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Meditation über das unsterbliche Selbst in uns

Es gibt eine Einheit alles Seienden. Was in der Welt existiert, ist ein Teil davon und damit gleichzeitig auch eins mit ihm. In der folgenden Meditationsübung wollen wir versuchen diese Einheit in unserem Geiste zu vergegenwärtigen. Unermesslich ist die Kraft die daraus strömt.

Doch wie soll man sich als Mensch solch Einheit alles Seienden vorstellen? Denn wenn ihr, als solche, einfach alles entspricht ist sie doch zugleich Unendlichkeit. Und wie soll ein Mensch mit seinem endlichen Geist die genannte erfassen? Das ist unmöglich.

Aber ist das wirklich so? Kann man sich die Einheit des Seins wirklich nicht vorstellen, nicht einmal ansatzweise?

Zwar bewegt man sich als Mensch im Raum und in der Zeit, doch ist weder mit Ersterem noch Letzterem identisch. Man ist jedoch ein Teil der universalen Einheit – zweifellos.

Wenn wir hier nun aber versuchen wollen über diese Einheit zu meditieren, dann setzt das zuerst einmal die Erkenntnis voraus, dass wir ja nicht mit unseren Blutgefäßen oder Nervenbahnen darüber meditieren. Beim Meditieren nämlich geht es um eine besondere Art der Konzentration des Geistes, bei der man vollkommen entspannt zuerst einmal loslässt, von allem was Ding ist und einen Namen hat.

Stille im körperlichen Sein

Grundsätzlich gilt am Anfang jeder Form der Meditation eine Vorbereitung und Einstimmung auf ein geistiges Versunkensein und einem Ermessen des Jetzt. Und so wie man dazu im Innern gedanklich findet, bietet es sich schließlich an, diesen Vorgang durch eine äußere Haltung einzuleiten.

Sie sitzen auf einem Stuhl, ohne sich weiter zu bewegen.

Ihr Rücken ist aufrecht.

Sie schließen die Augen, doch richten ihren inneren Blick dabei entspannt auf ihre Nasenspitze.

Ihre Beine stehen nebeneinander.

So auch legen sie ihre Hände darauf, Ihre Handflächen berühren Ihre Oberschenkel.

Sie werden nun ruhig, lassen los und atmen, langsam und entspannt.

Achten Sie auf Ihren ruhigen Atem.

Kühlend fließt die Luft beim Einatmen in ihre Nasenflügel ein. Ganz leicht erwärmt strömt sie dort auch wieder aus.

Gedanken kommen – und entfernen sich wieder, mit jedem Ausatmen.

Sie lassen immer weiter los, fühlen der Schwere ihrer Glieder nach.

Ihre Schultern, Hände und Arme sind ganz entspannt und werden in Ihrer Vorstellung langsam schwer und warm.

Auch Ihre Hüfte, Beine und Füße sind ganz entspannt und werden in Ihrer Vorstellung langsam schwer und warm.

Ihr ganzer Körper entspannt sich immer weiter.

Aufsteigende Gefühle atmen Sie langsam aus.

Ihre Gedanken kommen – und entfernen sich wieder, mit jedem Ausatmen.

Atmen Sie weiter, ein und aus.

Und nun, ganz ruhig: Öffnen Sie wieder Ihre Augen und schauen kurz um sich.

Sicher sinnvoll, diese ganz einfach beschriebene Meditationsübung auch tatsächlich mehr als nur diesmal zu üben.

Nur zwei Minuten täglich genügen, vorausgesetzt sie nehmen sich die Zeit. Falls nicht, lesen Sie ab hier bitte nicht mehr weiter.

Langsam ausatmen

Grundthema jeder Meditation ist die Konzentration auf die Einheit. Denn Einheit bedeutet ja auch Einfachheit, aus der ja überhaupt erst Vielheit geboren wird, mit all ihren unzähligen Vorstellungen. Genau darum ist es eben nicht einfach sich nur der Einheit zuzuwenden. Unser Denken will eben stets, neue Eindrücke gedanklicher Impulse bewerten.

Aber wie sie auch kommen, können wir sie auch wieder an uns vorüberziehen lassen, so wie Wolken, angeschoben durch den symbolischen Hauch unseres langsamen Ausatmens.

Wer so die Außenwelt einmal sein lässt und stattdessen in sich geht, seine Gedanken sammelt und sie ganz auf die genannte Einheit ausrichtet, der begibt sich wie von selbst in einen meditativen Zustand. Auch wenn das in der Übung selbst nicht so erscheint, kommen die Gedanken dabei tatsächlich zur Ruhe.

Doch wieder: All das ist leichter gelesen als wirklich einfach geübt. Es reicht eben nicht davon nur zu wissen. Man muss es im Leben umsetzen lernen und am besten – wie gesagt – jeden Tag nur zwei Minuten üben.

Der Grund das sie das Selbe hier nochmal lasen ist einfach: Üben Sie zu meditieren gleich jetzt.

Punkt.

Lesen Sie nicht weiter.

Vom Vorstellenkönnen der All-Einheit

Wer so nun vorgeht, der kann sich der hier besagten All-Einheit ganz allmählich nähern. Auch wenn es nicht nur darum geht sich ein Bild von dem Gesagten zu machen, sondern eine wirklich empfundene Ahnung davon zu bekommen, könnte man sich darauf aktiv konzentrieren.

Gäbe es aber auch noch eine andere Form der Vorstellung von dieser allumfassenden Einheit?

Sicherlich stünde einem aktiven Imaginieren gegenüber, ein eher rezeptives Empfangen einer Vorstellung von der Einheit. Denn wenn es um die Vorstellung von der Einheit alles Seienden geht, dann meint das sehr wohl:

  • Sich ein geistiges Bild davon zu machen,
  • doch auch empfänglich zu sein für all das, was für diese Einheit an Bekanntem in unserer Erinnerung aufsteigt oder
  • an neuen Vorstellungen darüber aufgenommen werden kann.

Wenn es um die Einheit geht, dann ist sie etwas das in uns geboren werden und darin von uns auch empfangen werden muss. Das würde uns in Stande versetzen eine Ahnung davon zu bekommen, was universale Einheit ist.

Doch wofür muss ich ahnen was universale Einheit bedeutet?

Eine wohl berechtigte Frage die sich da jemand stellt.

Wer sich der Einheit immer mehr bewusst wird, der lernt damit auch kennen ihre Grenzenlosigkeit, wird damit allmählich vertraut und findet eine solche auch in seinem Leben. Und an seine Grenzen gestoßen ist wahrlich jeder von uns einmal.

Besonders wenn uns eng wird ums Herz, wir Angst haben oder scheinbar keinen Ausweg aus einer Situation im Leben wissen, ist solch ein Bewusstwerden wirklich edel.

Mit dem Üben dieser Bewusstmachung der Einheit kann in uns etwas heranwachsen, das nicht nur Vorstellung bleibt, sondern als Teil von uns selbst zu etwas Lebendigem wird. Es geht hier um die Schaffung eines Keims der Einheit in uns, den wir pflegen und in unserer Vorstellung reifen lassen. Natürlich gibt es weit mehr als diese Form der Meditation. Doch wenn es um ein Erkennen der Einheit allen Seins geht, wäre das eine Möglichkeit sich dieser Vorstellung auch bewusst anzunähern.

Sein in Raum und Zeit

Alles im Universum in dem wir leben, bewegt sich durch Raum und Zeit. Beide Größen bilden die Basis unseres Seins in der Welt. Seit dem Urknall dehnt sich der Raum dieses Universums aus – was auch genau in diesem Augenblick anhält und sich fortsetzt. In dieser Bewegung, aus der die Zeit entsteht, findet statt, was wir als Unbegrenztheit bezeichnen können, denn was sich ausdehnt kennt keine Grenzen.

Stellen Sie sich einmal den Ort vor, an dem Sie sich gerade befinden. Sehr wahrscheinlich haben Sie so etwas schon als Kind ausprobiert. Imaginieren Sie sich aber trotzdem einmal das Folgende und sagen Sie sich dabei:

Ich bin in diesem Raum.

Ich bin in diesem Gebäude.

Ich bin in dieser Nachbarschaft.

Ich bin in dieser Ortschaft oder Stadt.

Ich bin in dieser Region des Landes.

Ich bin in diesem Staat.

Ich bin in diesem Kontinent.

Ich bin auf dem Planeten Erde.

Ich bin auf der Erde im Sonnensystem.

Ich bin in diesem Sonnensystem am Rande unserer Galaxie.

Ich bin in dieser Galaxie neben einer Million weiterer Galaxien.

Welche Art Erfahrung hat das in Ihnen ausgelöst?

An welcher Stelle hörten Sie auf? Oder überlegten Sie vielleicht was nach der letzten Vorstellung, was sich jenseits von alle dem befindet?

Schnell sehen Sie, dass in solch Form einer Kontemplationsübung über die Ausdehnung des Seins, man allmählich dem näher kommt, woraus solch Einheit alles Seienden bestehen könnte. Und was für solche Vorstellungen über den Raum möglich ist, das lässt sich ebenso über die Zeit anstellen, wenn Sie zum Beispiel Folgendes denken:

Ich lebe in diesem Moment.

Ich lebe heute.

Ich lebe diese Woche.

Ich lebe diesen Monat.

Ich lebe dieses Jahr.

Ich lebe in diesem Leben.

Ich lebe in diesem Zeitalter.

Ich lebe in diesem Äon.

Lösung vom Weltlichen

Kontemplative Vorstellungen über Raum und Zeit wie diese, lassen sich mit oder ohne eine Identifikation mit unserem Selbst vollziehen. Dabei stellen Sie sich das Universum als eine unpersönliche Sache vor, das sich in die Raumzeit hin ausdehnt. Oder aber Sie denken an Ihr Bewusstsein, als ein Teil dessen was sich in der Raumzeit ausbreitet. Zwar wären Sie dabei immer in diesem Universum, doch das Universum wäre gleichzeitig auch in Ihnen selbst. Denn so weit wie Sie sich der makrokosmischen Ausdehnungen der Raumzeit bewusstwerden können, ebenso können Sie sich auch der kleinsten und immer kleiner erscheinenden Teile Ihres eigenen Daseins bewusstwerden.

Was geschieht darum, wenn jemand durch Meditation den Zustand der Erleuchtung erreicht, sich dabei löst von allen weltlichen Leiden und Begierden, und dabei erlebt was Buddhisten als Nirwana bezeichnen?

So jemand wird sich seiner Selbst auf eine Weise bewusst, die, metaphorisch gesprochen, einem Tropfen Wasser gleicht, der sich wieder mit dem Meer vereint aus dem er stammt.

Bis zum Nirwana. Er ist eins mit dem Leben und lebt doch nicht. Er ist gesegnet und hört auf zu sein.
Om Mani Padme Hum! Der Tautropfen gleitet in das leuchtende Meer.

– Aus »Das Licht Asiens« von Sir Edwin Arnold; Anm.: Das Mantra »Om Mani Padme Hum« ist Ausdruck der grundlegenden Haltung des Mitgefühls und einer damit angestrebten Vollkommenheit des Übenden, der in meditativer Kontemplation darüber, dieses Mantra rezitiert.

Doch auch das Meer ist Teil des Tropfens, nämlich dann, wenn es seine Form annimmt, so wie der Seelenfunke aus dem unbegrenzten Göttlichen seine Form annimmt, um auf der Erde im Seelenfahrzeug eines menschlichen Körpers zu inkarnieren.

Darum verlieren Sie auch niemals Ihre wahre Identität als Mensch, auch wenn Sie sie eigentlich mit dem Betreten der Erde als neugeborenes Kind vergaßen und sie erst wieder suchen und entdecken, sich wieder an sie erinnern müssen. Doch aufhören zu sein? Niemals hören wir damit auf, da diese Identität des Selbst auf ewig fortbesteht, als Seinsform ohne einen Körper der leidet, ohne Emotionen und ohne Grübelei. Es ist das Selbst das fortbesteht, als Teil des Einen, des Göttlichen und kosmischen Ganzen.

Ebenen des Bewusstseins

Die soeben gefällten Aussagen, sind es wert über sie einmal zu meditieren. Es lässt sich daraus grundsätzlich auf zwei Zustände des Bewusstseins schließen:

  • Jemand ist bewusst.
  • Jemand ist nicht bewusst.

Das aber lässt sich noch einmal genauer unterteilen. Im Westen wurde uns das spätestens durch die Arbeit von Sigmund Freud (1856-1939) gezeigt und später durch seinen Schüler, dem Psychologen Carl Gustav Jung (1875-1961). In ihren jeweiligen Modellen menschliches Bewusstsein gliederten sie dieses in verschiedene Ebenen, was wir uns im Folgenden ansehen wollen.

Laut Freud war da zuerst einmal das Alltagsbewusstsein. In Menschen aber existiert noch ein Bewusstsein das darüber hinaus wirklich ist: Das Unbewusste. Das bezeichnet jedoch etwas, was eigentlich nicht wirklich un-bewusst ist, zumal doch in diesem Freudschen Unbewussten, ununterbrochen ganz wichtige Vorgänge stattfinden, die unsere Art und Weise zu sein, ganz maßgeblich bestimmen.

Komplexität des Unbewussten

Auch unser alltägliches Bewusstsein und unser daraus entwickeltes Handeln, entspringen aus diesem Unbewussten. Besser also man bezeichnete es nicht als »Unbewusstes« sondern als »Unterbewusstsein«. Ist es doch diese latente Bewusstseinsebene die nicht unerheblichen Einfluss ausübt, auf unsere Art zu denken, zu fühlen und zu handeln.

Von diesen Stufen des Bewussten und Unbewussten sprach Sigmund Freud als von zweien, die aber noch eine dritte Stufe trennt:

  • Das Bewusstsein – hat die Aufgabe, Sinneswahrnehmungen von Außen und Empfindungen der Innenwelt zu verarbeiten, doch danach wieder aufzulösen.
  • Das Vorbewusstsein – nimmt Inhalte aus dem Unterbewusstsein nur dann auf, und liefert sie ans Bewusstsein, wenn diese die an der Grenze zwischen Bewusstem und Unbewusstem stattfindende strenge Zensur passieren können.
  • Das Unbewusste (Unterbewusstsein) – für Freud das eigentlich reale Psychische und wegen seiner inneren Natur dem Bewusstsein unbekannt, dabei jedoch gesteuert von Instinkten und Triebimpulsen, die teilweise auch aus verdrängten Erfahrungen ausgelöst auf das Bewusstsein Einfluss nehmen.

Carl Gustav Jung war hingegen davon überzeugt, dass das besagte Unterbewusste weit komplexer noch ist. Jung nämlich hatte in seiner Arbeit als Psychoanalytiker und Therapeut die Beobachtung gemacht, dass im Unterbewusstsein seiner Klienten Symbole und Bildformen auftauchten, von denen sie eigentlich nichts wissen konnten. Denn nicht haben sie, wie es Freud beschrieb, gewisse Aspekte ihres Bewusstseins in ihr Unterbewusstsein »verdrängt«, sondern standen eher mit einer weit umfassenderen Sammlung an archetypischen, inneren Bildern in Verbindung.

Jung nannte darum folgende drei Geistesverfassungen eines Menschen:

  1. Das Bewusste, das weitgehend dem von Freud entspricht.
  2. Das persönliche Unbewusste eines Individuums, was sich aus verdrängten Erfahrungen und vergessenen Inhalten zusammensetzt.
  3. Das kollektive Unbewusste, das für Jung den Hauptbereich des menschlichen Unterbewusstseins bildet, allen Menschen gemein ist und sich wesentlich zusammensetzt aus sogenannten Archetypen (Grundstrukturen menschlicher Vorstellungs- und Handlungsmuster).

Kosmisches Bewusstsein und Weltgedächtnis

Wenn wir von dem persönlichen und kollektiven Unbewussten sprachen, die in Jungs Modell unterhalb des Alltagsbewusstseins wirken, existiert jedoch noch eine vierte Form des Bewusstseins, dass dieses alltägliche Bewusstsein quasi transzendiert. Man spricht da vom »Überbewussten« oder »Super-Bewusstsein«.

Dieses Bewusstsein vermag sich Wissen anzueignen ohne von psychischen Mechanismen Gebrauch machen zu müssen, wobei es dieses Wissen an den bewussten Verstand weiterzugeben vermag. In gewisser Weise ähnelt es einer Fähigkeit die im Sufismus den sogenannten »Uwaisis« zugeschrieben wird, wo Wissen zwischen zwei Individuen über große Distanzen hinweg, spirituell übertragen wird, ohne dass eine direkte Interaktion zwischen ihnen erforderlich wäre. Durch diese Form eines Überbewusstseins sollen auch heute noch sogenannte »Sufi-Heilige« unter der Führung sogar der Propheten oder bereits verstorbener Heiliger stehen.

Ein Buch des Lebens

Allgemein verwendet man den Begriff des Überbewussten, um damit transzendentale Bewusstseinszustände zu beschreiben, die durch Meditation und ähnliche Praktiken erreicht werden, und die dem so Übenden direkten Zugang zum Überbewusstsein und den damit verbundenen kosmischen Instanzen ermöglichen. Dabei erlangtes Wissen muss aber gar nicht aus der Gegenwart stammen oder aus Kreisen Wissender, die sich im eigenen kulturellen Kontext aufhalten. Es kann auch altes Wissen sein oder ein Wissen das aus der Zukunft stammt oder aus einer geografisch weit entfernten Quelle (vergl. Uwaisi) – einem Bewusstseinsfeld von dem die Rede ist auch in Kreisen der modernen Theosophie und Anthroposophie, als das allumfassende Weltgedächtnis der »Akasha-Chronik«.

Das genannte Überbewusstsein, durchaus relevant bei der Erklärung übersinnlicher Phänomene, ist eine Erfahrung in der man sich als Mensch mit dem Sein der Welt, ganz und gar verbunden und mit ihm eins fühlt. Das wäre vergleichbar mit dem Gefühl das vielleicht jemand erlebt, wenn er im Sommer in einer klaren Nacht auf dem Land, am Himmel die Sterne funkeln sieht, während eine leichte Brise den Blättern eines Baumes ein ganz zartes Knistern entlockt. In Momenten wie solchen vielleicht fühlt man sich eins mit dem Ort und dem Augenblick eigener Wahrnehmung, was einem kurzum das Gefühl innigster Verbundenheit verschafft. Da steigt in einem wahrscheinlich ein Empfinden auf, dass dabei jedoch in einer Dimension übergeordneter Wahrnehmung erlebt wird.

Die vierte Ebene

Wenn wir hier nun sprachen von einer weiteren Ebene des Bewusstseins, so ist das etwas wofür man im Alten Indien bereits einen Namen hatte. In der etwa 2.000 Jahre alten philosophischen Schrift der Mandukya-Upanischaden (einem Teil der indischen Veden) ist die Rede von vier Zuständen des Bewusstseins:

  1. Vaishvanara: Wachbewusstsein,
  2. Taijasa: Traumbewusstsein,
  3. Prajna: Tiefschlafzustand und
  4. Turiya: Erleben jenseits allen Tiefschlafs, in Form reinen Bewusstseins.

Über diesen vierten Bewusstseinszustand sagt der oben erwähnte heilige Text:

Turiya ist weder ein Bewusstsein der subjektiven Innenwelt noch der objektiven Außenwelt. Es handelt sich weder um das Bewusstsein dieser beider Welten vereint noch um eine Bewusstseinsmasse. Weder ist es einfach Bewusstsein noch ist es Unbewusstsein. Vielmehr ist Turiya nicht erkennbar, unergründlich und darum rätselhaft. Es kann nicht gedacht oder beschrieben werden. Es ist ein Bewusstsein, das sich in den drei Zustandsformen des Selbst manifestiert. Alle Phänomene nehmen darin ein Ende. Es ist absoluter Frieden, reine Seligkeit und jenseits aller Dualität. Dies ist, was als der Vierte (Bewusstseinszustand) bezeichnet wird. Dies ist der Atman, den es zu erkennen gilt.

– Mandukya-Upanischad, Vers 7

Um genauer darzulegen, wofür dieser sagenhafte vierte Bewusstseinszustand steht, bedarf es besonderer Metaphern zum Verständnis, mindestens aber geeignete Analogien. Und als solche führten wir oben ja bereits auch die vier Bewusstseinszustände ein, beschrieben in den indischen Upanischaden.

Wenn wir darum versuchen diese Analogien auf unser Leben zu übertragen, so wäre unser Wachbewusstsein, der normale, alltägliche Zustand, in dem wir die Welt über unsere Körpersinne wahrnehmen, in Form einer »äußeren Persönlichkeit«, was sich jedoch nur auf unsere gegenwärtige Inkarnation bezieht.

Der Seelenfunke

Dahingegen entspricht der Traumzustand dem Freudschen persönlichen Unbewussten. Moderne Theosophen nennen ihn den feinstofflichen Körper, den man durchaus auch als »Innere Persönlichkeit« beschreiben könnte, die sich jedoch mit dem physischen Tod eines Menschen, wie auch der grobstoffliche Körper auflöst.

Jener Zustand des Tiefschlafs findet seine Entsprechung in dem was Jung als Kollektives Unbewusste bezeichnete. Auf dieser Ebene des Bewusstseins befinden wir uns bereits jenseits aller intellektuellen Erklärmodelle, wofür ja der oben erwähnte Name des »Prajna« steht: Die große, alles umfassende und durchdringende Weisheit, die das Wesen dessen beschreibt was bleibt, wie etwa in Form jenes Seelenanteils des Menschen, der ewig ist und immer der selbe bleibt, auch mit all den vielen Gewandungen eines menschlichen Körpers, in die sich unser Seelenfunke immer wieder kleidet, um darin wiedergeboren zu werden.

Was die zitierte Stelle aus den Upanischaden beschrieb, ist was wir oben einführten als das Überbewusste beziehungsweise als das Kosmische Bewusstsein. Dieser vierte Bewusstseinszustand existiert an sich nicht, aber bildet für alle den Ursprung, von dem die vorherigen drei Bewusstseinszustände Ausdrucksformen sind. Es ist der Bewusstseinszustand der alle anderen durchdringt und sie damit eben in die Einheit führt.

Die Meditationsübung

Wir sagten, dass wir uns zuerst einmal eine Vorstellung davon machen, was die Einheit der Welt an sich eigentlich ist. Hierzu haben wir uns oben eine ausführliche Einleitung angesehen. Kehren wir nun aber wieder zurück zu unserer Meditationsübung.

In der Versenkung in eine Vorstellung kosmischer Alleinheit, werfen wir unseren inneren Blick auf die eben beschriebene Vierheit des Bewusstseins. In sie gliedert sich unser Bewusstsein in dem wir erkennen, eine

  1. äußere Persönlichkeit, eine
  2. innere Persönlichkeit, ein
  3. kollektives Unbewusstes und ein
  4. kosmisches Bewusstsein.

Wenn wir eingangs und im obigen Absatz sagten, dass wir uns eine Vorstellung von der Einheit des Seins machen, um mit der eigentlichen Meditation zu beginnen, dann lässt sich daraus eine wichtige Anforderung an uns ablesen: Hier nämlich geht es darum, all unsere vielen Persönlichkeitsanteile miteinander zu versöhnen. Das ist die Voraussetzung, um uns bewusst zu werden der kosmischen Einheit in der wir leben. Wir müssen uns jenen zuvor, in den Mandukya-Upanischaden beschriebenen vierten Zustand eines Überbewusstseins vergegenwärtigen. Hierfür müssen wir versuchen, alle inneren Vorgänge unseres Geistes, wie gleichzeitig alles das im Außen vor sich geht, von diesem vierten Zustand durchdrungen empfinden, mit dem unser Bewusstsein eins ist. Dieser vorbereitende Übung, wollen wir nun noch eine weitere hinzufügen und sie damit ergänzen.

Achtsamkeit

Wenn es zuvor darum ging mit dem Allumfassenden, Allseienden in Meditation zu verschmelzen und eins zu werden, uns darin gewissermaßen aufzulösen, gelingt uns das nur durch vollkommene Achtsamkeit. Wir müssen uns hierfür in die Lage versetzen

  1. uns dem ständigen Einfluss äußerer Sinneseindrücke zu entziehen (gleich einer Schildkröte die Kopf und Glieder einzieht), sowie auch uns
  2. den andauernd in uns aufsteigenden Gedanken, Emotionen und körperlichen Empfindungen zu entziehen.

Das ist nicht einfach. Es bedarf wahrlich Übung. Nur dabei aber gelingt uns zu beseitigen, was die Klarheit unseres Bewusstseins verschleiert.

Unser Ich neigt eben dazu sich mit den jeweiligen inneren und äußeren Inhalten unseres Bewusstseins zu identifizieren, statt sich das Bewusstsein an sich zu vergegenwärtigen: Den vierten, kosmischen Bewusstseinszustand. Wollen wir diese vierte Ebene lebendig erfahren, müssen wir uns zuvor von den Inhalten und Eindrücken unserer bewussten Wahrnehmung (außen wie innen) lösen, uns davon »disidentifizieren«. Den Begriff der Disidentifikation prägte der italienische Psychologe Roberto Assagioli (1888-1974), als er versuchte eine einfache Formulierung dafür zu finden, wenn es darum geht, dass sich ein Mensch weder mit seinen Sinneseindrücken, noch mit seinen Gefühlsempfindungen, noch mit seinen Vorstellungen und Worten im Geiste identifiziert, sondern sich mit einer Übung davon entledigen soll. Hierfür empfahl Assagioli dem Übenden eine langsame Bekräftigung, in der man sich sagt:

Ich habe einen Körper, doch ich bin nicht mein Körper.

Ich habe Emotionen, doch ich bin nicht meine Emotionen.

Ich habe Gedanken, doch ich bin nicht meine Gedanken.

Ich bin das, was in Erscheinung tritt, wenn alle Inhalte des Bewusstseins, wie Empfindungen, Emotionen und Gedanken, losgelassen sind: Ich bin die vollkommene Leere.

Um nun jene genannte Einheit allen Seienden empfinden zu können aber (das heißt also das Kosmische Bewusstsein), erweitern wir die eben beschriebene Übung, bilden dazu einen Gegenpol, indem wir uns sagen:

Ich bin dieser Körper, doch ich bin viel mehr als das.

Ich bin diese Emotionen des Glücks, der Freude, der Wut, der Frustration, des Muts, doch ich bin viel mehr als das.

Ich bin diese genialen, klugen, törichten, verwirrenden, erhellenden Gedanken, doch ich bin viel mehr als das.

Ich bin vollkommenes Erfülltsein.

Sowohl als auch

Wir sind immer beides: Leersein und Erfülltsein. Das mag einem Widerspruch ähneln, meint aber, dass beschriebene Leere auf Erfüllung wartet und das Erfülltsein darauf drängt sich zu entleeren – etwas, das uns unsere Nahrungsaufnahme und Verdauung, jeder bewusste Atemzug und auch ein nachgefühlter Herzschlag in unserem Leben lehrt. Wer aufnimmt muss auch abgeben, um den natürlichen Fluss des Lebens zu gewährleisten.

Die beiden oben genannten Affirmations-Übungen sind also wichtig und auch notwendig, um uns mit dem Sein des Einen zu verbinden. Denn nur in Beidem bekommen wir unser Bewusstsein widergespiegelt, um darin zu Erkenntnis zu finden: Durch den Kontrast den die Fülle des Lichts in die Leere der Finsternis zeichnet.

Der Grund dafür das es uns gibt

Um herauszufinden welche spirituellen Ursachen für unser Dasein in der Welt eine Rolle spielen, müssen wir zuerst lernen einen direkten Zugang zu dem zu finden, was die indischen Katha-Upanischaden »Manas« nennen: Das denkende Geistselbst.

Wagenfahrer ist, wisse, Atman,
Wagen ist der Leib,
Den Wagen lenkt Buddhi
Manas, wisse, des Wagens Zügel sind.

– Katha-Upanischaden 3:3

Der indische Begriff des »Atman« bezeichnet die absolute, unzerstörbare und ewige Essenz des Geistes, was wir im Westen als den Seelenfunken oder die Monade bezeichnen. Den höheren Verstand bezeichnet »Buddhi«. Und wenn wir eben vom Geistselbst Manas sprachen, so ist ein damit bezeichnetes Denken eben nicht nur gebunden an einen Ort oder an einen Zeitraum, sondern bewegt sich gleichzeitig überall – durch Raum und Zeit und damit jenseits aller menschlichen Persönlichkeit. Andererseits ist das, was unseren Menschenkörper mit Namen, Geburtsdatum, Geburtsort und so weiter kennzeichnet, bekanntlich nicht von Dauer, sondern entsteht, um eine bestimmte Zeit lang auf dieser Erde zu existieren, um schließlich eines Tages zu sterben und wieder zu vergehen – auch wenn die Rolle des Seelischen, die darin gespielt wird, von zentraler Bedeutung ist. Was aber fortbesteht ist unser Selbst.

Wenn wir uns in Meditation vorstellen vereint zu sein mit dem Kosmos, kann daraus eine ganz grundlegende Erinnerung geboren werden an etwas, dessen Wirkungen allgegenwärtig sind und die weder Wachen noch Schlafen unterbinden. Was Sie in solch einer Meditation für sich erarbeiten, integrieren sie dabei in Ihr Bewusstsein und vereinigen sich so mit der Alleinheit des Seins. Damit wird diese Vorstellung, diese spirituelle Anschauung, dieser Begriff für die universale Einheit zu etwas, das einen bleibenden Teil im Hintergrund auch Ihres Denkens bilden kann. Und in diesem Bewusstsein liegt wahrhaftige Stärke, woraus Mut entsteht, um in diesem Leben leben zu wollen.

Bewusstsein – unbegrenzt, ewig und frei

In der epischen Weisheitsschrift des hinduistischen Glaubens – der Bhagavad Gita – ist die Rede von dem mythischen Helden Arjuna. Darin muss er in den Krieg ziehen und weiß nicht was er tun soll, was ihn ganz und gar entmutigt. Verzweifelt darüber, verliert er all seinen Mut, sinkt zu Boden vor seinem Streitwagen, vollkommen ausgeliefert an seine Situation. Doch wie man aus dieser heiligen Schrift erfährt, bildet das den Anfang einer zentralen Erfahrung seines Menschseins: Durch seinen Wagenlenker, den göttlichen Krishna, findet er in einer Einweihung auf dem Schlachtfeld heraus, wer er wirklich ist: Er selbst nämlich ist gleichzeitig auch Krishna, der sich in ihm als der eine Gott manifestiert (Krishna ist die achte Inkarnation des göttlichen Welterhalters Vishnu). So wird Arjuna die universale Einheit Gottes in sich bewusst, womit ihn nichts mehr aufhalten kann. Was auch sollte das Allumfassende hindern?

So wie der königliche Held Arjuna erkennt, so auch soll uns Meditation zur Erkenntnis verhelfen, dass unser wahres Selbst nicht identisch ist mit unserer äußeren, leiblichen Hülle (und allem was sie da draußen in der Welt erfährt). Es ist ein Teil der kosmischen Einheit, der wie diese, über allen Raum, alles physisch Manifeste und alle Zeit hinweg besteht – ewig und unvergänglich.

Stufe um Stufe der Wahrheit nähern

Jeder von uns ist damit unfassbar mehr als sein geschichtliches Ich, das dann und wann geboren wurde, das einen Namen trägt, das aus einer bestimmten Familie stammt, dass eine gewisse Erziehung und Bildung erfuhr, einen Beruf erlernte und so fort.

Wer aber sind Sie dann?

Solange Sie dazu bereit sind eine regelmäßige Meditationspraxis einzuhalten, können Sie sich stufenweise der Wahrheit darüber nähern, was Ihr allmählich erwachendes Bewusstsein in Wirklichkeit in sich begreift: In allem Raum und aller Zeit eins zu sein mit der Einheit kosmischen Seins. Im Erkennen dieser universalen Wahrheit bewegen Sie sich im oben besagten Turiya: dem Bewusstsein für Ihr einiges und wahres Selbst.

Was sich jenseits davon befindet: Nichts mag das zu beschreiben.

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