwurf im Bund mit dem Teufel zu stehen und ein finsterer Zauber zu sein. Man unterstellte ihm, er solle immer einen schwarzen Hund bei sich geführt haben. Darüber berichtete sein Famulus Johann Wier:

Dieser schwarze Hund war von mittlerer Statur und hieß »Montfleur«, welches so viel als »Herr« bedeutet. Ich habe ihn besser gekannt, als irgend ein Anderer, und ihn nicht selten, wenn ich Agrippa begleitete, an einem Haarseile geführt; aber es war ein ganz natürlicher Hund männlichen Geschlechtes, dem Agrippa einen weiblichen fast von gleicher Farbe und Gestalt, den er »Mademoiselle« nannte, beigesellt.

Wie Johann Wier weiter meinte, liebte Agrippa seine Hunde über alles, dass er sie sogar öfters küsste und mit ihnen beim Essen zu Tische saß. Sogar im Bett sollen sie mit ihrem Herrchen geschlafen haben. Da Agrippa seine Wohnung teils wochenlang nicht verließ, doch über den Lauf der Dinge stets unterrichtet war, unterstellte man ihm, einer seiner Hunde sei der Teufel, der ihn über alles Geschehen unterrichte.

Als sich Agrippa dem Tode näherte, soll er diesen Hund zu sich genommen und sein mit Nägeln und nekromantischen Zaubersprüchen besetztes Halsband abgenommen haben und sprach darauf zu ihm:

Geh', unglückliche Bestie, die du Ursache meines ganzen Verderbens warst.

Dieser Hund sei dann zum Fluss Saône, westlich von Genf gerannt und habe sich in die rauschenden Wasser des Stromes gestürzt, ohne je daraus wieder zum Vorschein zu kommen.

Man unterstellte Agrippa, die Menschen so gut getäuscht zu haben, dass er in den Wirtshäusern seine Mahlzeiten mit Stücken aus Horn bezahlte, die die Wirte aber für bare Münzen hielten. Einer seiner Studenten kam ums Leben, als er in Abwesenheit seines Meisters den Teufel anrief. Als Agrippa nachhause kam, fand er dort dessen Leiche, während auf dem Dachfirst seines Hauses Dämonen tanzten. Einen von ihnen soll er dann in den Körper des Verstorbenen kommandiert haben, um ihn darauf hin auf den Marktplatz der Stadt zu zitieren.

Ist etwas an diesen Geschichten wahr? Oder waren es eher die üblen Verleumdungen seiner Gegner, die Agrippa als großen Zauberer in Verruf bringen wollten?

Es ist wohl nicht ganz zufällig, dass zu Lebzeiten Agrippas, die Geheimwissenschaften als solche, immer tiefer in die Verborgenheit verschwanden. Denn es war ihm wohl ganz und gar bewusst, dass er mit seinen okkulten Forschungen ein Wissensfeld betrat, das sehr wohl bei Anderen Missverständnis, Zweifel und sogar Furcht hervorrufen konnte. Wer öffentlich mit solchem Wissen auftritt, setzt sich Angriffen aus - das ist auch heute so. Stellt sich die Frage, wieso die Geheimlehren auch heute noch Menschen studieren?
Nun, es ist wohl bei allen Interessierten das Selbe: Sie suchen nach Wahrheit und haben das Verlangen die Wunder dieser Welt zu verstehen und mit dem so gewonnenen Wissen, ihr Leben zu etwas Besserem zu führen. Was spräche dagegen?

Viele Neugierige sind unter jenen, die sich selbst als Magier sehen, doch nicht die entsprechende Reife und Verantwortung entwickeln konnten. Sie gehen nur vom großen Nutzen ihres Geheimwissens aus. Die unzähligen Übel aber, die einem dabei auflauern können, werden von ihnen – aus Unwissenheit – leider ignoriert. Sie nämlich treten auf, wenn man diese Geheimnisse unrechtmäßig verwendet. Der Mensch ist leider unvorsichtig von Natur aus. Das rührt von seiner irdischen Körperlichkeit her, der er sich ja, dem Mythos nach, erst bewusst wurde, als er einst in den verlockenden roten Apfel biss.

Das Buch der Geheimen Philosophie

Agrippa versuchte durch sein Werk, solche Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, mit denen sich der magische Praktiker konfrontiert sieht. Einem seiner Lehrer, dem oben erwähnten Johannes Trithemius, schrieb Agrippa:

Als ich neulich bei Euch, Ehrwürdiger Vater, in Eurem Kloster bei Würzburg eine Zeit lang mich aufhielt, und wir viel über chemische, magische, kabbalistische und sonstige Wissenschaften und Künste gesprochen hatten, da wurde unter Anderem auch die wichtige Frage aufgeworfen, warum wohl die Magie, die einst nach dem einstimmigen Urteil der alten Philosophen den höchsten Rang einnahm und bei den Weisen und Priestern des Altertums stets im größten Ansehen stand, in der Folge den heiligen Vätern seit der Entstehung der katholischen Kirche immer verhasst und verdächtig gewesen und endlich von den Theologen verworfen, von den heiligen Konzilen verdammt und überall durch gesetzliche Bestimmungen geächtet worden sei.

Es gab eben Zeiten, wo sich böswillige Menschen, Pseudo-Philosophen und angebliche Magier in die Gesellschaft einschlichen, aus reinem Eigennutz. Sie trieben üblen Missbrauch der Geheimlehren und gingen damit vor, gegen die Ordnung der natürlichen Gesetze. Sie gaben auch Schriften heraus, die nur dem Zwecke dienten, tatsächlich Schaden anzurichten.

Nun ist sicher die Frage berechtigt: Werden nicht durch die Verbreitung geheimen Wissens, solche Pseudo-Magier überhaupt erst auf den Plan gerufen?

Es ist sehr leicht okkulte Weisheiten allein zur Befriedigung eigennütziger Zwecke zu missbrauchen, so nach dem Motto »mal eben etwas Magie und schauen was dabei herauskommt«. Was aber einmal ausgesprochen und vernommen wurde, was einmal gedruckt und gelesen wurde, lässt sich nicht mehr zurückziehen. Wer es »in den falschen Hals« bekommt, droht daran entweder zu ersticken, da er nicht über die nötigen Mittel verfügt die Geheimnisse entsprechend zu ordnen und bekömmlich zu machen, oder aber er verdaut solches Wissen zu etwas, wovon ihm nur die übelste Losung bleibt – miefender Abfall, über den sich all die parasitischen Dämonen und bösen Geister hermachen. Darum wohl zieht jeder, der von sich als Magier reden macht, recht schattenhafte, dunkle Spuren hinter sich her – oder aber wird als Scharlatan verlacht.

Es ist sinnlos, seine Zeit mit niedrigen Tätigkeiten zu verschwenden. Damit aber ist keineswegs einfache Arbeit gemeint. Eher geht es um die kleinen »Vergehen«, von denen man glaubt, sie schaden doch eigentlich Niemandem. Was genau damit gemeint ist, darüber weiß nur der Leser selbst bescheid. Wer sich aber mit Magie und solch höherem Wissen der Geheimlehren befasst, sollte tunlichst vermeiden, seinem körperlichen Dasein, irgendwelche schändlichen Ausnahmen zu gestatten.

Und wieder: Das Niedere den Niederen, das Höhere sei nur den hervorragendsten Geistern unter den Menschen zu erlernen gestattet. In Vertrauen sollten solche Geheimnisse weitergegeben werden – von Mund zu Ohr. Wer anders tut, bringt sich entweder in Gefahr oder macht sich, wenn es gut läuft, allenfalls lächerlich.

Gib dem Ochsen Heu und nur dem Papagei den Zucker!

So unter Anderem, antwortete Johannes Trithemius auf Agrippas oben zitierten Brief. Man sollte sich in Acht nehmen, mit wem man über die Geheimnisse der okkulten Philosophie spricht, um nicht jenem Ochsen unter die Füße zu kommen. Doch alles was einer hier zu lesen findet, ist gut genug zu wissen auf was man sich einlässt. Mag sein, dass sich Menschen, die sich für Magie interessieren, sehr schnell voran kommen. Leider aber ahnen sie nicht, dass sie diesen Kreis dereinst, wenn sie es nicht mehr wünschen, kaum noch verlassen können! Man sollte sich also stets vor Augen führen, dass man mit dem Lesen jener Schriften, auch schon mal die Büchse der Pandora öffnet.

Zentrale Themen in Agrippas Werk

Wer sich mit Agrippas Büchern befasst, sieht, dass er die Welt darin als elementaren Kosmos beschreibt. Das heißt nicht das Selbe, worüber die heutige Physik spricht. Eher werden die Elemente der Natur darin beschrieben und wie diese sich so kombinieren lassen, dass man damit allerhand Wunderwerk vollbringt. Das zumindest war ja immer das Ziel jener, die sich dem Studium der Magie widmeten. Alles Untere, so schreibt er, wird beherrscht vom Oberen, empfängt und überträgt durch sich die Wirkungen der »Ersten Ursache«. Die erste Ursache ist das, was man als den »Unbewegten Beweger« bezeichnen könnte - also Gott. Der Urvater aller Alchemisten, Hermes Trismegistos, formulierte dieses hermetische Gesetz in seiner Tabula Smaragdina – der atlantischen Smaragdtafel.

Geheime Figuren der Rosenkreuzer - ewigeweisheit.de

Illustration aus den Geheimen Figuren der Rosenkreuzer. Das Bild zeigt wie vom Obersten, hier als der heilige Name der Kabbala יהוה (JHVH), aus dem ewigen Anfang allen Seins, sich über die Engelwelten über die Gestirne, auf mehreren Stufen, die Wirkungen des Urlichts sich letztendlich in den verschiedenen Formen der Materie enden. Vergrößern +

Durch eine dreifaltig gegliederte Weltordnung – himmlisch-göttlich, elementar-irdisch und intellektuell-geistig – waltet dieses Wirken der ersten Ursache im Kosmos. Und es sind diese drei Teile im Kosmos, über die Agrippa schrieb, in seinen drei Büchern über die Magie.

Wer sie liest, so Agrippa, könne sich stufenweise durch diese drei Welten bewegen, bis vor Gottes Angesicht, den man darin etwa als einen »Autor des Kosmos« bezeichnen könnte. Wer so weit fortschreitet, wird außerdem selbst dazu befähigt, diese Kräfte vom Oberen ins Untere zu leiten. Doch Vorsicht! Wie damals, gilt auch heute der Energieerhaltungssatz. Wer sich in einem bestimmten Umfang bereichert, wird in seinem Leben, in eben gleichem Umfang geben müssen. Bester Beweis dafür scheint mir die Tatsache, dass alle sogenannten Magier, damals wie heute, meist sehr früh verstarben. Ob sie wohl über ihre Verhältnisse lebten?

Die edlen Wirkungen des Sternenlichts

Es gibt eine himmlische Sphärenharmonie, von der die moderne Astronomie nichts mehr zu wissen scheint. Doch die Planeten und Gestirne, sind über bestimmte numerologische Geheimnisse miteinander verbunden. Auch die Lehre von den raumzeitlichen Verhältnissen der Sterne und Planeten im Tierkreis, das heißt also dem, womit sich die Astrologie befasst, spielte bei Agrippa eine wichtige Rolle. Er liefert in seinen Büchern ganz wesentliche Gleichungen und Zuordnungstabellen, die dem Leser Tür und Tor öffnen, zu den verborgensten Geheimnissen des Okkulten und des Jenseits. Man achte auf die erste Stufe, die man hinter jenem Tor dorthin betritt.

Was Agrippa unter dem Wort Magie verstand, war das Wissen über die Natur und die Vollendung ihrer Erscheinungen. Die philosophische Disziplin, galt ihm ebenso dreifältig wie die Welt: natürlich, mathematische und theologisch.

Einer studiert die charakteristischen Erscheinungen in der Welt, ein anderer die Mengen dieser Erscheinungen und wie sie sich im raumzeitlichen Gefüge bewegen und verhalten. Was Letzterem aber abgeht, ist die wahre Verbindung zu kennen, zwischen jenen Erscheinungen in Natur und Kosmos und dem, was Gott ist, was der Geist, was die Engel, was der Teufel, was die Seele, was die Mysterien und was Glaube und Religion sind.

Wer aber beides, das Gemessene und das Ganze zu verbinden weiß, wer die Dimensionen der Dinge ebenso zu erkennen weiß, wie ihre Bedeutungen und Wirkungen im Universum, der, so Agrippa, habe die wahre Philosophie begriffen. Denn so einer kenne die Ursachen hinter den Erscheinungen der sichtbaren Welt. Er weiß von der Metaphysik, die das hinter der sinnlich erfahrbaren, natürlichen Welt Liegende erforscht.

Es ist wohl bekannt, dass Pythagoras und Plato sich nach Memphis begaben, um dort von den Sehern zu lernen und ganz Syrien, Ägypten und Judäa bereisten, die Schulen der Chaldäer aufsuchten, damit ihnen nur nicht entgingen, die allerheiligsten Merkmale und Aufzeichnungen der Magie, doch auch damit sie von Göttlichem erfüllt zur Erkenntnis gelangten.

- Agrippa von Nettesheim

Die Elemente

Was die alten Philosophen Griechenlands von den noch älteren Völkern erlernten, waren die Bedeutungen der Elemente, und zu was sich diese zusammensetzten in der Natur der Steine, Metalle, Pflanzen und im Tierreich.

Vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft: aus ihnen setzen sich alle Stoffe und alle Erscheinungen im Kosmos zusammen. Wenn hier aber zum Beispiel von Wasser die Rede ist, sprach Agrippa nicht allein von jener Flüssigkeit aus der sich die Meere bilden. Eher ist damit ein Prinzip des Fließens und seine gebärende Wirksamkeit gemeint. Sobald sich das Element Wasser mit Erde verbindet, kann der Heilige Geist daraus eine Seele hervorbringen (oder ein Mensch, wie etwa der Rabbi Löw seinen Golem zum Leben erwecken).

Auch Luft ist mehr als das, was man atmet. Es ist der Lebensgeist an sich, der alles Seiende durchdringt und bewegt. Atem als solcher ist Bewegung, bildet den kreislauf. Alles in der Welt atmet wenn man so will. Auch die vier Jahreszeiten sind ein kosmischer Atemvorgang: ein Ausatmen beginnt zu Frühlingsanfang und erreicht seinen Tiefpunkt im Herbst, wenn das kosmische Selbst im Innern der Erde, wieder »einatmet« und damit alles in der Natur entstandene, sich zurückzieht in die Dunkelheit des Winters.

Das Feuer entspricht dem Himmlischen und der Wärme des Wassers und der Erde. Letztere ist aber nicht nur das, was wir im Wald und auf den Äckern finden, sondern das Medium, worin sich ein Same zu Leben entfaltet, solange die Erde rein ist. Und dieser Same kann sowohl geistig, wie auch körperlich sein. Die Erde ist die Substanz, das Wasser gibt ihm die Form, das Feuer die Wärme und die Luft den Atem, so dass sich aus dem Samen, Leben entwickeln kann.

Auch im körperlichen Menschen, haben diese vier Elemente ihre Entsprechungen: Die Knochen bilden die Erde, die Muskeln die Luft (da sich der Körper ja durch sie bewegt), den Lebensgeist das Feuer und das Temperament das Wasser. Doch auch die Seele, setzt sich aus diesen vier Elementen zusammen: die Erkenntnis ist feurig, aus der Luft bildet sich die Vernunft, die Phantasie ist wässrig und die Sinne irdisch. Auch die Sinne lassen sich mittels der vier Elemente aufgliedern, wo das Sehen dem Feuer entspricht, das Hören der Luft (Schall), Geschmack und Geruch durch Wasser repräsentiert werden und schließlich das Empfinden, der Tastsinn irdisch ist.

Die vier Elemente finden sich überall im Kosmos und alles kann im Verständnis ihrer wahren Bedeutung, erkannt und verwendet werden. Denn aus ihnen lassen sich die darin existierenden Eigenschaften ableiten und zu etwas fortentwickeln, was ihnen wiederum entspricht. Das Feurige der Sonne, wird zu Trockenheit der Erde. Das wässrige im Mond, zu den Gezeiten der Meere.

Es sind eben nicht jene Elemente, wie sie die moderne Chemie erklären würde, sondern eher Qualitäten des Seins. Weniger geht es in der Magie um Messbares, als letztendlich um das, was erfahren und erlebt werden kann. Doch insbesondere was man für andere erfahr- und erlebbar macht.

Die Quintessenz und das Elixier

Alles Untere, so sagten wir bereits, empfängt seine Wirkungen vom Oberen. Für Agrippa entsprach auch allem Irdischen etwas Himmlisches: das Untere dem Oberen. Diese beiden Postulate bilden das erste hermetische Prinzip. Die Weltseele aber führt die Wirksamkeiten dieser Entsprechungen von oben nach unten, und wieder von der Wirkung zurück zur Ursache. Diese Ursachen zu kennen will Agrippa in seinen drei Büchern über die okkulte Philosophie, helfen genau zu verstehen.

Die sichtbaren Dinge entstehen durch bestimmte Impulse der geistigen Welt. Auch die in den Dingen liegenden Eigenschaften, und wie sie damit auf andere Dinge wirken. Es sind diese Wirkungen aber unterschiedlich im Grad. Je nach Reinheit oder Verunreinigung, erfüllt sie die selbe Kraft, die sie von der Anfangs erwähnten, impulsgebenden Ursache er-halten haben und nun für sich ent-halten.

Was aber ist diese Ursache beziehungsweise, welche wirksame Kraft liegt in ihr, so dass überhaupt etwas entstehen kann, an das ihre Wirkung übertragen wird?

Ein Mensch etwa, kann ja durchaus auf einen anderen Menschen seine Wirkung übertragen. Das macht er mittels seiner Seelenkräfte. Es ist wie mit einem Magneten: Wenn Sie ihn auf ein Stück Eisen legen, geht sein Magnetismus darauf über. Auch im zwischenmenschlichen Zusammenleben, macht man ähnliche Erfahrung. Unser Umgang prägt unser Leben.

Die Seele des Einen, wirkt auf die Seele eines Anderen, wobei sie selbst oder ihre Wirkungen verändert oder diese beeinflusst werden. Die Kräfte die dabei wirken, werden vermittelst der geistigen Weltsubstanz, der »quinta essentia«, wie sie die Alchemie nennt, vom Einen auf das Andere übertragen.

Wir hatten nun gesagt, dass sich die Dinge aus Feuer, Wasser, Erde und Luft zusammensetzen. Die eben definierte Quintessenz, gleicht einem fünften Element in der Hermetik – etwas, dass sich sowohl über den Vieren, außerhalb von ihnen befindet und sie durchdringt. Und so wie die Quintessenz nun aus dem Inneren der Welt wirkt, so wirkt sie auch aus dem Inneren des Menschen. So wie die Kräfte der menschlichen Seele an seine Körperglieder durch seinen Geist übertragen werden, so breiten sich die Kräfte der Weltseele, durch die Quintessenz aus und durchdringen, formen und verändern die dingliche Welt.

Nichts in der Welt existiert, dass nicht auch etwas von den Wirkungen der Quintessenz in sich trägt. Doch es gibt Dinge, in denen diese Quintessenz ganz reichlich vorhanden zur Wirkung kommt. Und das sind die Himmelskörper. Ihre Strahlen enthalten konzentrierte Wirkungen der Quintessenz. Was sich auf Erden befindet, seiner Natur nach aber diesen himmlischen Kräften entspricht, darauf haben die astralischen Kräfte besonderen Einfluss. Einfachstes Beispiel sind die Sternzeichen des Tierkreises, die einem Menschen bestimmte Veranlagungen mit auf seinen Lebensweg geben. Und diese Übertragung erfolgt durch eben dieses fünfte Element,  die Quintessenz.

Das bedeutet also, das alles real Existierende, von dem was über ihm steht beeinflusst wird, seien es Pflanzen, Steine, Metalle oder die Planeten, über denen die Wirkungen des Fixsternhimmels regieren.

Hieraus schloss Agrippa, dass derjenige, der den Geist der Quintessenz von Materie zu trennen vermag, oder von jenen Dingen Gebrauch macht, in denen die Quintessenz überwiegt (zum Beispiel in der Bewegung der Sternenlichter), wahrlich auf dem besten Wege ist, den Stein der Weisen zu bereiten. Denn auch die alten Alchemisten versuchten, die Quintessenz des Goldes oder des Silbers aus den entsprechenden Metallen zu extrahieren. Wem es unter ihnen gelang, der vermochte mit diesem heiligen Extrakt, jede Substanz in Gold oder Silber zu verwandeln – vorausgesetzt, sie wissen, wie die Quintessenz auf den vermeintlichen Stoff angewendet werden muss, damit sie ihn durchdringt und mit ihren geistigen Prinzipien vollkommen erfüllt.

Man sollte jedoch niemals vergessen, dass immer nur soviel von dem gewünschten Ding hergestellt werden kann, sei es Gold, Silber oder irgendeine andere Sache, wie man entsprechend anderswo, die vermeintliche Quintessenz zu extrahieren vermochte. Nur soviel das Pendel nach links ausschlägt, wird es auch nach rechts sich wenden, doch immer ein wenig schwächer als der erste Ausschlag.

Ähnliches dem Ähnlichen

Das Gesagte dürfte damit etwas erhellen, welche Absicht Agrippa mit seiner Schrift von den Okkulten Philosophie zur Verfügung stellte. Es ging ihm darum zu untersuchen und aufzuschreiben, welche der irdische Substanzen und Dinge, wozu natürlich auch der Mensch als Ganzes zählt, die himmlischen Wirkungen anzunehmen vermögen, um sie hier auf Erden zur etwas Höherem, etwas Geeigneterem zu formen. Das vollbringt aber nur derjenige, der die hermetischen Gesetze verinnerlicht hat.

Ähnliches bringt Ähnliches hervor, Wirkungen zeigen sich als Allegorien ihrer Ursache. Was immer lange stand und Salz enthielt, wird wohl auch irgendwann zu Salz. Das gilt ebenso für unser Leben. Wer sich lange genug mit einer bestimmten Sache beschäftigt, nützlich oder unnütz, und sich damit ihrer Wirkung aussetzt, wird ihr immer ähnlicher. Dieses Ähnlichkeits-Prinzip, fand seinen Weg auch in die Heilkunde. Der deutsche Arzt Samuel Hahnemann (1755-1843) sprach vom »similia similibus curentur«, wo es darum geht, das Ähnliches durch Ähnliches geheilt werden kann – besser bekannt als Simile-Prinzip der Homöopathie, wonach jede Krankheit durch die Substanz geheilt werden kann, die beim Gesunden, der Krankheit entsprechende, ähnliche Symptome hervorruft.

Wer demnach also Wirkungen erzielen will, sollte entsprechende Resultate in der Natur ausfindig machen und versuchen, daraus die besagte Quintessenz zu extrahieren. Je reiner diese Essenz, das »Elixier«, desto einfacher lassen sich damit Zwecke erfüllen und Dinge oder Umstände ineinander verwandeln, zum Wohle des Wissenden oder zu seinem Nachteil. Wer aber zurückschreckt vor der letztendlichen Konsequenz dessen, was auch an Grobheit notwendig ist, um die gewünschte Essenz herzustellen, sollte erst gar nicht damit anfangen. Denn wenn die Sterne auf die Planeten, und diese auf die Mineralien wirken, in die Pflanzen in der Erde gebettet gedeihen, die wiederum von Tieren gefressen werden, dürfte daraus abzuleiten sein, dass bei der Bereitung des Steins der Weisen, insbesondere auch der Tod eine Rolle spielt. Wahre Veränderung kann tatsächlich aufreiben, letztendlich gar zunichtemachen.

Als Kinder lasen wir Fabeln, wo bestimmte Tiere für bestimmte Haltungen und Charaktereigenschaften eines Menschen stehen. Wer diese Eigenschaften in seinem Leben zur Wirkung bringen will, der muss sich eben an jene Tiere wenden und die lebendige Essenz aus ihnen zu geeignetem Zeitpunkt gewinnen, um sie für sich nutzbar zu machen.

Wer sich nun also, mit einem Wissen bereichern will, dass ihm erklärt, wie in solchem Vorgehen zu handeln ist, der kann sich mit Agrippas okkulten Philosophie befassen. Bis ins Detail geht er darin auf die notwendigen Vorkehrungen ein. Wer unter den Lesern aber macht sich die aufwendige Mühe, diese Vorkehrungen auch tatsächlich zu treffen?

Viele Fragen bleiben offen.

 

 

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Vom Goldenen Elixier des Lebens...

Interview mit Tereza Vaclavikova vom Speculum Alchimae Prag

Alchemie Museum Prag - ewigeweisheit.de

Im Februar 2018 verbrachte ich einige Zeit in Prag. Dort besuchte ich verschiedene Orte, die für die Geschichte der mittelalterlichen Magie und Hermetik von Bedeutung sind. Sicherlich gehört zu diesen Orten auch das Alchemie-Museum in der Prager Altstadt. Dort sprach ich mit Tereza Vaclavikova über die Geschichte der Alchemie und welche Rolle einst diese eigenartige Wissenschaft spielte, in den alten Kellern Prags.

Johan von Kirschner: Ihr Museum befindet sich an einem besonderen Ort.

Tereza Vaclavikova: Ja, es ist einer der energetischsten Orte Prags. In alter Zeit gab es an dieser Stelle noch kein Gebäude. Doch immer schon war es ein Kraftort, an den sich Menschen begaben. Hier befand sich bis ins 8. Jhd. eine königliche Gruft. Auch darum besuchten Menschen diesen Ort immer wieder. Alchemisten glaubten, dass im Universum eine positive Energie existiert. Und diese Kraft konzentriert sich wohl auch an diesem Ort.

Auch heute noch sprechen unsere Besucher davon, dass sie die Kraft dieses Ortes wahrnehmen können. Es ist natürlich nicht für alle Menschen gleich, doch Menschen die solche feinstofflichen Energien wahrzunehmen vermögen, sind sich alle einig, dass hier ein echter Kraftort ist.

Johan von Kirschner: Wenn das Gebäude, in dem wir uns gerade aufhalten, sich auf einem Kraftplatz befindet, wussten davon ja auch schon Menschen im Mittelalter.

Tereza Vaclavikova: Sicherlich. 2003 fanden Archäologen unter dem Haus ein altes Kellergewölbe. Rudolf II., einstiger König Boehmens und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, hatte sich hier im Verborgenen ein alchemistisches Laboratorium eingerichtet.

Johan von Kirschner: Wenn sich selbst Kaiser mit Alchemie befassten, was hat es mit dieser geheimen Kunst dann eigetnlich auf sich? Was sind Ihrer Meinung nach die Ursprünge dieser alten Lehre?

Tereza Vaclavikova: Da wär im Westen wohl das Alte Ägypten zu nennen, während im Osten sicherlich das Alte China von größter Bedeutung war. Erst im 14. Jhd. begannen europäische Alchemisten sich intensiv mit den uralten Gesetzen der Alchemie zu befassen. Was sie über die "Hohe Kunst" wussten, brachten wohl griechische Gelehrte aus Ägypten nach Europa.

Johan von Kirschner: Und das Wort "Alchemie" an sich? Was ist sein Ursprung?

Tereza Vaclavikova: Nun, es gibt hier verschiedene Interpretationen, doch eine der wohl gängigsten Erklärungen des Wortes Alchemie, ist sein arabischer Ursprung von "Al-Kimya", dass eine noch ältere Bezeichnung für das Wort alt-ägyptische "Khemet" ist: das schwarze Land. Damit ist die Nil-Region gemeint. Die Ufer des Nils nämlich waren, und sind auch heute noch, sehr fruchtbar. Es heißt auch, dass die Alchemie eine Entwicklung aus der ägyptischen Mythologie sein könnte, beziehungsweise sich aus diesem mythologischem Wissen und den Kenntnissen der Chemie zusammensetzte.

Johan von Kirschner: Könnte man sagen, dass es eine Verbindung gibt zwischen der heute eher naturwissenschaftlichen Chemie und der Alchemie in alter Zeit?

Tereza Vaclavikova: Auf jeden Fall. Die Hohe Kunst der Alchemie war ein Vorläufer dessen, was heute als Chemie bekannt ist. Das Selbe gilt wohl auch für die Physik. Insbesondere für die Metallurgie spielten die Kenntnisse alter Alchemisten eine Rolle, die nämlich beschäftigten sich ja mit den Verfahren zur Gewinnung und Verarbeitung der Metalle. Und da Metalle in der Alchemie von zentraler Bedeutung sind, stammen manche heute noch verwendeter metallurgischer Verfahren aus jener alten Zeit der Alchemisten. Als weiteres Beispiel etwa wäre zu nennen die Technik der Destillation, die ja eine ganz zentrale Rolle spielt bei der Herstellung von Branntwein.

Johan von Kirschner: Wer sich schon einmal ein klein wenig mit Alchemie befasste, weiß, dass Alchemisten stets versuchten aus unedlen Metallen wie etwa Blei, Gold herzustellen. Denken Sie, dass es sich dabei eher um eine Allegorie handelt oder es manchen Alchemisten wirklich gelang Gold herzustellen?

Tereza Vaclavikova: Wahrscheinlich gelang ihnen eher aus bestimmten Mineralen oder chemischen Substanzen Gold zu isolieren, als Metalle ineinander umzuwandeln. Blei etwa hat ja eine andere atomare Struktur als Gold. Gleichzeitig aber besaßen Alchemisten immer schon eine wirklich exakte Kenntnisse davon, wie sich Metalle verhalten und was Blei zu Blei und was Gold zu Gold macht. Vielleicht ist es auch gar nicht so wichtig, ob Alchemisten tatsächlich Gold herstellten. Gut möglich aber, dass der Wunsch Gold herzustellen, eher eine Metapher war für ein noch höheres Wissen über das Sein.

Johan von Kirschner: Selbst aber wenn man das alchemistische Gold als Allegorie interpretiert, machten Alchemisten in ihren Laboratorien viele wichtige Entdeckungen. Wie wurde ihr altes Wissen überliefert oder an andere weitergereicht, so dass wir heute überhaupt davon wissen?

Tereza Vaclavikova: Insbesondere die alten Handschriften der Alchemisten, dienen der heutigen Wissenschaft als Belege über das hohe Wissen dieser einst praktizierenden Gelehrten. Natürlich muss in diesem Zusammenhang der berühmte Stein der Weisen genannt werden wie auch die Smaragdtafel. Auch verschiedene Legenden haben sich über die Jahrhunderte hinweg erhalten, wie etwa über den im 14. Jhd. lebenden französischen Schriftsteller Nicholas Flamel. Über ihn heißt es, ihm wäre gelungen den Stein der Weisen herzustellen jene Substanz die zur Umwandlung von Metallen verwendet wurde, ja angeblich manche sogar einnahmen, um damit ihr Leben zu verlängern. Flamel soll ein uraltes Hieroglyphen-Manuskript besessen haben. Ihm gelang die Übersetzung dieser alt-ägyptsischen Schrift, womit er über das Rezept zur Bereitung des Steins der Weisen verfügte. Man könnte also sagen, dass solche alten Dokumente, sowie ihre vielfältigen Übersetzungen, jene Quellen bilden, die uns über das geheime Wesen der Alchemisten heute berichten.

Johan von Kirschner: Jene Dokumente von denen sie hier sprechen, wurden sie aber nicht ausschließlich geheim gehalten?

Tereza Vaclavikova: Unbedingt! Erst in jüngerer Zeit begannen Gelehrte die alten, geheimen Texte zu entschlüsseln.

Johan von Kirschner: Wieso aber mussten die Texte überhaupt geheim gehalten werden? Gab es Gefahren für jene die sie verrieten?

Tereza Vaclavikova: Nun, man fürchtete im Mittelalter vor Allem die Inquisition der Katholischen Kirche. Alchemie zu betreiben war Gotteslästerung. Drum galten Alchemisten als Häretiker. Sie mussten die alchemistischen Texte erst entschlüsseln, bevor sie ans "Große Werk" gingen. Andererseits wussten die Alchemisten auch, dass ihr Wissen nicht jedermann zugänglich sein durfte. Nur Auserwählten stand alchemistisches Geheimwissen zu, da sie von jenen wussten, dass sie die nötige Reife und Verantwortung mitbrachten, um überhaupt mit solchem Wissen umgehen zu können.

Johan von Kirschner: Dann mussten die Alchemisten also hauptsächlich in verborgenen Laboratorien arbeiten, wo sie wohl ganz außergewöhnliche Experimente durchführten. Weiß man aber heute, was sie dabei untersuchten?

Tereza Vaclavikova: Mit Sicherheit waren die Experimente der Alchemisten eine Kombination aus chemischen Verfahren und spirituellen Ritualen.

Johan von Kirschner: Auch Psychologie?

Tereza Vaclavikova: Ja, auf jeden Fall betrieben Alchemisten Psychologie, wenn auch nicht in der Form was man sich darunter heute vorstellt. Wahrscheinlich aber verwendeten Alchemisten auch magische Kristallkugeln, um darüber mit höheren Wesen wie Engeln oder Dämonen Kontakt aufzunehmen alles andere also, als das was Wissenschaftler heute tun!

Johan von Kirschner: 1564 arbeitete der englische Astrologe John Dee für Königin Elisabeth I. In den 1580er Jahren trat dieser dann in Kontakt mit Edward Kelley, einem der wohl geheimnisvollsten Alchemisten des Mittelalters. Manch sagen Kelley stand in Kontakt mit höheren Wesen aus der geistigen Welt?

Tereza Vaclavikova: Genau. Er empfing besondere Informationen von solchen höheren Geschöpfen. Sie unterrichteten ihn auch über das Wesen jenes Steins der Weisen, nach dem alle Alchemisten suchen. Für John Dee soll Kelley auch in die Zukunft geblickt haben. Doch außer ihm gab es natürlich viele andere Alchemisten, die im Geheimen ihre Studien betrieben. Sicher waren unter ihnen sehr viele christliche Mönche. Alle unter ihnen aber verwendeten geheime Zeichen, die man auch sehr gut auslegen könnte, als Symbole für höhere Bewusstseinsstufen – in etwa vergleichbar mit dem, was der Schweizer Psychologe C. G. Jung als die Archetypen beschrieb: universale Strukturen unserer Seele.

Johan von Kirschner: Vorhin sprachen wir auch kurz über Kaiser Rudolf. Auch er soll in Kontakt gestanden haben zu Edward Kelley. Was wissen Sie darüber?

Tereza Vaclavikova: Kelley war anscheinend der erste, der diesem Fürsten eine Transmutation vorführte, dass heißt also vor seinen Augen Gold herstellte. Später aber wusste man, dass es sich um Trickserei handelte. Dafür wurde Kelley sogar eingekerkert auf der Burg Křivoklát.

Johan von Kirschner: Wenn man sich aber mit der angeblichen Transmutation auf Gold beschäftigt, ist immer die Rede vom Stein der Weisen. Was hat es damit auf sich beziehungsweise woraus besteht der sagenhafte Stein?

Tereza Vaclavikova: Manche sagen er bestünde in Wirklichkeit aus einem weißen oder roten Pulver, dessen Zusammensetzung jedoch unbekannt ist. Man verwendete diesen geheimnisvollen Stoff jedoch beim Schmelzen von Metallen, etwa Blei, und fügte es der Schmelze hinzu. Damit sollte ein Alchemist tatsächlich unedle Metalle in Silber oder Gold umwandeln. Doch da es sich hier um eine Legende handelt, und der Stein der Weisen eine echt mysteriöse Substanz zu sein scheint, kann keiner genau sagen, was es letztendlich war.

Manche aber sagen, besonders der rote Mercurius, heute bekannt als Zinnober, spielte dabei eine ganz zentrale Rolle.

Johan von Kirschner: Vorhin erwähnten Sie die Smaragdtafel. Hat auch Sie etwas mit dem Stein der Weisen zu tun?

Tereza Vaclavikova: Sehr wahrscheinlich ja, denn dieser Stein der Weisen stand für eben jene Substanz, mit der die Umwandlung unedler in edle Metalle gelang. Auch in der Smaragdtafel geht es um jene Substanz, über die wir zuvor sprachen.

Johan von Kirschner: Könnte es vielleicht sein, dass die Smaragdtafel an sich der Stein der Weisen ist?

Tereza Vaclavikova: Das ist eine gute Frage. Gut möglich, dass es da einen Zusammenhang gibt. Zumindest ließe sich darüber diskutieren (lächelt geheimnisvoll).

Johan von Kirschner: Wir hatten nun ja gesagt, dass man durch die Hohe Kunst der Alchemie nicht nur Metalle zu verwandeln vermochte, sondern auch psychologische Aspekte eine Rolle spielten. Glauben Sie, dass ein Studium der Alchemie einem auch heute helfen könnte, etwa bei der Beantwortung von Lebensfragen oder zur Lösung von Problemen?

Tereza Vaclavikova: Die Alchemisten die ich heute kenne, sind alles Leute die sich auch mit den Heilkünsten befassen. Denn mit ihrem Wissen vermögen sie etwa pflanzliche Arzneimittel und Tinkturen herzustellen. All solche Stoffe helfen Menschen schneller von Krankheiten zu genesen, ja sogar länger als Andere zu leben. In alter Zeit etwa beauftragten Könige die Alchemisten unseres Laboratoriums damit, sogenannte spagyirische Heilmittel herzustellen. Darunter etwa auch Opium, dass man dem Adel als Schmerzmittel bei Syphilis verabreichte. Andererseits war insbesondere Rudolf II. interessiert am berüchtigten Lebenselixier, besonders dann, als er im Sterben lag. Es heißt, jenes Elixier war eine alkoholische Tinktur aus verschiedenen Heilkräutern. Die Schriften hierzu fand man hier in unserem Laboratorium. Wir stehen heute in Kontakt mit Benediktinermönchen, die solche Elixiere für uns herstellen. Die dafür verwendeten P anzen werden von den Mönchen etwa zu Vollmond gesammelt und daraus geeignete Heiltinkturen hergestellt. Damit folgt man den Verfahren der alten Zeit.

Johan von Kirschner: Das heißt, Ihre Besucher können bei Ihnen tatsächlich in den Genuss solcher Lebenselixiere kommen?

Tereza Vaclavikova: Unbedingt!

Johan von Kirschner: Vielen Dank Frau Vaclavikova für das Interview.

 

Speculum Alchimae Prag: http://www.alchemiae.cz/en

Was ist der Stein der Weisen?...

Autor und Mentor S. Levent Oezkan - ewigeweisheit.de

Autor und Mentor

Der Stein der Weisen - ewigeweisheit.de

Paris im Jahr 1659: Der legendäre Alchemist Basilius Valentinus veröffentlicht ein geheimnisvolles Buch, mit dem eigenartigen Titel »L'Azoth des Philosophes«, auf deutsch: »Das Azoth der Philosophen«. Was beutet das?

Das Wort Azoth an sich schon ist ein Geheimnis, denn es deutet hin auf jenes »Einige Ding«, von dem in der wundersamen Smaragdtafel des Hermes Trismegistos (Tabula Smaragdina Hermetis) die Rede ist:

Das was oben ist, entspricht dem was unten ist. Und das was unten ist, gesellt sich wiederum zum Oberen, mit dem Vermögen die Wunderwerke eines einigen Dinges zu vollbringen.

- Tabula Smaragdina II

Die ersten beiden Buchstaben A und Z im Namen Azoth, beziehen sich auf den Anfang und das Ende aller Dinge – bei dem das »Einige Ding« am immer es selbst bleibt.

Alchemisten und Magier suchten nach einer einzigartigen, rein-geistigen Substanz. Sie glaubten darin sowohl das Chaos vom Uranfang des Universums zu finden, wie auch jenes vollkommen vollendete Werk, dass sie als den perfekten Stein der Weisen bezeichnen. In der Vereinigung dieser beiden universalen Urformen des Kosmos, sah man in uralter Zeit das, was die Smaradtafel das »Einiges Ding« nennt.

Die Etymologie des Wortes Azoth aber ist arabischen Ursprungs und bedeutet schlicht Quecksilber (arab. الزَّاوُوق‎ Az-Zawuq). Für Alchemisten gilt Quecksilber, genannt Mercurius, als Seele aller Metalle. Dem deutschen Arzt Paracelsus (1493-1541) war Mercurius sogar der Inbegriff einer Universalmedizin. Kaum aber meinte er damit das giftige Metall, als vielmehr ein rein-geistiges, heilendes Prinzip, dass dem Unwissenden jedoch für immer unzugänglich bleibt.

Azoth - ewigeweisheit.de

Illustration im Buch Azoth des Basilius Valentinus: Es veranschaulicht das gesamte Wesen von der siebenstufigen Veredelung des Selbst im Leben eines Menschen.
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Ein alchemistisches Emblem

Im Zentrum dieser außergewöhnlichen Illustration, sieht man das Gesicht eines alten, bärtigen Mannes. Er ist im Begriff sein Werk zu beginnen, indem er die Kräfte des Oberen und des Unteren in sich und in der Welt eint. Das ist das Ziel seiner hermetischen Arbeit.

Wer darum das Bild des Azoth versteht, kann es durchaus als Bild für die Kontemplation verwenden. Dann ist es so, als schaue der Meditierende in einem Spiegel ein Mandala, worin er die Transmutation seines eigenen Lebens zu etwas höherem, erkennen kann.

Der große innere Kreis des Emblems überlagert ein Dreieck, dessen drei Ecken unter ihm hervorragen und die Formen höheren Lebens andeute:

  • Spiritus – Der Geist
  • Anima – Die Seele
  • Corpus – Der Körper

Gemeinsam symbolisieren sie drei archetypische Urkräfte, die den Alchemisten bekannt sind als Sulphur, Mercurius und Sal – die drei philosophischen Prinzipien. Sie bilden eine Heilige Dreiheit im Universum. Als solche wirken sie in allem, was in der manifestierten Welt existiert: materiell oder imateriell. Alles im Kosmos unterliegt ihrer Wirkung: unser Geist, unsere Emotionen, unser Körper, die Planeten des Himmels, die Mineralien, die Pflanzen und die Tiere. Auch in nicht-physische Wesen und Geistern sind diese drei Wirkprinzipien präsent.

Das Siebenfältige Werk

Jenen großen Kreis in der Mitte des Bildes, unterteilen sieben Strahlen eines großen Sterns. Das ist ein Symbol für die siebenfältigkeit von Mikrokosmos und Makrokosmos. Daher enthält jeder der Strahlen das Symbol eines der sieben klassischen Planeten (Makrokosmos), dass gleichzeitig einem klassischen Metall (Mikrokosmos) zugeordnet ist.

Paracelsus nannte dieses Symbol den Stern im Menschen, der die geheimen alchemistischen Prozesse in allen Seelen repräsentiert. Sie entsprechen gleichzeitig den Vorgängen in der universalen Weltseele des gesamten Kosmos.

Die Ziffern 1 bis 7 im Bild weisen hin auf die sieben Arbeitsgänge bei der Bereitung des Steins der Weisen und der Herstellung des Lebenselixiers:

  1. Die Calcinatio – die Kalzinierung oder Veraschung,
  2. die Solutio – die Auflösung,
  3. die Separatio – die Trennung oder Filterung,
  4. die Conjunctio – die Vermählung oder das Schwängern,
  5. die Fermentatio – die Fermentierung,
  6. die Destillatio – die Destillierung und
  7. die Coagulatio – die Gerinnung, die, durch die in der Destillatio erhaltene Substanz, schließlich zur Verfestigung beziehungsweise Manifestierung des erzielten Zustands führt.

Dem aufmerksamen Lesen dürfte auffallen, dass sich zu diesen sieben Stufen, gewiss auch Parallelen ziehen ließen, zum Siebentagewerk im ersten Kapitel der biblischen Genesis.

Die Reihenfolge der sieben hier benannten Arbeitsschritte jedenfalls, sollte der Alchemist bei der Schaffung des Steins der Weisen einhalten. Was in den einzelnen Arbeitsschritten geschieht, erläutern außerdem die Vignetten, die sich zwischen den Strahlen des Siebensterns befinden. Sie enthalten besondere, dem Uhrzeigersinn  folgende Bilder, die wie folgt beschrieben werden:

  1. Vignette: Ein schwarze Krähe sitzt auf einem Totenkopf. Dieses Bild steht für die Nigredo, den Vorgang der Schwärzung, dem Anfangszustand des alchemistischen Prozesses.
  2. Vignette: Hier beobachtet die Krähe, wie sie sich selbst auflöst und sich vor ihr die reineren, weißen Bestandteile ihres Seins zeigen. Was also zurückbleibt war zuvor im Innern verborgen und wird nun sichtbar.
  3. Vignette: Hier sieht man zwei weiße Vögel die an der auf dem Boden liegenden Krähe zerren und sie in Stücke reißen. Dieses Bild steht für die Trennung beziehungsweise Isolierung der Essenz, die zuvor aus der Materie ausgelöst wurde.
  4. Vignette: Zwei weiße Vögel fliegen gen Himmel und erhöhen mit ihren Schnäbeln dabei eine goldene Krone. Dies symbolisiert die Läuterung, der die gewonnene Essenz unterzogen wird. Dabei werden ihr himmlisch-göttliche Kräfte zugeführt und sie damit veredelt.
  5. Vignette: Man sieht hier die beiden Vögel die auf einem Baum in ihrem Nest brüten. Hiermit beginnen die geheimnisvollen Prozesse im Werk des Alchemisten. Denn was dort ausgebrütet wird ist zwar noch verborgen, doch wird sich schon sehr bald offenbaren.
  6. Vignette: Vor einem Rosenbusch liegt ein weißes Einhorn. Nie konnte ein Jäger dieses legendäre Wundertier gefangen. Doch es wird ganz zahm, wenn sich ihm eine Jungfrau nähert. Sie nämlich symbolisiert die vollkommen geläuterte Materie, die sich bereits in greifbarer Nähe befindet. Sie ist der Inbegriff vollkommener Reinheit und Unschuld. Das nämlich sind die maßgeblichen Voraussetzungen, um den Stein der Weisen entgegennehmen zu dürfen.
  7. Vignette: Hier sieht man einen jungen Menschen, der aus einem Grab aufersteht. Jetzt wurde der Stein der Weisen gefunden und das Große Werk der Alchemie vollbracht. Denn jene Auferstehung steht für das ewige Leben, in das der Besitzer jenes geheimnisvollen Steins erwacht. Es wird dieser Stein manchmal auch »der Gral« genannt. Ihn hat der Sucher nun in sich entdeckt.

Sol und Luna: Die Königlichen Himmelsleuchten

Der schematisch dargestellte Körper des Alchemisten, ist der Sprössling der hervorgeht aus der Vermählung der Archetypen des Sonnenkönigs (Sol) und der Mondkönigin (Luna). Sol reitet zu seiner Rechten auf einem Löwen, während Luna zu seiner Linken auf einem Fisch das Meer durchquert.

Auf der Smaragdtafel lesen wir:

Sein Vater ist die Sonne, Seine Mutter der Mond

- Tabula Smaragdina IV

Bei genauem Hinsehen, erkennt man, dass der Sonnenkönig lächelt. Das ist ein Hinweis auf seine extravertierte Art. Er hält in seiner Linken ein Schild und in seiner Rechten ein Szepter: Sinnbilder für seine Macht über Vernunft und die sichtbare Welt.

Der Löwe auf dem er sitzt ruht selbst auf einem Felsen, in dem sich eine Höhle befindet. Daraus erscheint ein feuerspeiender Drache. Er weist hin auf des Sonnenkönigs verborgene, unbewusste Triebe. Denn aus dem extravertierten, immer frohen König, wird manchmal ein arroganter Despot. Damit aber besiegelt er bereits sein Ende, denn der feurige Drachenhauch aus dem Urgrund seines Bewusstseins, wird ihn in seinen Leidenschaften verbrennen.

Die Mondkönigin macht einen eher melancholischen Eindruck. Sie aber hält in ihren Zügeln einen riesigen Fisch, der ihre Macht über das Unbewusste symbolisiert. So hat die Mondkönigin die Vorgänge in ihrem Unterbewusstsein vollkommen unter Kontrolle, etwas also das dem Sonnenkönig fehlt. In ihrer Linken wiegt sie Pfeil und Bogen. Sie stehen für die Hinnahme von Kummer und Leid, dass die Mondkönigin als Teil des Lebens anerkennt.

»Die Chymische Hochzeit«

Sonnenkönig und Mondkönigin stehen für die Ausgangsubstanzen, mit denen der Alchemist sein Werk beginnt. Sie verkörpern seine Erfahrungen, Gefühle und Gedanken, die für seine Arbeit von Bedeutung sind. Er nämlich ist der Erschaffer des Steins der Weisen.

Der Sonnenkönig repräsentiert die Macht des Geistes über das Denken, was im Makrokosmos dem Weltgeist (Spiritus Mundi) entspricht. Die Mondkönigin dagegen repräsentiert die menschlichen Gefühle und Emotionen, die auf makrokosmischer Ebene der Weltseele (Anima Mundi) entsprechen. In der Kabbala ließen sich diese Wirkformen, mit den Sefiroth Binah (göttliche Intelligenz) und Chokmah (göttliche Weisheit) vergleichen. Der Weltgeist ergießt sich als göttliche Intelligenz und ordnende Instanz, in das in der Weltseele wütende, magische Urchaos.

Es scheint nun naheliegend, dass daher beide Prinzipien auf gegenseitige Ergänzung drängen und sich die Ordnung mit dem Chaos vermählen will, der Geist mit der Seelensubstanz, der Intellekt mit der Weisheit. Damit käme es zur sogenannten Heiligen Hochzeit (Hieros Gamos) von Sonnenkönig und Mondkönigin. Auf den Menschen übertragen bedeutete das einen Bewusstseinszustand, in dem ihm gelingt sein Denken mit seinem Fühlen zu verbinden, in sich quasi eine emotionale Intelligenz zu schaffen. Dieser Zustand aber, kann geläutert und erhöht werden, was den Alchemisten in die Lage einer perfekten Intuition versetzt. Damit aber gelingt ihm die vollkommene Erkenntnis über das innerste Wesen der Realität. In der Tabula Smaragdina heißt es dazu:

Alle Finsternis wird von Dir weichen.

- Tabula Smaragdina IX

Womit gemeint sind, die:

Vollendungen der ganzen Welt

- Tabula Smaragdina VI

Ziel des großen Werks

Alle Alchemisten suchten nach diesem Zustand, vollkommener ungetrübter, edelster Weisheit. Man könnte sagen, dass sie versuchten jenen Moment der Erleuchtung, im gesuchten und letztendlich geschaffenen Stein der Weisen zu gewinnen und darin zu bewahren.

Es wäre aber falsch hier nur an ein physisches Mineral oder eine perfekten Edelstein, wie etwa den Smaragd zu denken. Vielmehr handelt es sich beim Stein der Weisen um einen Bewusstseinszustand vollkommener, geistig-seelischer Ordnung. Diese spirituelle Struktur erschafft der wahre Alchemist durch die heilige Vermählung der Gegensätze in ihm – das was C. G. Jung als den Animus und die Anima bezeichnete.

Der Leib des Alchemisten

In der vorliegenden Illustration des Azoth, stehen die vier Gliedmaßen des Alchemisten, für die vier alchemistischen Elemente:

  • sein rechtes Bein steht auf dem Land (Erde),
  • sein linkes Bein steht im Meer (Wasser),
  • seine rechte Hand hält eine brennende Fackel (Feuer) und
  • seine linke Hand greift nach einer Feder (Luft).

Sein Haupt aber steht für das verborgene fünfte, geistige Element: den Äther. Es ist die unsichtbare Quintessenz, durch die sich das im Geist Ausgemalte, in der Realität manifestiert. In der Smaragdtafel heißt es dazu:

Seine Kraft ist am vollkommensten, wenn es sich in die Erde ergießt und sich mit ihr vereint.

- Tabula Smaragdina VII

Zwischen seinen Beinen baumelt ein Würfel, den sechs Sterne umgeben. Dieses Symbol, dass das Wort »Corpus« – der Körper – kennzeichnet, steht für die sechs Richtungen der materiellen Welt: oben, unten, links, rechts, hinten und vorn.

Was aber ist über seinem Haupt zu sehen? Eigentlich sollte sich ja dort der Kopf des Alchemisten befinden. Doch der scheint ins Herz verrückt zu sein. Was man hier aber sieht, ist ein kleines Gebilde, dass zwei lange Flügel tragen: ist damit etwa das dritte Auge gemeint – jene lichtempfindliche Drüse im Zentrum des menschlichen Gehirns?

Geflügelte Sonne - ewigeweisheit.de

Die geflügelte Sonnenscheibe: ein häufiges Symbol im Alten Ägypten, das links und rechts eine Uräus-Schlange ziert. Eigentlich ist dieses Bild auf dem gesamten Erdball verbreitet. Man denke etwa an die Ähnlichkeit des zoroastrischen Faravahar-Symbols.

Womöglich entwickelte sich diese Symbolik aus der geflügelten Sonnenscheibe des Echnaton. Dieses uralte Emblem krönt den magischen, schlangenumwundenen Stab des Hermes: den Caduceus. Er ist das, was im Allgemeinen unter der Bezeichnung »Zauberstab« verstanden wird. Die beiden Schlangen nämlich, die sich daran emporwinden, stehen für zwei geheimnisvolle Kräfte im Körper.

Somit ist der Caduceus an sich ein Symbol für die oben näher erläuterte Heilige Hochzeit des mikrokosmischen Spiritus und der Anima im Menschen, wie ebenso Weltgeist und Weltseele im Makrokosmos.

Was in Basilius Valentinus Emblem also zwischen den beiden Flügeln in der Mitte zu sehen ist, symbolisiert die aufgestiegene Seelenessenz desjenigen, der sie in seinem Körper auf die höchste Stufe des Gehirns brachte. Denn von diesem zerebralen Zentrum aus, kann sich menschliches Bewusstsein, dass diesen Grad der Vollendung erreichte, vom Körper lösen und sich in andere Gefilde des Seins begeben.

In den alt-ägyptischen Mysterien, weihte man die Adepten ein, in diesen Zustand ultimativen Gewahrseins. Man führte ihren Körper an die Todesgrenze, so dass sie ihn als Leiche empfanden, doch gleichzeitig bei vollem Bewusstsein blieben.

Es ist also die Krone des Caduceus, die hier hinter der großen, siebengeteilten Scheibe emporragt. Links brennt ein Feuer, worin sich ein Salamander befindet. Und so wie der Salamander die Wärme des Sonnenlichts benötigt, so benötigt auch die Seele (Anima) das Licht des Geistes.

Auf der rechen Seite der geflügelten Caduceus-Krone aber befindet sich ein Adler, der für den Geist (Spiritus) steht. So wie die kühlende Nacht den Geist beruhigt und ihm zur Reflexion verhilft, so gleitet am Abend der Adler in sein mondbeschienenes Nest.

Vitriol-Formel-Emblem in den Geheimen Figuren der Rosenkreuzer - ewigeweisheit.de

Eine Illustration der berühmten Vitriol-Formel, die ursprünglich in Valentinus' Buch Azoth erschien, jedoch vielfach kopiert wurde. Diese Version stammt aus dem sogenannten "Dritten und letzten Heft" der Geheimen Figuren der Rosenkreuzer.
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Smaragdgrüner Stein der Weisen

In alter Zeit nannte man das smaragdgrüne Eisensalz der Schwefelsäure »Vitriol«. Den Alchemisten aber ist es außerdem der verschlüsselte Name für die prima materia, die Ausgangssubstanz bei der Bereitung des Steins der Weisen. Es handelt sich also nicht um das gewöhnlichesbuchstaben Eisenvitriol, sondern eher um ein geistiges Ausgangsprinzip.

Schauen wir uns noch einmal die Basilius Valentinus' Illustration an: in den Zwischenräumen, umgeben von den sieben Strahlen des Sterns, lesen wir sieben Worte. Ihre Anfangsbuchstaben bilden ein Akronym: Vitriol!

Die innere Bedeutung des Namens Vitriol also ergibt der Satz, den diese sieben Worte im Urhzeigersinn gelesen ergeben:

Visita Interiora Terrae Rectificando Invenies Occultum Lapidem.
Besuche das Innere der Erde, inmitten der du dich läuterst, und du wirst finden den geheimen Stein.

Mit jenem visita, dem Besuch, ist der Beginn einer Reise gemeint, die der Alchemist in den interiora, den innersten Empfindungen seines Körpers auf der terrae, der Erde, einer rectificando, einer Läuterung unterziehen muss. Ist das aber vollzogen, wird er finden, invenies, den Stein der Weisen: occultum lapidem.

Die geheimnisvolle Smaragdtafel aus Atlantis

Autor und Mentor S. Levent Oezkan - ewigeweisheit.de

Autor und Mentor

Smaragdtafel - ewigeweisheit.de

Seit uralter Zeit existiert eine Lehre, die man einem großen Meister zuschreibt: Hermes Trismegistos – Urvater der Alchemisten. Sein großes Werk ist zusammengefasst in 14 geheimnisvollen Sprüchen. Einst gravierte man diesen Text in eine Tafel aus reinem Smaragd. Vor etwa 2.300 Jahren im ägyptischen Alexandria übersetzt, sollte daraus einer der am meisten interpretierten Texte der Menschheit werden.

Somit ist die Smaragdtafel des Hermes Trismegistos, eines der bedeutendsten Dokumente der alten Wissenschaft. Sie ist sogar so wichtig, dass man die Geschichte dieser uralten Wissenschaft untergliedern könnte in die Zeit vor dem Auftauchen der Smaragdtafel und die Zeit danach.

Mehr als zwei Jahrtausende haben viele Gelehrte gerätselt, was es mit dem, auf dieser geheimnisvollen Steintafel eingravierten Text, eigentlich auf sich hat.

Beim ersten Lesen des Textes, scheint man zuerst mal kaum etwas zu verstehen. Doch womöglich ist unser Intellekt für das Verständnis dieses Textes einfach nicht geeignet. Eher versteht der Leser die Zeilen der Smaragdtafel intuitiv – »in seinem Herzen«, wie die Eingeweihten sagen würden.

Der Text dieser mysteriösen Steintafel, zwingt den Leser regelrecht dazu ihn zu interpretieren. Die Tatsache, dass dieser Text unzählige Male interpretiert wurde, spricht für sich. Zu jenen Gelehrten die nach ihrer Bedeutung forschten, zählte auch der Physiker Isaac Newton. Als erster übersetzte er den Text ins Englische.

Alchemisten der Vergangenheit, erkannten in den Zeichen und Zeilen der Smaragdtafel ihre Geheimnisse wieder. Auf den 14 Versen der Smaragdtafel gründeten sie die Fundamente ihres Wissens. Entsprechend trägt das 14. Arkanum des Thoth-Tarot (Golden Dawn) den Titel »Kunst« – eine Anspielung auf die hohe Kunst der Alchemie.

Ursprung der Smaragdtafel

Manche sagen die Spuren der Smaragdtafel ließen sich in einer Zeit finden, wo auch die biblische Genesis ihren Anfang nahm.

Laut der hermetischen Geheimlehren soll die Smaragdtafel von der Alten Atlantis nach Ägypten gebracht worden sein. Man rettete sie aus den Fluten der großen Überschwemmung (Sintflut), vor etwa 11.500 Jahren. Thoth der Atlanter soll sie vor dem Verschwinden bewahrt haben. Er ist der selbe, wie Hermes Trismegistos – der »Dreimalgroße Hermes«, »Herrscher der drei Welten«.

Man kann nicht mit absoluter Gewissheit sagen, ob es sich bei Thoth bzw. Hermes Trismegistos, wirklich um eine menschliche Person handelte. Das ihm zugeschriebene Werk umfasst zehntausende Bücher – die wohl ein Mensch, kaum in einem Leben hätte schreiben können. Eher ist es ein übernatürliches Wesen, eine Art »Aufgestiegener Meister«, wie ihn die moderne Theosophie nennen würde.

Thoth auf jeden Fall, war ein alt-ägyptischer Gott, der den Menschen die Sprache, Mathematik, Magie und die Wissenschaften brachte. Alles Substantive, die man in der einen oder anderen Form ja auch in den Zeilen der Smaragdtafel, in konzentrierter Form wiederfindet.

Großer Smaragd - ewigeweisheit.de

Bodenkachel in der Kathedrale zu Siena (Italien) mit einer Abbildung des Hermes Trismegistus (rechts).

Die Entdeckung der Smaragdtafel

Verschiedene Legenden kreisen um den Fund der Smaragdtafel. Als ich mich längere Zeit mit diesem magischen Objekt beschäftigte, fragte ich mich irgendwann, ob es vielleicht mehrere Kopien der selben Tafel gibt, die man später dann in der alten Welt fand. Denn zum einen heißt es, Hermes Trismegistos sei ein Sohn des biblischen Adam gewesen. Als er sich auf einer Reise auf die indische Insel Ceylon begab, soll er dort den Text auf einer smaragdenen Steintafel gefunden haben.

Auch gibt es eine Legende, dass man die Tafel in einer verborgenen Kammer unterhalb der Großen Pyramide von Gizeh fand.

Abrahams Frau Sarah will auf die Tafel in einer Höhle in der Nähe von Hebron gestoßen sein. Dort soll sie sie aus den krallenden Fingern einer Mumie entrissen haben.

Albertus Magnus schrieb den Fund Alexander dem Großen zu, der die Tafel im Grab des Hermes in Phönizien entdeckt haben will.

Was alle Legenden über den Fund der Smaragdtafel jedoch gemeinsam sagen, ist, dass es sich um einen grünfarbigen Stein handelt, in dem nach Art eines Basrelief, alt-phönizische Lettern eingegraben waren - einer Schrift also, von der alle Alphabete abstammen.

Der Text

Die jüngere Geschichte der Smaragdtafel, beginnt um 300 v. Chr. in Ägypten. Da nämlich übersetzte man den Originaltext zum ersten mal ins Griechische. Im ägyptischen Alexandria, sollte die Übersetzung des Textes dazu beitragen einen Streit beizulegen. Denn die dort ansässigen Gelehrten waren uneinig über die wahren Lehren der Alchemie. Jüdische, griechische und auch ägyptische Alchemisten, sie hatte alle ihre eigene Version von der »Hohen Kunst«. Erst als die Smaragdtafel in die damalige Amtssprache Alexandrias, in das Altgriechische übersetzt wurde, begann tatsächlich eine neue Ära für die Alchemie, war dieser Fund doch Ausgangspunkt einer gemeinsamen Weisheitslehre.

Zu damaliger Zeit war Alchemie kein Werk der Scharlatane, zu was es erst verkommen war im europäischen Mittelalter. Vielmehr handelte es sich um eine Wissenschaft, ja eher sogar eine von Gott inspirierte Begabung. Auf der Grundlage ihrer Lehren, so die alten Alchemisten, basieren die Grundlagen aller Religion und Wissenschaft.

Die Lehren und Praktiken der Alchemisten blieben seit alters her geheim. Sie waren nur einer kleinen Gruppe von auserwählten Priestern zugänglich. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Insbesondere im Mittelalter war es gefährlich als Alchemist erkannt zu werden. Für die Kirche waren die Alchemisten Ketzer und Teufelsanbeter, die man lieber gehängt oder auf dem Scheiterhaufen brennen sah, als sie in ihren »Hexenküchen« kochen zu lassen.

So also kam es zu der Verschwiegenheit, die diese Hohe Kunst bis heute umhüllt. Ihre hermetischen Lehren aber blieben erhalten und wurden, in okkulten Zirkeln, über Generationen vom Meister an den Schüler übergeben. Daher auch das Wort »hermetisch«, dass man im deutschen Sprachraum ja oft zur Bezeichnung von etwas Luftdichtem oder Undurchdringlichen verwendet: es ist etwas, dass unter Ausschluss der Öffentlichkeit besprochen und praktiziert wird – etwas das eben undurchdringlich ist, für alle Nicht-Eingeweihten verschlossen. Gleichzeitig ist der Begriff »hermetisch« aber auch ein Hinweis darauf, dass die Methoden der Alchemie, sich immer auf ein in sich abgeschlossenes System beziehen – ganz gleich ob dabei Mikrokosmos oder Makrokosmos erforscht werden.

Fest steht, dass der Text der Smaragdtafel, das uralte Wissen der westlichen Zivilisation bewahrt. Zwar ist es ein okkulter und für viele, nur schwer zugänglicher Text, doch findet man im Studium der Smaragdtafel die Grundelemente jener alten Offenbarungslehre, die durch Hermes Trismegistos überliefert wurde.

In den 14 Zeilen der Smaragdtafel steht geschrieben, was später ganz wesentlich das naturwissenschaftliche Weltbild beeinflusste, ebenso aber auch die Religionen und den Okkultismus.

»Philosophie des gesamten Universums«

Auch wenn die Lehre der Smaragdtafel universal ist und die Fundamente bildet, auf denen Religion und Wissenschaft gründen, ist sie keineswegs eine allen zugängliche Lehre.

Niemals plauderten Alchemisten die Geheimnisse der Alchemie aus. Uneingeweihte ging die Geheimlehre der Alchemie einfach nichts an. Nicht etwa aber, um ihnen etwas vorzuenthalten, sondern weil dieses Wissen auch gewisse Gefahren birgt.

Am Anfang trug die Smraragdtafel den lateinischen Namen »Tabula Smaragdina« (tabula = Tafel) – denn genau das war sie: eine Tafel aus grünem Stein.

Später nannte man sie auch die »Hermetische Tafel«, (Tabula Hermetica) – oder, gemäß des Ursprungsortes ihrer Übersetzung, die »Ägyptische Tafel« (Tabula Aegyptia).

Dort in Ägypten fließt der Nil, der jährlich seinen schwarzen Schlamm über die Ufer schwemmt. In diesem Schlamm sah man in alter Zeit, eine magische Substanz, denn seine Fruchtbarkeit brachte den Ägyptern ihre Nahrung. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Vom alt-ägyptischen Namen dieser schwarzen »Substanz«, dem »Khem« oder »Khemet«, stammt der Begriff Alchemie: Die schwarze Schlammerde nannten arabische Alchemisten »Al-Khem«.

Das Alter der Smaragdtafel

Niemand weiß, wo sich heute das Original der Smaragdtafel befindet oder ob es überhaupt noch existiert. Nur drei alte, lateinische Übersetzungen sind geblieben, die man einst in Alexandria aus der griechischen Urübersetzung anfertigte.

Was auch immer mit dem Original geschehen ist: der Text der Smaragdtafel, ist eines der wichtigsten Dokumente in der Geschichte der Menschheit – auch wenn die Original-Übersetzungen heute nicht mehr existieren, geschweige denn kaum einer davon je gehört hat.

In seinem Buch »Amphitheatrum Sapientiae Aeternae« bezeichnet der deutsche Alchemist Heinrich Kunrath, die Smaragdtafel sogar als »Monument für die ganze Menschheit«.

Illustration von Hans Vredeman de Vries: Im Labor des Alchemisten - ewigeweisheit.de

Illustration von Hans Vredeman de Vries: Im Labor des Alchemisten. Abbildung im Buch Heinrich Kunraths "Amphitheatrum sapientiae aeternae".
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Nach der arabischen Eroberung Ägyptens im 7. Jhd., wurde das alte alchemistische Wissen durch islamische Gelehrte fortgeführt – so wie etwa durch Abu Musa Dschabir ibn Hayyan. Das alte Wissen der Smaragdtafel kam dann irgendwann im 8. Jhd. über Marokko nach Spanien, wo die Alchemie einen wichtigen Stellenwert in der Wissenschaft einnahm. Dort sollte Dschabir ibn Hayyan später noch eine wichtige Rolle spielen. Sein Name wurde europäisiert als »Geber Arabicus«, der für die Geschichte der mittelalterlichen Alchemie, wie später auch für die Chemie, eine wichtige Rolle spielen sollte.

So kam der einst in Ägypten übersetzte Text der Tabula Smaragdina, irgendwann nach Europa. Hier entwickelte sich die Alchemie in den kommenden tausend Jahren zu ihrer Hochblüte, bis sie Ende des 18. Jhd. durch die moderne Wissenschaft in den Untergrund abgedrängt wurde.

Trotzdem blieb die Smaragdtafel stets die hermetische Grundlage aller alchemistischen Lehren. Das gilt auch heute noch. Erst in den vergangenen Jahrzehnten, gewannen ihre Weisheitslehren wieder an Bedeutung. Insbesondere die Heilkunst wie auch die schönen Künste, sollten von den Weissprüchen der Smaragdtafel profitieren.

 

Eine kommentierte Fassung des Textes finden Sie hier.

 

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Das Opus Magnum - das Große Werk der Alchemisten...

 

Ziel des Opus Magnum, dem lateinischen Name für das "Große Werk" in der Alchemie, ist die Umwandlung eines Ausgangsstoffes in Gold.

Diesen Prozess nennt die Alchemie auch die "Schaffung des Steins der Weisen" (Lapis Philosophorum). In drei Hauptstufen dieses Großen Werks erfolgt die Umwandlung. Die erste Stufe ist die Nigredo, die auf den Anfang und Urzustand der Materie hindeutet - auf die materia prima, die Urmaterie. Der Nigredo folgt die Albedo. Die vollkommenste Stufe bei der Bereitung des Opus Magnum, ist die Rubedo. Mit ihr ist der Stein der Weisen gefunden.

 

Die Rubedo, lateinisch "Rötung", ist die höchste und letzte Stufe im großen Werk (Opus Magnum) bei der Bereitung des Steins der Weisen.

Die alten Alchemisten dachten sich einen roten Drachen, der gegen sich selbst wütet und in einem heftigen Prozess sich in sein eigenes Blut verwandelt. Die Rötung der Ausgangssubstanz zeigt an, dass die Verwandlung gelungen ist.

Jetzt ist der Stein der Weisen bereitet: er ist rubinrot, klar und sehr schwer.

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