Viele Märchen, Legenden und Mythen erzählen von der Reise eines Helden, der sich in ein Abenteuer stürzt, sich in schwierigen Herausforderungen behaupten muss, mit dem Ziel etwas Besonderes zu finden. Mit was er da zurückkehrt in seine alte Welt ist ein Elixier, ein Schatz, der Gral – etwas wodurch er sich vollkommen verwandelt: vom naiven Narren zum wahren Helden. Alle Erzählungen von Heldenreisen folgen einem gemeinsamen, sich stets wiederholenden Muster, das diese Metamorphose darstellt.
Was wir hier eben als Heldenreise einführten, darüber schrieb ausführlich der amerikanische Mythologe Joseph Campbell in seinem Buch “Der Heros in Tausend Gestalten”. Mit Campbell schließlich war es der dieses Grundmuster in Heldenmythen überhaupt erst identifizierte. Dabei untergliederte er die Heldenreise in drei Abschnitte: eine Trennung oder ein Aufbruch aus der gewohnten Welt, worauf die Initiation (Einweihung) folgt und schließlich eine Rückkehr und damit eine Integration des Erfahrenen in ebenjenen Ausgangszustand.
In jedem dieser Abschnitte aber durchläuft der Held auf seiner Reise jeweils mehrere Stationen.
Dieser Monomythos, wie man die Heldenreise auch nennt, half vielen Autoren und auch Filmemachern, den Handlungsablauf ihrer Erzählungen so zu konzipieren, dass sich der Leser oder Kinobesucher, auch tatsächlich mit den Protagonisten des Geschehens identifizieren konnte. Natürlich ist das Konzept der Monomythos älter als Campbells Buch und sicher wusste davon auch J. R. R. Tolkien, als er den “Herrn der Ringe” verfasste. Dennoch war er es der dem Monomythos eine strukturierte Form verlieh. Außerdem sollte Campbells Arbeit zum großen Erfolg des Hollywood-Filmes von George Lucas beitragen, dem “Krieg der Sterne” (1977).
Psychologie der Heldenreise
Die Reise des Helden beschreibt einen Weg des Menschen zu seinem wahren Selbst. Er ist selbst die Heldin, ist selbst der Held, dessen Erfahren und Erleiden des eigenen Lebens ihn durch ganz ähnliche Episoden führen, die durchaus Gemeinsamkeiten haben mit den Erlebnissen des Helden in den von Campbell gefundenen 17, hier im Folgenden beschriebenen Episoden.
Wer sich mit dem Konzept der Heldenreise schon einmal befasst hat, merkt schnell, dass ihm auch andere Geschichten und Märchen folgen, wie etwa die Gralserzählung (Parzival) des Wolfram von Eschenbach. Immer geht es in den Heldenmythen um die Reise eines Suchenden, der im Finden seines wahren Selbst und seiner eigentlichen Lebensaufgabe, immer auch anderen, wenn auch nicht allen Menschen, zu einem besseren Leben verhilft.
Aus diesem Grund gewann die Heldenreise auch in der Psychotherapie und Selbsttherapie, in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung. Doch wie auch in anderen psychologischen Modellen, ist das System der Heldenreise kein Gesetz, dass sich immer auf einen Lebenslauf oder das Handlungsgeschehen eines Mythos anwenden lässt. Es lohnt sich also durchaus mit den verschiedenen Stationen der Heldenreise “zu spielen”, sie zu vertauschen oder einfach auzulassen, sie zu wiederholen oder andere, individuelle Stationen einzubauen.
Es lohnt sich aber allemal Campbells Heldenreise zumindest untersucht zu haben, was im Folgenden geschehen soll. Die Punkte des anschließenden Inhaltsverzeichnisses sind verlinkt und führen zu detaillierteren Beschreibungen.
Trennung und Aufbruch
Im ersten Abschnitt der Reise verlässt der Held seine gewohnte Welt. Und jeder Aufbruch geht einher mit einer Trennung. Ein kleines Kind trennt sich zum ersten Mal, wenn es sich dem Gebot der Mutter widersetzt oder eben dann ein junger Mensch, wenn er sein Elternhaus verlässt.
Immer aber begibt sich einer vom Vertrauten in eine neue Welt und damit ins Ungewisse. Hierbei bewegt er sich durch die folgenden fünf Stationen seiner Reise:
- Der Ruf ins Abenteuer,
- dem er sich dann aber verweigert,
- bis ihm Übernatürliches hilft
- die ersten Schwelle seiner Reise zu überwinden.
- Dann aber landet er im Bauch des Walfischs.
Einweihung
Der Zweite Abschnitt seiner Reise bildet die wesentliche Phase, wo der Held seine Einweihung in die Geheimnisse des Lebens, des Sterbens und der Wiedergeburt erlebt.
In verschiedenen Tests und Ritualen wird er da auf seine wahre Heldenrolle vorbereitet. Von Kühnheit und Kampfesmut durchdrungen, kommt sein eigentlicher, wahrer Charakter zum Ausdruck, wobei er jedoch den wichtigen Grund für sein irdisches Daseins erkennt:
- Auf dem Weg der Prüfungen
- begegnet er schließlich der Göttin.
- Dann wird er versucht
- bevor er sich mit dem Vater versöhnt.
- Somit erreicht er seine Vergöttlichung, die Apotheose,
- seine endgültige Segnung.
Rückkehr
Nun ist aus dem Reisenden ein wahrer Held geworden. Jeder der ihm begegnet erkennt ihn auch sofort als solchen. Doch auch in diesen Begegnungen wird der Held noch einmal herausgefordert. Bevor er in die gewohnte Welt zurückkehren kann, muss er erst unter Beweis stellen, dass er sich seine Einweihung auch verdient hat. Erneut wird er da in seiner Rolle auf die Probe gestellt, was ihm vielleicht auch wieder neuen Kummer bringt.
So aber steht er bereits am Anfang seiner eigentlichen Freiheit, erneut eine Heldenreise anzutreten, die ihn wiederum zu den Schüsseln einer noch höhere Ebene der Vervollkommnung führen wird: